Die Goldmacherin Historischer Roman
meiner
Tochter bereitet.« Meliorus raffte den blauen Mantel mit den Silberzeichen und verbeugte sich tief.
Der Meister richtete schon wieder an seinem roten Wams. Aurelia war von seinem breiten Rücken verdeckt, so dass Romuald sie nur halb sehen konnte. Ihre Haut schimmerte so edel, dass er auch nur die Hälfte von ihr zur Frau genommen hätte. Ach, was dachte er da für dummes Zeug? Ganz wollte er sie besitzen, ganz und gar und für alle Zeit.
Der Zunftmeister rieb sich die Hände, der Ratsherr verschränkte die Arme. Die Blicke waren neugierig auf den Alchemisten gerichtet. Meliorus schwieg einen Augenblick, dann faltete er die Hände wie zum Gebet und wandte sich ganz dem Zunftmeister zu. »Da Ihr die Güte habt, mein Kind mit einem Eurer Gesellen zu verbinden, so gewährt mir die Bitte, dass ich der Zunft ein kleines Geschenk überreichen darf.«
Der Zunftmeister verschränkte die Hände. »So zeiget, was Ihr bringet.«
Meliorus winkte mit gestrecktem Arm so heftig zur Tür, dass sein Mantel aufwehte.
Selbst der Zunftknecht hatte zur Feier des Tages seine braunwollenen Feiertagskleider anlegen dürfen. Nun trug er ein Tablett herein, auf dem ein weißes Tuch etwas verhüllte. Romuald hatte das Geschenk nicht sehen dürfen, das Meliorus und der Zunftmeister als Verlobungspreis ausgehandelt hatten. Selbst Aurelia, die ihm alles anvertraute, hatte dazu geschwiegen, damit kein Geplapper Unheil heraufbeschwor.
Die Blicke von Ratsherr, Zunftmeister, sogar der seiner Mutter, hingen wie gebannt an dem weißen Leinenstoff. Romuald betrachtete die Umrisse darunter. Eine üppig geschnitzte Heiligenfigur vielleicht oder gar ein Trinkgeschirr aus Zinn, wovon die Zunft noch einige für die Ausstattung ihrer Feste brauchen könnte.
Der alte Meliorus griff nach dem Leintuch und zog es weg.
Eine große Kanne und zwei Becher, aber nicht aus Zinn, sondern Silber! Romuald traute seinen Augen kaum. Die Gesellen hinter ihm raunten, dem Zunftknecht stand der Mund offen. So war es wahr, dass Aurelias Vater Silber und Gold machen konnte. Niemals hätte er Stücke dieser Größe kaufen können, wie sie nur Adelsherrn zu bezahlen vermochten.
»Welche Pracht!« Der Zunftmeister begutachtete die Kanne, drehte und wendete sie im Licht. Er hob die Kanne über seinen Kopf und wandte sich zu den Gesellen. »Seht das Geschenk und heißet es willkommen!«
»So soll es sein!« Der Ruf dröhnte in Romualds Ohren.
Die silberne Kanne und die Becher wurden auf das Tablett zurückgestellt. Mit einem Nicken bedeutete der Zunftmeister dem Knecht, es auf einer der hohen Truhen abzustellen. Dort, genau im Licht des mittleren Fensters, gleißte das Silber wunderschön.
Schon zog der Zunftmeister Romuald am Ärmel. Meliorus hingegen führte seine Tochter am Arm untergehakt heran. Dann legten die beiden Männer Romuald Aurelias Hände in die seinen. Aurelias Augen verhießen ein Glück, auf das Romuald anfangs nicht zu hoffen gewagt hatte. Er war heillos in sie verliebt, und die Widerworte und Warnungen seiner strengen Mutter waren von ihm abgeprallt. Nie zuvor war sein Wille so stark gewesen, dass er es gewagt hatte, dem Zunftmeister mit einem solchen Ehewunsch zu kommen. Das erste Mal hatte es Prügel gesetzt, das zweite Mal Hohn und Spott. Sogar im Strafkäfig hatte er sitzen müssen. Erst als Meliorus einen Vermittler gefunden hatte, der dem Zunftmeister ein Geschenk anbot …
»Nun?«, fragte der Meister jetzt hinter ihm. »Worauf wartest du?«
Aurelias Lippen umspielte das lieblichste Lächeln. Ihre
Augen schimmerten wie bei ihren heimlichen Küssen am Brünnlein. Romuald drückte den Rücken durch, holte tief Luft und spürte doch ein Zittern in der Kehle. »So verspreche ich vor dem Herrn des Rats, dem Meister der Zunft, deinem Vater und meiner Mutter zur Ehr, dass ich dich zur Frau nehmen werde am zweiten Sonntag nach Ostern.«
Meliorus und der Zunftmeister hielten beide ihre eigenen Hände segnend über seine mit Aurelias verschlungenen. »So soll es sein.«
»So soll es sein!«, riefen die Gesellen im Chor, wie es der Brauch forderte.
Sie traten ein wenig auseinander. Aurelia zwinkerte ihm zu. Sie hatten es geschafft.
Alle Blicke richteten sich auf ihn. Romuald war verwirrt. Sollte er nun etwas sagen? Seine Mutter hob unauffällig die Fingerspitzen zum Kinn und öffnete den Mund zu einem O.
Zwei Gesellen in der ersten Reihe zückten schon die Rasseln, die sie in ihren Gewändern verborgen hatten.
Das Verlobungslied, herrje, er
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