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Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Titel: Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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dessen Ende vorfinden? Die Gehörnten hatten ihn nie sehr geschätzt, und vertrauen wollten sie ihm wohl auch nicht. Würde sich ihre Einstellung
inzwischen noch mehr zu seinen Ungunsten verändert
haben? Schließlich hatte Axis tatenlos zugesehen, wie
Gorgrael ihre geliebte Faraday in Stücke gerissen hatte.
Vielleicht hatten die Gehörnten das ja immer schon
gewußt und ihn deshalb nicht gemocht.
Der Weg verbreiterte sich, und die Bäume zogen sich
ein Stück zurück. Über ihm drehten sich die Sterne in
ihrem immerwährenden Tanz. Er spürte die Macht des
Sternentanzes vor sich, denn vor ihm befand sich der
Hain und weitete sich zu einem großen, stummen Kreis.
Axis blieb unsicher an dessen Saum stehen. Die Lichtung kam ihm jetzt verändert vor, aber er konnte nicht erkennen, was genau sich hier gewandelt hatte. So verharrte
er dort vollkommen still und versuchte es zu begreifen.
Dieselbe Macht wohnte hier noch. Der Krieger spürte,
wie sie um die Stämme kreiste und ihn beobachtete.
Dann kam ihm die Erleuchtung. Die Veränderung betraf die Bäume. Zweimal hatte er diesen Ort bereits besucht, einmal im Traum und das andere Mal auf Bitten
Faradays, um Ramus Verwandlung zu bezeugen. Und bei
beiden Gelegenheiten hatten die Augen, die ihn zwischen
den Bäumen anstarrten, wie ein Gewicht auf ihm gelastet.
Aber nun waren fast alle Augen verschwunden. Sicher, hier und da gab es immer noch welche, aber nur
noch sehr wenige. Es kam ihm so vor, als warteten sie
auf irgend etwas.
Dem Krieger wurde nun, da er die Veränderung erkannt hatte, etwas wohler zumute, und er trat auf die
Lichtung. Warum hatte Faraday so sehr darauf bestanden, daß er nach dem Zweikampf hierher käme? Und was
hatte Wolfstern mit ihrem »Geschenk« gemeint?
Vorsichtig schritt Axis weiter. Die Stille beunruhigte
ihn sehr. Warum zeigten die Gehörnten sich ihm nicht?
Früher hatten sie ihn wenigstens begrüßt.
Eine Bewegung im Gras fiel ihm ins Auge, und er
blieb erschrocken stehen.
Nein, das war nur der Wind, beruhigte er sich und
setzte sich wieder in Bewegung.
Nur wehte hier überhaupt kein Wind.
Axis blieb erneut stehen, diesmal mit klopfendem
Herzen. Etwas Bedeutendes schien sich anzukündigen.
Die Macht des Hains ballte sich zusammen, und dem
Krieger stellten sich die Nackenhaare auf.
Die Stille wirkte geradezu unheimlich.
Noch ein Schritt … zögerlich der nächste … und wieder bewegten sich die Grashalme.
Der Sternenmann blieb endgültig stehen. Das Herz
schlug ihm jetzt bis zum Hals. Das Gefühl, daß sich hier
jeden Augenblick etwas Ungeheures tun würde, nahm
noch zu, und Axis hätte sich am liebsten umgedreht und
wäre davongelaufen.
Er schaute nach links und nach rechts. Nichts regte
sich … bis auf die Stelle im Gras, etwa fünfzehn Schritt
vor ihm.
Wovor fürchte ich mich eigentlich? Habe ich nicht
Gorgrael geschlagen? Bin ich nicht als Sieger hervorgegangen? Warum schlottern mir fast die Knie? Wieso ängstige ich mich wie ein Kind, das sich in einer stürmischen
Nacht im dunklen Wald verlaufen hat?
Ja, aus welchem Grund?
Weil er sich hier wirklich verloren wie ein Kind im
dunklen Wald vorkam.
Der Krieger bewegte sich zwei, drei Schritte vorwärts.
Als sich nichts tat, ging er noch ein Stück weiter. Dabei
kam er der Stelle im Gras immer näher. Und erkannte
nun, daß sich genau an dieser Stelle gleich etwas Unerhörtes ereignen würde.
Axis atmete tief durch, sammelte allen Mut, spürte das
eisige Gewicht des Schicksals auf seinen Schultern und
bewältigte das letzte Stück zu der Stelle im Gras.
Und dort lag ein kleines, nacktes Kind.
Der Krieger blieb wie erstarrt stehen und erbleichte.
Einige Herzschläge lang vermochte er nicht zu atmen.
Ein winziger Knabe.
Nein! Nein, bloß das nicht!
Er zitterte so stark, daß er nicht mehr auf den Beinen
stehen konnte und auf die Knie fiel.
Neben dem Säugling.
Das Kind schlummerte, bewegte im Schlaf die kleinen
Fäuste, und seine Finger griffen nach etwas Unsichtbarem, so als träume es, bei seiner Mutter zu sein. Sanfter
blonder Flaum bedeckte sein Köpfchen, und sein Körper
war rund und gesund.
Der Säugling war noch sehr klein, und Axis schätzte,
daß er höchstens sieben oder acht Wochen alt sein konnte, wenn überhaupt.
Er beugte sich über das Bübchen. Dabei zitterte seine
Hand so stark, daß er sie erst zur Faust ballen mußte.
Sobald Axis sich wieder in der Gewalt hatte, streckte er
die Hand erneut aus und berührte den Kopf des Knaben.
Dieser

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