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Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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Janek, der ihr gegenübersaß, sie aus ihren Überlegungen.
    Sie sah auf. »Zu den Pferden, Junge?« Das Aufleuchten seiner Augen ließ sie lächeln. »Gehe nur.«
    Janek stieß einen leisen Pfiff aus, und Lump, der unter dem Tisch gelegen hatte, trollte sich an seine Seite. Baldo hatte selbst den Hund auf der Burg gelassen? Das war wirklich eigenartig.
    »Was gibt es denn so Wichtiges in der Schmiede, Piet?«, fragte Cristin. Im nächsten Moment biss sie sich wegen ihrer Neugierde auf die Lippen, doch ihr Bruder zuckte die Achseln. Kam es ihr nur so vor, oder war da ein Blinzeln in seinen Augen?
    »Ich glaube, er wollte sich die Werkstatt genauer ansehen. Mariankas Vater hat ihn eingeladen, ihm zur Hand zu gehen.«
     
    Auch die nächsten Tage bekam Cristin Baldo kaum zu Gesicht. Wenn er zum Abendessen erschien, hatte er es meist eilig und zog sich danach in seine Kammer zurück. Auffällig waren seine ungewöhnlich entspannte, ja beinahe heitere Miene und dieses Strahlen, das von innen heraus zu kommen schien. Ob Marianka eine hübsche Schwester hatte, mit der er sich traf? Wenn schon, schließlich war er ihr keinerlei Rechenschaft darüber schuldig, wo und mit wem er seine Zeit verbrachte. Trotzdem, der Gedanke, dass es eine andere Frau in seinem Leben geben könnte, schmerzte sie von Tag zu Tag mehr.
    »Warum redest du nicht mit ihm, Schwester?«, riet ihr Piet eines Morgens.
    Sie schoss in die Höhe. »Hör endlich auf, dich einzumischen, und kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten!« Sie wandte sich zum Gehen.
    Piet griff nach ihrem Ärmel, um sie festzuhalten, doch mit einer schnellen Bewegung entwischte sie ihm und ging davon, ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen.
    Glücklicherweise bot der Verlauf des Tages genügend Abwechslung, um nicht in Grübeleien zu versinken. Jadwiga reiste mit einem kleinen Trupp Vertrauter, Ritter und Zofen ab, um sich vom ordnungsgemäßen Zustand einiger Waisenhäuser in Krakow zu überzeugen. Gerüchte über mangelnde Versorgung waren ihr zu Ohren gekommen, die ihr sofortiges Erscheinen erforderlich machten. Das hatte die Königin ihr am Morgen anvertraut. Cristin überreichte ihr noch eine stärkende Kräutermischung für die Reise und verabschiedete sich, um an ihren Spinnrocken zurückzukehren.

13
     
    D ie ersten Schneeflocken fielen träge vom verhangenen Himmel und legten sich mit einem glitzernden, eisigen Hauch über die Dächer und Bäume rund um die Burgmauern. Lumps aufgeregtes Gebell und das Wiehern der Pferde, die von Stallburschen aus dem Marstall geführt und auf dem Hof bewegt wurden, drangen zu Cristin hinüber, die am Fenster ihrer Kammer saß. Die Spindel ruhte in ihrem Schoß, während sie die Idylle auf sich wirken ließ. Die kräftigen Arbeitspferde ebenso wie Jadwigas edle Rösser hatten ein flauschiges Winterfell bekommen, und die Männer zogen die Kapuzen ihrer Mäntel tief ins Gesicht, um sich vor dem beißenden Wind zu schützen. Hier, zwischen den schützenden Mauern, schienen Leid und Elend so fern zu sein wie der Frühling.
    Wie leicht es wäre, mit der Vergangenheit abzuschließen, auf dem Wawel zu bleiben und ein neues, bequemes Leben als Jadwigas Heilerin zu beginnen, mit Ewa als Zofe und all den anderen Annehmlichkeiten, die sie hier genoss. Die Königin würde sie mit Freuden aufnehmen. Ein Leben ohne Furcht vor Verfolgung, jedoch voller Lügen und Ungewissheit. Wie würde Jadwiga auf ihr Geständnis reagieren, dass sie eine Entflohene war, die in ihrer Heimat wegen Mordes gesucht wurde? Sie sah zu Ewa hinüber, die am Webrahmen saß und eine leise Melodie summte. Die Polin schaute auf und lächelte. Cristin nickte ihr zu und blickte wieder auf den Hof hinaus. Wo mochte er nur stecken? Baldo war an diesem Morgen nicht zum Frühstück erschienen und selbst jetzt, da die Sonne schon über den roten Dächern des Palasts stand, war er immer noch nicht zurück.
    Die Tür wurde aufgerissen, und die beiden Frauen schraken zusammen.
    Baldo stand im Türstock, die lange Nase war rot vom Frost, und als er eintrat, hinterließen seine schneebedeckten Stiefel kleine Pfützen auf dem Boden.
    »Gott zum Gruße, werte Damen«, begrüßte er Ewa und Cristin mit einem feinen Lächeln auf den Lippen.
    Cristin legte die Spindel aus der Hand und eilte zu ihm.
    »Wo warst du nur, Bal… ähm, Bruder? Ich … ich habe mir schon Sorgen gemacht.«
    »Ewa, würdest du uns bitte allein lassen?«, antwortete er ungerührt, ohne sie aus den Augen zu

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