Die Goldmacherin Historischer Roman
kam.
»Ach«, Mechthilds kratzte sich am Kinn, »ist das die fliederfarbene? Die habe ich noch nie angesetzt.«
Aurelia war froh über die Ablenkung, als Walli ein Stückchen Glut auf einer Schippe aus dem Apotheke-Öfchen brachte, wo sie den letzten Rest Steinöl erwärmte. »Kannst du bitte das flüchtige Brennwasser überwachen, Mechthild? Ich brauche unbedingt ein paar Kannen, aber schütte es nur in Tonkannen, nicht ins Zinn!«
Die Nonne raffte ihr Habit und schritt wortlos ins Haus zurück. Aurelia wischte sich über die Stirn. Gott sei Dank war ihr Mechthild endlich aus den Füßen.
Zwei Laienschwestern kamen gelaufen. Zwischen sich trugen sie einen Korb voller genähter Säckchen. »Aurelia, oben wollen sie wissen …«, die eine Laienschwester stotterte vor lauter Angst, »…wie viele Säckchen sie noch nähen sollen. Es sind siebenundfünfzig geworden. Mehr gibt das neue Leinen nicht her. Und bevor sie die feinen Tischtücher zerschneiden, wollen sie …«
»Das reicht. Bleibt am besten hier und helft drinnen, die Pecherde zu mahlen.« Die beiden eilten hinein.
Aurelia sah sich nach einem Rührspatel um. Hinten bei den Stallungen standen vier Männer und verteilten Speere und Schießbögen. Ein paar Köcher wurden von Frauen aus dem Ziegenstall getragen. Enhardis stand dort und wies auf die hinteren Mauern des Klosters.
Das Tauwetter hatte die Gefahr gebracht, hoffentlich brachte es auch die Mittel zur Abwehr. Das Hochwasser im Bach und im Graben zum Hügel hin war hoffentlich tief genug, so dass die Ritter mit ihren Pferden es nicht durchwaten und Leitern an die Klostermauern anstellen konnten.
»Das Holz gibt schon Glut.« Walli kniete am Kupferkessel. »Soll ich den Kessel an der Kette herablassen oder willst du erst etwas hineintun?« Ihr dickes Gesicht war leicht angerußt.
Aurelia nickte und rief zur offenen Tür der Apotheke: »Bringt allen Meerschaum, den großen blauen Krug und den grünen.« In den Krügen hatte sie die Pharaonensäure angesetzt. Aurelia hatte nicht glauben können, welche Schätze in den unbenutzten, verstaubten Urnen im Nebengelass der Apotheke zu finden waren. Mechthild hatte nur gemurmelt, dass bei der Klostergründung die erste Apothekerin, eine Chlodwiga, aus dem Welschland gekommen sei und all das hinterlassen habe. So erfuhr Aurelia wenigstens, welcher Vorfahrin sie das Buch Maria Prophetissas verdankte.
Wallis halbwüchsige Küchenjungen schafften den großen Holzzuber heraus. Ihre braunwollenen Jacken und Beinlinge waren grauweiß vom Abrieb.
»Kippt alles in den Kessel, aber haltet dabei den Atem an«, befahl Aurelia.
Mechthild reichte ihr nun auch Kannen. »Das Brennwasser riecht so stechend, wie totes, saures Fleisch.«
»Gieß beides gleichzeitig hinein.« Aurelia griff sich eins der langen trockenen Hölzer aus dem Feuerholz unter dem Kessel. Es würde als Rührstab reichen.
Kaum trafen die gelbliche und die rötliche Flüssigkeit auf das Meerschaumpulver, sprudelte alles unter braunrotem Dampf auf.
»Oh Gott, das schießt ja auf wie Teufelsdreck«, schrie Mechthild.
»Es kocht nur bis zum Kesselrand hoch«, beruhigte Aurelia sie. »Sieh, die Blasen fallen schon in sich zusammen.«
»Heißt es deshalb Meerschaum, weil er aufschießt wie Milch?«, fragte einer der Knaben ganz ohne Furcht. »Die Farbe kann es ja nicht sein.«
Wie sollte er auch wissen, dass es braunrotes, fast schwarzes Wasser in den Buchten gab, wenn Gewitter überm Meer hingen. Aurelia verdrängte den Gedanken an die Buchten
im Süden. »So ist es«, sagte sie schnell. »Helft drinnen weiter.«
»Es ist bald Mittag«, sagte Mechthild leise. »Wirst du überhaupt fertig damit, bevor …« Sie brachte den Satz nicht zu Ende.
Statt einer Antwort rührte Aurelia kräftig um. Auf der anderen Seite des Hofes war Enhardis tatsächlich einmal ohne Senta und Ruth unterwegs.
Aurelia ließ das Holzstück einfach im Kessel ruhen, wischte sich die Hände am groben Rock ab, eilte quer über den Hof und trat der Äbtissin in den Weg. »Hört mich bitte kurz an.«
Enhardis nickte nur.
»Lasst ein paar kleine Strohhaufen vors Tor schaffen. Sie sollen aussehen, als hätte faules Gesinde sie nachlässig liegen lassen.«
Enhardis’ Blick schweifte zu dem Kessel, der über der Glut vor dem Konvent stand.Aurelia sah, wie es hinter der Stirn der Äbtissin arbeitete.
»Ich ahne deinen Plan«, flüsterte sie. Ihre Lider zuckten unter der Anspannung. »Die Haufen müssen aber weit genug weg
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