Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06
und ließ
sich graziös neben ihm nieder. Ihre Hüften berührten
sich, und sie legte auch ihm eine Hand auf die Schulter.
»Axis.«
Der Sternenmann atmete tief ein, weil ihre Stimme
und Berührung ihn vollkommen überraschten. »Xanon?«
Sie beugte sich vor, überwand den letzten Abstand
zwischen ihnen und küßte ihn auf den Mund. Belial fiel
dabei wieder ein, wie überaus ungezwungen und frei sie
und ihresgleichen in jener Nacht miteinander umgegangen waren. Aber hatten sie sich nicht beim Abschied von
ihm selbst Sternengötter genannt? Der Leutnant sagte
sich, daß ihn wohl nichts mehr zu erschüttern vermochte;
nicht nach all dem, was er in den vergangenen zwei Jahren gesehen und erlebt hatte. Vielleicht handelte es sich
bei diesen Wesen ja wirklich um Sternengötter, doch viel
wichtiger erschien ihm, daß sie Freunde von Axis und
Aschure waren und ihnen beistehen wollten.
Als Xanon sich langsam von seinem Freund löste und
dabei zauberhaft lächelte, konnte Belial nur hoffen, daß
Aschure nichts dagegen einzuwenden hatte, wie freimütig diese Göttin mit ihrem Gemahl umging.
»Axis, ich bringe Neuigkeiten.«
»Der Wald singt, ja, das weiß ich schon.«
»Gewiß, die Bäume singen. Aber Aschure und Faraday haben noch viel mehr bewirkt, als nur die Wälder zu
vereinen.« Ihr ganzes Gesicht erstrahlte vor Freude: »Artor ist vernichtet!«
»Und Aschure?« fragte er sofort.
»Ihr geht es gut. Ach, Axis, wie sehr sie doch zu
kämpfen versteht! Eure Gemahlin hat Artor mit ihrer
Meute durch dieselben Ödlande gejagt, in denen Er uns
gefangenhielt. Schließlich wandte Er sich zum Kampf,
aber gegen die vereinte Macht der Mutter und der Sternengötter kam er nicht an. Aschure setzte Ihm das Messer hier an«, sie legte Axis eine Hand auf die Brust, »und
stieß es Ihm von unten ins Herz. Artor ist nicht mehr, und
wir müssen Ihn nie mehr fürchten.«
Der Krieger seufzte und schloß die Augen. »Ja, Artor
ist nicht mehr.«
Belial konnte die beiden nur anstarren. Aschure hatte
Artor zur Strecke gebracht? Bei der Mutter, was
schlummerte noch alles in dieser Frau?
Axis öffnete die Augen wieder, lächelte der Göttin zu
und nahm sanft ihre Hand von seiner Brust. »Und inzwischen ist die Jägerin losgeritten, um hierher zu kommen?«
Aber Xanon erstarrte und wandte den Blick von ihm
ab.
»Was stimmt nicht? Sagt es mir, sofort!«
»Axis.« Sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die
Lippen. »Mein Lieber, Gorgrael hat Euren Sohn Caelum
verschleppt!«
Caelum?
Belial konnte natürlich nicht die Gedanken seines
Freundes lesen, aber er erkannte auf dessen Miene den
gleichen Schrecken, den er selbst nun auch verspürte. Bei
der Mutter! Der Leutnant konnte seinen Freund nicht
länger ansehen, weil er seine Schmerzen nicht ertrug.
Axis wollte aufspringen, aber die Göttin schlang die
Arme um ihn und hielt ihn zurück.
»Caelum«, flüsterte der Krieger unhörbar.
»Wir wissen nicht«, fuhr Xanon fort, »wie es ihm gelingen konnte, den Knaben aus Sigholt zu entführen.«
»Ich muß sofort zu ihm!«
»Nein!« widersprach die Göttin heftig, und ihre Hände
hielten ihn an seinen Oberarmen fest. »Nein, Axis, das
dürft Ihr nicht.«
»Und wieso nicht?« brüllte er und versuchte, sich aus
ihrem Griff zu befreien. »Wer seid Ihr, daß Ihr glaubt,
mir Befehle geben zu können?«
»Ich bin die Stimme der Vernunft«, entgegnete sie
entschieden. »Jetzt hört mir gut zu, Axis. Warum wird
der Zerstörer sich wohl Eures Erstgeborenen bemächtigt
haben? Um Euch in eine Falle zu locken!«
»Da hat sie recht«, stimmte Belial zu, und der Krieger
warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
»Hört mich an«, fuhr Xanon fort. »Ihr sollt zuhören,
bei allen Sternenblitzen! Gorgrael spürt, wie ihm die
Macht aus den Händen gleitet. Deswegen kann er nur
noch zu verzweifelten Maßnahmen greifen. Die Sterne
allein wissen, welche Wagnisse der Zerstörer einging,
um sich nach Sigholt zu begeben und dort den kleinen
Jungen an sich zu bringen. Vermutlich hofft er, Euch mit
der Hilfe Caelums von Gorken fortlocken zu können.
Euch womöglich dazu zu verleiten, unbesonnen und ohne
das Zepter des Regenbogens sofort zur Eisfestung zu
eilen. Axis, solange Ihr dieses Wahrzeichen nicht in
Händen haltet, vermögt Ihr den Zerstörer nicht zu besiegen!«
»Caelum«, murmelte der Krieger nur, so als habe er
der Göttin gar nicht zugehört. »Hat Gorgrael ihn bereits
ermordet?«
»Ihr hättet es bestimmt gespürt, wenn Euer Sohn
Weitere Kostenlose Bücher