Die Goldmacherin Historischer Roman
reckte. »Schafft alles Silber in die Verstecke und so viel von den Vorräten als möglich. Lauft«, befahl sie mit schwankender Stimme.
Das Gesinde rannte durch den Hof, alle kreischten durcheinander.
»Dank dir für die Warnung,Till. Lass dir in der Küche Zehrung geben.« Die Äbtissin wies dem verschwitzten Schäfersohn die Richtung.
»Gott sei Dank bist du noch nicht gefahren, Enhardis. Du wärst ihnen am Weg die willkommene Geisel geworden.« Ruth stützte die Äbtissin am Oberarm.
»Schicken wir über den Bach hinten hinaus einen Boten zum Bischof nach Speyer. Etwas anderes können wir kaum tun. Wir haben zu wenige Waffen und kaum welche, womit unsere Dienstmänner angreifenden Rittern standhalten könnten.«
Aurelia rappelte sich mühsam hoch. Hatte sich der Krieg gar von Mainz bis hierher ausgebreitet? Musste sie schon wieder
Pech und Schwefel rühren? Sie war nicht mehr in Vaters Werkstatt, aber auch das Kloster verfügte über genug Steinmehle. »Wir sind nicht wehrlos, Äbtissin«, wagte sie zu sagen.
»Schweig, du Luder«, herrschte Ruth sie an.
Enhardis packte Aurelia grob bei der Hand. »Bewirkst du das alles, du rothaarige Hexe? Dass die Übel so über uns kommen und nur du sie verscheuchen kannst?«
»Glaubt, was Ihr wollt.« Aurelia befreite sich aus Enhardis’ Griff. »Doch mit den Pulvern und Steinerden in den Apotheken-Urnen können wir die Ritter vertreiben«, sagte sie beschwörend.
»Sie hat schon einmal Recht behalten.« Mechthilds Blick war am Tor gefangen, wo die Dienstmänner die Sparren am Boden mit Steinen verstärkten. »Vielleicht sollten wir wieder auf sie hören.«
»Bei der Fehde vor zwei Jahren haben Ritter das halbe Kloster niedergebrannt … Der ganze Wiederaufbau darf nicht umsonst gewesen sein …«, flüsterte Enhardis wie zu sich selbst. Sie blickte zum Himmel wie bei einem Stoßgebet und legte die Fäuste vor ihrer Brust zusammen. »Ergeben können wir uns immer noch«, sagte sie. Dann sah sie Aurelia scharf in die Augen. »Sprich.Was gilt es jetzt als Erstes zu tun?«
Aurelia wand ihr gelöstes Haar zum Strang und warf es über die Schulter. »Schafft so viele kleine Leinensäckchen wie möglich bei. Sie müssen nur trocken sein, nicht unbedingt rein. Bringt alles zur Apotheke.« Aurelia deutete auf die Gebäude des Klosters. »Die Dienstmänner legen sich am besten schon auf die Lauer, auf den Dächern und wo immer sonst es geht.«
Ruth schaute die Äbtissin mit schreckgeweiteten Augen an. »Du wirst der Hexe doch nicht Folge leisten?«, fragte sie entsetzt.
Enhardis nickte nur. »Tut, was sie sagt!«
Mechthild ging zur Apotheke voran. Ihr furchtsamer Blick zurück zu Aurelia zeigte, wie sehr sie mit dem Verdacht kämpfte, bei dem Angriff der Ritter sei Zauberei im Spiel.
Aurelia hatte kaum drei Schritte zur Apotheke hingemacht, als sie hinter sich Enhardis etwas murmeln hörte. Sagte diese etwa wirklich: »Hauptsache, das Kloster bleibt mir verschont. Was auch immer Aurelia für ein Geschöpf der Hölle sein mag.«
18
A ber das Meerschaum-Stück gehört doch ins Wasser!« Mechthild schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »So kannst du doch den Spülkessel nicht ausscheuern. Das Kupferblech ist nicht so dick, es birst am Ende noch!«
Sie stand Aurelia schon wieder im Weg. Am liebsten hätte sie Schwester Mechthild in die Apotheke zurückgeschickt und statt der Gesinde-Kinder die Nonne die Pechsteine über die feine Reibe schrubben lassen. »Ich brauche den gar nicht zum Scheuern, die Kessel sind sauber. Sieh her.«
Ein paar Ellen breit war der Hof vor den Häusern gepflastert. Aurelia trug eine Eisenhalterung zum vor der Apotheke aufgeschichteten Feuerholz.
»Was willst du dann mit dem Meerschaum?«
»Mit dem Pechsteinpulver andicken, einkochen und in Pharaonensäure auflösen.« Aurelia biss sich auf die Lippen, das Alchemistenwort war ihr herausgerutscht. Seit zwei Stunden rannte sie nur hin und her, gab an vielen Trögen, Zubern, Tischen dem Gesinde Anweisung.
»Fara … was?« Mechthild trat zur Seite, weil Walli und die junge Nonne Susanne den kleinen kupfernen Spülkessel heranschafften. Aurelia klappte rasch die drei Stützbeine der Halterung auseinander. »Hängt ihn an den Haken und macht sogleich Feuer. – Wahrscheinlich kennst du den anderen Namen.« Sie sprang zur Seite, sonst hätte der stark pendelnde Kessel sie noch getroffen. »Heilige-Elisabeth-Säure«, log sie und nannte sie nach der ersten Heiligen, die ihr in den Sinn
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