Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)
der Atem, als eine Mischung aus Scham und Hoffnung in ihm aufwallte – und genauso wie vor all den Jahren ertappte er sich dabei, wie er auf der Suche nach ihr alle Frauen im Saal der Reihe nach anschaute, ihr Gesicht suchte.
Kein Wunder, dass er sie erst nicht gesehen hatte. Sie machte es anderen leicht, sie zu über sehen. Ihre Arme hielt sie eng am Körper, fest um ihre Mitte geschlungen, als könnte sie sich dadurch unsichtbar machen. Ihr Kleid, ein zartes Rosa, das so blass war, dass es auch als Weiß durchgegangen wäre, verstärkte unter all den bunten Farben die gedämpfte Gesamtwirkung ihrer Erscheinung. Selbst das Hellblond ihrer Haare, zu einem schlichten Knoten im Nacken aufgesteckt, schien sie als unbedeutend zu brandmarken. Es war einzig seine Erinnerung, die bewirkte, dass sie aus der Menge herausstach.
Er achtete darauf, beiläufig zu klingen, als er bemerkte: „Ich nehme an, sie ist nicht länger Lady Elaine. Wen hat sie letztlich geheiratet?“
„Ehrlich! Wer würde schon ein Mädchen heiraten, das wie ein Pferd lacht?“
Er schaute seine Cousine an. „Sei bitte ernst. Wir sind nicht länger jung und unerfahren.“ Selbst aus dieser Entfernung konnte Evan noch ihren üppigen Busen sehen. Als sie mit siebzehn in die Gesellschaft eingeführt worden war, hatte sie einige Aufmerksamkeit erregt, weil ihre Figur reifer war als für ihr Alter üblich. Ihm war es aufgefallen. Oft.
Sie war ganz anders gewesen als all die anderen Debütantinnen; nicht nur wegen ihrer Figur, sondern auch wegen ihres Lachens, diesem langen, lauten und lebensfrohen Lachen. Er hatte immer daran denken müssen, dass sie nichts zurückhielt, dass das Leben vor ihr lag und sie vorhatte, es nach Kräften zu genießen. Ihr Lachen hatte ihn immer an Betätigungen erinnert, die eindeutig unanständig waren.
„Es ist mein Ernst“, erwiderte Diana. „Lady Pferd hat nicht geheiratet.“
„Du nennst sie so doch nicht wirklich noch zehn Jahre später?!“ Er war nicht sicher, ob seine Worte ein Befehl oder eine Frage sein sollten.
Aber die Wahrheit spürte er mit eiskalter, würgender Gewissheit. Er konnte es an der Haltung von Lady Elaines Schultern erkennen, daran, wie sie den Kopf einzog, als könnte sie so vermeiden, gesehen zu werden. Er erkannte es an ihrem misstrauischen Blick, der nervös von einer zur anderen Seite zuckte.
„Komm schon, Evan. Du wirst doch nicht wollen, dass ich auf meinen Spaß verzichte, oder?“ Diana lächelte breit, aber ihre fröhliche Miene verblasste, als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte. „Erinnerst du dich nicht mehr? Du hast selbst gesagt: ‚Ich kann nicht sagen, ob sie nun mehr wie ein Pferd oder ein Schwein lacht, aber …‘“
„Ich erinnere mich.“ Seine Stimme war leise. „Ich erinnere mich sehr gut daran, was ich gesagt habe. Danke.“
Er versuchte, es nicht zu tun.
Sie hatte nie aufgehört zu lachen, egal, wie sehr er sich über sie lustig gemacht hatte. Aber wenn sie in seine Richtung schaute, war ihr Blick über ihn hinweggeglitten, als sei er nicht mehr als ein unbedeutendes Möbelstück, nicht weiter der Rede wert. Im Verlauf einer Saison voller Spötteleien hatte er zugesehen, wie sie sich immer weiter in sich selbst zurückzog, bis die Lebensfreude, die ihn so unweigerlich zu ihr hinzog, völlig verschwunden war.
„Mach dir ihretwegen keine Sorgen“, sagte Diana gerade. „Sie ist ein Nichts. Es gibt keinen Mann hier, der in Erwägung zöge, eine Frau zu heiraten, die wie eine unselige Kreuzung zwischen Pferd und Schwein lacht.“
„Das habe ich gesagt.“ Seine Hände ballten sich zu Fäusten.
„Evan, alle Welt hat das gesagt.“
Er war aus England geflohen, beschämt über das, was er getan hatte. Aber welche Reife auch immer er auf seinen Reisen in Übersee und auf dem Kontinent gewonnen hatte, er konnte spüren, wie sie ihm entglitt. Es wäre gar nicht schwer, wieder der selbstsüchtige Idiot zu sein, der sich nichts weiter dabei dachte, die Aussichten eines jungen Mädchens zu ruinieren, einfach, weil es seine Beliebtheit steigerte und andere zum Lachen brachte.
Diana beobachtete ihn erwartungsvoll. Ein Lächeln, eine Bemerkung über Elaines Gewieher, und er hätte die Billigung seiner Cousine zurück – und sein Schicksal besiegelt.
Er hatte recht gehabt. Dort unten waren scharfkantige Klippen, und die Schwerkraft tat ihr Bestes, um alles Gute, das er aus sich gemacht hatte, dort unten an den wartenden Felsen zerschellen zu lassen.
Sanft nahm
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