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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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hinunter und hörte ihn deutlich mit letztem Atem sprechen: »Mein Kind … Flos aeternus est elementum tercium decimum auri …«
    Ein grober Kolbenstoß verschloss seine Lippen. Vaters Augen brachen, als ein roter Faden aus seinem Mund rann. Eine unendliche Kälte ergriff Aurelia. Die Zeit stand still.
    Dann verklärte ein friedliches Lächeln Vaters Gesicht; so war es wirklich wahr, dass man in eine bessere Welt überging …
    »Der Zaubermeister hat versucht, sich wegzuhexen. Aber ich war schneller.« Der junge Nassauer Kämpfer warf sich in die Brust, kniete dann nieder und wühlte in Vaters Taschen. Nichts würde er dort finden, nichts als drei Kastanien. Die Wüstlinge verstanden nichts von den Gesetzen der Sterne und des Himmels.
    Auf der anderen Seite der Gasse stürzte jemand zu Boden, ein wirres Gerangel von Leibern brach los. Aurelia wusste nicht mehr, ob Mensch, ob Tier um sie herumsprang. Erst als sie im Gewühl der Arme und Stiefel das feine Leder der Hose erkannte, begriff sie. Romuald kämpfte sich dort frei, griff zu einer Stange. Er schob sie einem der Nassauer unter das Kinn und würgte ihn damit, bis er ihn niederdrücken konnte.
    »Teufelsdreck«, schrie einer über ihr von der Torbrüstung herunter.
    Doch Romuald war schnell. Er wand sich aus der Umklammerung des nächsten Landsknechts, sprang ungelenkt und mit
schmerzverzerrtem Gesicht hinkend zwischen den Häschern über ein umgestürztes Fass, war schon fast bei ihr. Er streckte die Hand aus, ihre Finger berührten sich. »Aurelia, wir müssen …«
    Ein Stein, der vom Torturm herabgeworfen wurde, traf ihn mitten in die Brust. Die Nassauer hatten den letzten Widerstand gebrochen. Romuald sackte vor ihr auf die Knie. »Aurelia, ich wollte dich …« Der nächste Stein traf ihn an der Schulter. Aurelia musste vor dem Steinhagel zurückweichen. Ein Landsknecht packte sie um den Leib.
    Romuald! Gott, erbarme dich seiner .
    Stein um Stein prasselte auf Romuald herab, er krümmte sich, kippte nach vorn und lag wie tot im Gassendreck. Einen winzigen Augenblick sah er so friedlich aus, als hätten sie sich lange und zärtlich gekost. Dann tränkte sich sein Hemd mit hellem Blut.
    »Nein!« Aurelia verging vor Zorn und Ohnmacht. Romuald durfte nicht sterben, er war alles, was ihr auf Erden blieb. Sie wehrte sich mit aller Kraft gegen den Landsknecht, der sie mit einem Arm eisern umfangen hielt. Sie kratzte und spie, sie biss und schlug – ohne auch nur irgendwie loszukommen.
    Der Landsknecht lachte roh. »Schau dir deinen Bock an, eingeknickt wie eine Weide im Wind. Bei uns findest du bessre Schutzherrn für dein Nest.« Der massige Landsknecht knöpfte sich mit der freien Hand das Lederpatt vor seinem Bauch ab.
    Wenn nicht Romuald, dann würde sie kein anderer besitzen. Schon war der Landsknecht an seinem Hosenstall zugange. Die anderen Kerle zerrten Romuald hinter Fässer, sie sah nur noch seine Beine zittern, so traktierten sie ihn mit Fausthieben.
    »Komm Vögelchen, du brauchst einen ordentlichen Hahn.« Der Landsknecht packte sie von hinten bei den Hüften.

    Sie tat, als ob sie stillhielte, als ob sie sich in ihr Schicksal ergab. Wenn Romuald sterben musste, dann nicht allein. Schon lüpften grobe Hände ihren Rock. Mit dem Hintern vollführte Aurelia einen winzigen Schwenk, sie wusste sehr wohl, dass ihr Geschlecht den Blick des Landsknechts im Banne hielt, so lüstern wie er lachte. Aurelia nutzte den Augenblick. Sie löste den kleinen Sarazenerdolch von ihrem Gürtel, ging blitzschnell in die Knie, drehte sich wie im Veitstanz herum, führte mit der Rechten den Dolch nach vorn und stieß ihn dem Kerl zwischen die Beine.
    Heißes Blut spritzte, doch es war ihr gleich. Sie sprang fort. Den Männern um sie herum stand der Mund offen, zwei hatten schon die Beinlinge niedergehen lassen.
    Aurelia rannte los, zwischen den Leichen hindurch. Sie sprang über die herabgefallenen Balken hinweg, wollte zu Romuald stürzen, ihm aufhelfen. Doch hinter den Fässern, wohin ihn die Landsknechte gezerrt hatten, lag er nicht. »Romuald?«
    Aus den Augenwinkeln sah sie, wie sich die Nassauer die Beinlinge wieder festknüpften. Einer zielte mit einer Armbrust nach ihr. Sie rannte weiter, an Fässern, Kisten und Truhen vorbei, die die Leute aus den brennenden Häusern schleppten.
    Immer weiter lief sie in die Stadt, nur weg von dem Lärm, dem Gestank, dem Geruch nach Blut und Tod.
    Bald wusste sie nicht mehr recht, wo sie hingeraten war. Eine kalte Steinmauer

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