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Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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ich so eigenartig und außerordentlich – um nicht zu sagen: unglaublich –, dass ich länger blieb, als ich ursprünglich vorhatte. Ich hege nämlich eine Vorliebe für das Bizarre; dies mag zweifellos verwerflich sein, dennoch komme ich nicht davon los.
    Nun allerdings wird es Zeit, dass ich zurückkehre. Dringende Pflichten rufen mich nach Hause, weshalb ich nicht länger hier verweilen darf. Aus gewissen Gründen würde ich jedoch gerne einen Angehörigen Ihrer Rasse mit in meine Welt nehmen; und als ich Sie heute Abend auf der Brücke stehen sah, kam mir der Gedanke, dass Sie vielleicht dazu bereit sein könnten, ein derartiges Wagnis auf sich zu nehmen. Sie sind der Welt, in der sie sich befinden, überdrüssig, nehme ich an. Immerhin wollten Sie sie noch vor gar nicht allzu langer Zeit verlassen und in jene unbekannte Dimension aufbrechen, die man hier als Tod umschreibt. Ich kann Ihnen etwas weitaus Angenehmeres und Abwechslungsreicheres anbieten, etwas wesentlich Aufregenderes, Fantastischeres als alles, was Sie sich in Ihren kühnsten poetischen, von Ihren Zeitgenossen als extravagant belächelten Träumen bisher auch nur vorzustellen wagten.«
    Erneut war Alvor, während er dieser langen, sonderbaren Ansprache lauschte, als schwinge in der Stimme seines Gegenübers noch etwas anderes mit – eine Reihe von Untertönen, wie sie die Kehle eines Menschen nicht hervorzubringen vermochte. Obwohl die Aussprache bis aufs i-Tüpfelchen klar und deutlich war, hatte er doch den Eindruck, Vokale und Konsonanten zu vernehmen, die man in keiner Sprache der Erde finden konnte. Dennoch weigerte sich der logische Teil seines Verstandes, dies als Hinweis auf eine außerirdische Herkunft zu akzeptieren. Stattdessen schoss Alvor nun der Gedanke durch den Kopf, der Mann vor ihm sei womöglich geistesgestört.
    »Was Sie da denken, ist allzu verständlich«, bemerkte der Fremde gelassen, »zieht man Ihren doch recht begrenzten Erfahrungshorizont in Betracht. Ich kann Sie jedoch leicht davon überzeugen, dass Sie sich irren, indem ich Ihnen meine wahre Gestalt offenbare.«
    Er vollführte eine Geste, als werfe er einen Umhang ab. Alvor wurde von einem schier unerträglichen Glanz geblendet, einem Gleißen, das in gewaltigen Strahlen von einem kreisrunden Mittelpunkt ausging, den gesamten Raum ausfüllte, die Wände aufzulösen und unaufhaltsam nach außen zu dringen schien.
    Nachdem seine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten, sah er vor sich ein Wesen, das keine erkennbare Ähnlichkeit mehr mit seinem Gastgeber aufwies. Es war über zwei Meter zwanzig groß und besaß nicht weniger als fünf mit zahllosen Gelenken versehene Arme und drei nicht minder aufwendig gegliederte Beine. Sein Kopf saß auf einem langen Schwanenhals und war nicht allein mit unbekannten Organen zum Sehen, Hören, Riechen und Schmecken ausgestattet, sondern verfügte auch über mehrere Fortsätze, von denen Alvor nicht auf Anhieb zu sagen vermochte, wozu sie wohl dienten.
    Aus den ovalen Pupillen der drei schräg stehenden Augen strahlte ein grünes Leuchten. Der Mund, beziehungsweise das, was danach aussah, war ziemlich klein und wies mit von den Winkeln nach unten gezogenen Falten die Form einer Mondsichel auf. Die Nase war nur im Ansatz vorhanden, dafür waren jedoch die Nasenlöcher deutlich ausgeprägt. Anstelle von Augenbrauen besaß sein Gegenüber drei Reihen halbkreisförmiger Markierungen, jede in einem anderen Farbton. Über der Denkerstirn, hoch über den winzigen hängenden Ohren mit ihren gewundenen Läppchen, erhob sich, dem Helmschmuck eines altgriechischen Kriegers nicht unähnlich, ein prächtiger purpurner Kamm. Der Kopf, die Gliedmaßen, ja, der gesamte Körper war von schillernden, ineinanderfließenden, sich stets neu formierenden Monden und Halbmonden bedeckt, die ständig ihre Gestalt zu wechseln schienen.
    Alvor hatte den Eindruck, am Rand ungeheurer Abgründe zu stehen, auf einer neuen Erde unter einem fremden Firmament – undeutlich blitzten fremde Horizonte voll unzähliger Schrecken und der mannigfaltigen Schönheit einer Bilderwelt, die keines Menschen Auge je erblickt hatte, vor ihm auf, nur um gleich darauf wieder zu verschwinden. Der Anblick währte nicht länger als der ungewisse Glanz der sich ständig verändernden Monde auf dem Leib, den er voller Verblüffung anstarrte. Nach einer Weile schien das merkwürdige Leuchten sich in sich selbst zurückzuziehen, die Strahlen sanken zurück in ein gemeinsames Zentrum und

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