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Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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oder enttäuscht über ihre Lügen? Gewiss würde Jadwiga sie nun fortschicken, verdenken könnte sie es ihr wahrlich nicht.
    »Du hättest dich mir früher anvertrauen können.« In der Stimme der Regentin schwang Traurigkeit mit.
    Cristin schoss die Röte ins Gesicht.
    »Ich weiß, Hoheit. Euch hätte ich auch zu jeder Zeit alles berichtet, aber …«
    »Ich verstehe besser, als du denkst.« Mit einem Seufzen wandte die Königin sich ihr zu. »Die Höflinge, sie alle warten nur auf Neuigkeiten.« Sie blieb stehen. »Ich werde euch weiterhin Agnes und Adam nennen, damit niemand Verdacht schöpft. Du sagtest, dein Schwager wäre der Einzige, der einen Vorteil aus dem Tode deines Gatten hätte ziehen können. Hast du hier in meinem Reich seine Spur verfolgen können?«
    »Leider nein«, räumte Cristin ein. »Aber wir haben eine Spur seines Freundes entdeckt. Wenn ich nachweisen könnte, dass Lynhard in diese Machenschaften verwickelt war oder ist, dann …«
    »Dann gäbe es eine Möglichkeit, deine Unschuld zu beweisen«, vollendete die Königin ihren Satz. Sie legte die Hand auf Cristins Schulter. »Wenn ich dir helfen kann, will ich das gerne tun.«
    Beschämt senkte Cristin den Kopf. »Majestät. Ich bin Euch von Herzen dankbar, dennoch muss ich diesen Weg allein gehen. Würden die Lübecker mir nicht ansonsten vorwerfen, ich hätte Euch beschwatzt und Eure Gunst ausgenutzt?«
    Jadwiga lächelte. »Sei versichert, dass ich mich nicht so leicht ausnutzen lasse. Aber wie du meinst. Es gibt allerdings noch einen weiteren Grund, warum ich mit dir allein sprechen wollte.«
    Cristin sah sie erwartungsvoll an.
    »Du weißt, ich war auf Reisen, nicht wahr?« Fröstelnd zog die Königin den Mantelkragen hoch. »Ich habe großes Leid gesehen in diesen Waisenhäusern, Agnes. Kinder, um die sich niemand kümmerte, mit Augen, in denen ich keine Hoffnung fand.« Jadwiga griff nach ihren Händen. »So soll es Janek niemals ergehen, niemals, hörst du?«
    »Hoheit, ich würde ihn so gern zu mir nehmen, nur …«
    Diese schnitt ihr das Wort ab. »Das ist mir klar. Aber ich kenne einen Weg, wie wir verhindern können, dass der Junge ins Waisenhaus kommt.«
    Cristins Herz machte einen Satz. »Wie denn?«
    »Mein Hufschmied Jaromir, du kennst ihn auch. Sein Weib und er hatten einen Sohn, der leider vergangenen Winter mit nur neun Lenzen gestorben ist. Sie haben unseren Janek in ihr Herz geschlossen, wie wir alle.« Jadwigas Augen bekamen einen neuen Glanz. »Der Junge stellt sich recht geschickt an, sagte mir Jaromir. Sie würden ihn gern an Kindes statt bei sich aufnehmen. Meinst du, das würde ihm gefallen?«
    Das Blut rauschte in Cristins Ohren. »Was sagt Ihr da, Majestät? Janek soll …«
    Jadwigas warf den Kopf in den Nacken, und ihr Lachen klang wie das eines jungen Mädchens.
    »Agnes. Zum ersten Mal seit ich dich kenne, sehe ich dich sprachlos. Herrlich, wie du ausschaust, wirklich.«
    »Ihr meint … Ihr wollt …«
    »Jaromir und seine Frau wünschen sich so sehr, Janek bei sich großziehen zu dürfen. Gut, sie sind nicht mehr die Jüngsten, aber gewiss liebevolle Eltern. Der Junge wird es gut bei ihnen haben, glaub mir.«
    Cristin schlug die Hände vor das Gesicht, ein Schluchzen schüttelte ihren Leib.
    Weiche Arme umfingen und hielten sie. »Aber, aber, warum bist du denn so betrübt? Ist dies nicht ein Grund zur Freude?« Jadwiga drückte sie an sich. »Stell dir nur vor, Janek kann bei Jaromir das Handwerk des Hufschmieds lernen. Er liebt Pferde.« Aus ihrer Manteltasche zog sie ein Leinentüchlein hervor und tupfte Cristin über die Wangen. »Nun, was sagst du zu meinem Plan?«
    Diese hob die Lider. Widerstrebende Gefühle schüttelten sie hin und her wie ein Boot auf stürmischer See. »Was … was sagt Janek dazu?«
    »Er weiß es noch nicht. Ich wollte erst mit dir darüber sprechen.«
    »Das ist wunderbar, Hoheit. Er wird hier auf dem Wawel glücklich sein.« Warum nur hörten die Tränen nicht auf, ihr über das Gesicht zu laufen? Als Cristin sich abwandte, riss ihr ein Windstoß die Kapuze vom Kopf.
    Jadwiga warf einen nachdenklichen Blick auf die kurzen Haare der Vertrauten und berührte sie am Arm. »Lass uns noch ein Stück gehen. Das wird uns guttun.«
    Nur das Knirschen ihrer Schritte auf der verharschten Schneedecke und ihr Atem waren zu hören, während sie durch den Wald schritten. Cristin konnte es nicht fassen. Janek musste nicht ins Waisenhaus, er würde auf der Burg leben, inmitten einer richtigen

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