Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
Vom Netzwerk:
den Flur taumelte, warf ich einen letzten Blick zurück. Ich sah, dass das Bett und sein Baldachin sich in ein Meer hoch aufzüngelnder Flammen verwandelt hatten. Der glücklose Baronet hatte in seinem eigenen Sterbezimmer den Scheiterhaufen gefunden, den er sich mit so schrecklicher Inbrunst herbeigesehnt hatte.
    Die Morgendämmerung war nicht mehr fern, als wir aus dem zum Untergang verurteilten Herrenhaus flohen. Der Regen hatte aufgehört. Zurückgeblieben war ein Himmel, der von hohen, fahlgrauen Wolken überzogen war. Die kalte Luft schien den bejahrten Hausdiener zu beleben. Kraftlos stand er neben mir und äußerte kein Wort, als wir der immer größer emporwachsenden Flammenhaube zusahen, die aus dem düsteren Dach von Tremoth Hall hervorbrach und einen düsteren Glutschein auf die verwilderten Hecken und knorrigen Bäume warf.
    In der zweifachen Beleuchtung durch die glutlose Morgendämmerung und die furchtbare Feuersbrunst erblickten wir beide unter unseren Füßen jene halb menschlichen, ungeheuerlichen Spuren mit dem Merkmal langer, hundeartiger Krallen, die frisch und tief in den matschigen Boden eingeprägt waren. Sie kamen aus der Richtung des Herrenhauses und strebten dem von Heidekraut bewachsenen Hügel zu, der sich dahinter erhob.
    Noch immer schweigend folgten wir der Spur. Beinahe ohne Unterbrechung führte sie zum Zugang der alten Familiengrüfte, zu der schweren Eisenpforte in der Hügelflanke, die auf Sir John Tremoths Anweisung eine ganze Generation lang versperrt geblieben war. Die Pforte schwang auf und wir erkannten, dass ihre rostzerfressene Kette und das Schloss mit einer Gewalt zerschmettert worden waren, welche die Körperkräfte jedes Menschen und jedes Tieres übertraf. Als wir ins Innere der Begräbnisstätte spähten, erblickten wir die von feuchter Erde umsäumten Spuren, die ohne Rückkehr über die steinernen Stufen hinab in die Finsternis der Grüfte führten.
    Wir waren beide unbewaffnet, hatten wir doch unsere Revolver im Sterbezimmer zurückgelassen. Dennoch zögerten wir nicht lange. Harper verfügte über einen großzügigen Vorrat an Zündhölzern. Ich sah mich um und entdeckte einen schweren Knüppel aus nassem, aufgequollenem Holz, der mir als Waffe dienen konnte. In grimmigem Schweigen, stumm entschlossen und ungeachtet jeglicher Gefahr, führten wir eine eingehende Durchsuchung der nahezu grenzenlosen Grabgewölbe durch und entzündeten ein Streichholz nach dem anderen, während wir inmitten modriger Schatten voranpirschten.
    Die ghoulischen Fußstapfen verblassten, je weiter wir ihnen in jene schwarzen Tiefen folgten. Und nirgendwo trafen wir etwas anderes an als nach Fäulnis riechende Feuchtigkeit und staubige Spinnweben sowie die zahllosen Särge der Toten. Das Ding, das wir aufspüren wollten, war spurlos verschwunden, als hätten es die unterirdischen Mauern verschluckt.
    Schließlich kehrten wir zum Eingang zurück. Dort standen wir mit grauen und eingefallenen Gesichtern blinzelnd im hellen Tageslicht. Erstmals seit Längerem erhob Harper seine schwache, zittrige Stimme:
    »Vor vielen Jahren – kurz nach Lady Agathas Tod – durchforschten Sir John und ich die Grabgewölbe von einem Ende bis zum anderen. Doch entdeckten wir nicht die geringste Spur von dem Ding, das wir dort unten vermuteten. Heute wie damals ist jede Suche sinnlos. Es gibt Geheimnisse, die, so wahr uns Gott helfe, niemals ergründet werden. Alles, was wir wissen, ist, dass die Ausgeburt der Grabgewölbe an ihre Heimstätte zurückgekehrt ist. Möge sie für immer dort bleiben.«
    Stumm wiederholte ich in meinem erschütterten Herzen den diesen letzten Worten innewohnenden Wunsch.

Die Knospen des Grabes
    »Ja, ich hab’s gefunden«, sagte Falmer. »Ein unguter Ort. Er kommt den Schilderungen aus den Legenden ziemlich nahe.« Er spie hastig ins Feuer, als bereite ihm das Sprechen körperliche Unannehmlichkeiten. Dann entzog er sich Thones forschendem Blick, indem er das Gesicht halb von ihm abwandte, und starrte missgestimmt und mit düsterer Miene ins Urwalddickicht der venezolanischen Nacht.
    Thone, noch immer geschwächt und benommen vom Tropenfieber, das ihn an der Bewältigung des letzten Reiseabschnitts bis hin zu ihrem Bestimmungsort gehindert hatte, empfand eine eigentümliche Ratlosigkeit. Falmer, so kam es ihm vor, hatte während seiner dreitägigen Abwesenheit eine unerklärliche Veränderung durchgemacht – eine Veränderung, die sich in mancher Hinsicht so unmerklich und vage

Weitere Kostenlose Bücher