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Die Gordum-Verschwörung

Die Gordum-Verschwörung

Titel: Die Gordum-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
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nicht wiederzuerkennen war. Er war Lehrer am Ulrichsgymnasium in Norden gewesen, das er, Harm und die anderen besucht hatten. Aber Unterricht bei ihm hatte er nie gehabt. Auch sonst war er ihm nicht weiter in Erinnerung. Geschichte, grübelte er, das müsste sein Fach gewesen sein, Geschichte und noch irgendetwas, ja, Geschichte und Latein. Er nahm die zitternde Hand, die in der seinen versank wie die Hand eines kleinen Kindes.
    „Greven, Hauptkommissar Greven. Wir haben am Freitag telefoniert. Wegen Ihres Buches. Wegen Gordum.“
    Djuren bewegte die Lippen, doch verließ kein Wort seinen Mund. Greven ging in die Knie, so, wie er es erst kürzlich in einem Film gesehen hatte, und hielt ein Ohr unmittelbar vor seinen Mund. Wieder war nichts zu verstehen.
    „Aber ich habe doch noch am Freitag …“, begann Greven.
    „Freitag war Freitag“, kommentierte die resolute Altenpflegerin. „Ihm geht es heute so und morgen so. Vielleicht haben Sie in ein paar Tagen mehr Glück. Aber dann müssen Sie sich schon ins Krankenhaus begeben. Und jetzt verlassen Sie am besten das Haus. Sie sehen doch, wie es Herrn Djuren geht. Außerdem kann jede Minute der Krankenwagen hier sein.“
    Greven erhob sich, richtete seinen Blick erst auf den alten Mann, dann auf die Pflegerin, die ihn an Angela Merkel erinnerte, wanderte mit den Augen durch das Wohnzimmer und landete schließlich wieder bei dem Todgeweihten, der ihm keine Auskunft mehr geben konnte. Dessen war er sich sicher. So jedenfalls hatte er sich diese Begegnung nicht vorgestellt, schon gar nicht nach dem Telefonat am Freitag, das er mit einem zwar alten, aber dennoch sehr lebendigen Mann geführt hatte, der ihm alles über Gordum hatte erzählen wollen. „Kommen Sie vorbei“, hatte er gesagt, „besuchen Sie mich.“
    „Darf ich mich hier einmal umsehen? Es ist wichtig“, bat Greven das Merkel-Double.
    „Nein.“
    „Das haben Sie wohl kaum zu entscheiden. Ist Herr Djuren alleinstehend?“ Seine Stimme hatte einen anderen Tonfall angenommen. Er zückte seinen Dienstausweis und wiederholte seine Frage.
    „Ja“, entgegnete sie schließlich, „Herr Djuren hat keine Verwandten. Jedenfalls nicht hier. Ein jüngerer Bruder lebt in Amerika, aber der schreibt jedes Jahr an Weihnachten nur eine Karte. Das ist alles, was er für ihn tut. Was glauben Sie denn, wozu ich hier bin?“
    „Um mir das Arbeitszimmer zu zeigen!“
    „Also, hören Sie mal! Und dürfen Sie denn …“
    „Machen Sie sich keine Sorgen. Ihr Patient hat es mir erlaubt. Am Freitag.“
    Das Arbeitszimmers des Lehrers lag im nördlichen Teil des Bungalows und hatte offensichtlich schon seit vielen Jahren keine Arbeit mehr gesehen. Stattdessen wurde es als Abstellraum missbraucht. Vor den mit Büchern vollgestopften Regalen stapelten sich kaputte Stühle, Kartons, Sofakissen, entleerte Bilderrahmen und andere Staubfänger. Greven hatte Mühe, sich durch die aufgetürmte und abgelagerte Zeit zu arbeiten, bevor er die Regale durchforsten konnte.
    „Was suchen Sie eigentlich?“
    „Ein Buch“, antwortete Greven, sich an den Buchrücken entlangtastend.
    „Ein bestimmtes?“
    „Ein bestimmtes. Eines, das Herr Djuren geschrieben hat.“
    „Na, Auswahl genug haben Sie ja.“
    Als er eine Regalwand voller ungeordneter, zum Teil liegender Bücher inspiziert hatte und ein paar Kartons zur Seite schob, um sich der nächsten Wand zuzuwenden, stand er unvermittelt vor einem alten Rollschrank aus polierter Eiche, der ein vergilbtes Etikett mit der Aufschrift „Gordum“ trug. Djurens Archiv, schoss es ihm durch den Kopf, dass auch sein Bauch den Einschuss spürte. Der Schlüssel steckte. Eine leichte Drehung ließ den Rollladen laut rappelnd herunterfallen. Wieder ein Abgrund. Sein Adrenalinspiegel hatte sich umsonst erhöht, denn der Rollschrank war leer. Nicht eine Karteikarte steckte in einem der Kästen, nicht ein verdammtes Blatt Papier lag in einem der Fächer. Immerhin ließen kleine Etiketten erkennen, dass sie mal gefüllt gewesen waren. „Burchana“, stand auf einem, „Bant“ auf einem anderen.
    Greven sprang auf und fuhr die Pflegerin an: „Wissen Sie, wo die Unterlagen geblieben sind, die sich in diesem Schrank befunden haben?“
    „Die sind im Winter vor zwei Jahren abgeholt worden“, erwiderte die Pflegerin barsch, die in der Tür stehen geblieben war und das Chaos nicht betreten hatte.
    „Woher wissen Sie das?“
    „Ich kümmere mich seit fast vier Jahren um Herrn Djuren.“
    „Wissen Sie

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