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Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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Breite eines Fingers sie von ihren grünspanverkrusteten Kandelabern trennte. Dieser Umstand allein vermittelte mir einen Begriff vom Verstreichen der Zeit – denn ich schien in einer schwarzen Ewigkeit zu ertrinken, gelähmt vom Kriechen und Brodeln blinder Schrecken. Ich hatte mich so sehr an das scharrende Geräusch hinter der Holzwand gewöhnt und es hatte so endlos lange angedauert, dass ich seine ständig zunehmende Deutlichkeit und Hohlheit mittlerweile für eine bloße Sinnestäuschung hielt. So geschah es, dass das Ende unserer Totenwache ohne spürbare Vorwarnung eintrat.
    Ich starrte auf die Wand und lauschte mit regungsloser Ausdauer. Plötzlich vernahm ich einen heftigen, splitternden Laut und sah, dass ein langes, schmales Stück Holz aus der Vertäfelung gesprungen war und lose herabhing. Dann, noch ehe ich mich fassen oder dem grässlichen Zeugnis meiner Sinne Glauben schenken konnte, zerbarst und zersplitterte ein großer, halbrunder Abschnitt der Wand unter dem Aufprall eines schweren Körpers.
    Vielleicht ist es ein Segen, dass ich nie in der Lage war, mich auch nur halbwegs klar an das Ding zu erinnern, das aus der Wandvertäfelung hervorbrach. Der Schock dieses Anblicks hat durch sein Übermaß an Grauen alle Einzelheiten fast vollständig aus meinem Gedächtnis getilgt. Doch bleibt mir der verschwommene Eindruck eines riesigen, weißlichen, haarlosen, pseudo-vierbeinigen Körpers, von Hundefängen in einem halbmenschlichen Gesicht und von langen, hyänenscharfen Krallen an Vordergliedmaßen, die sowohl Arme als auch Beine waren. Grabgestank ging der Erscheinung voraus wie der Hauch aus der Höhle eines aasfressenden Tiers – und dann war das Ding auch schon mit einem einzigen albtraumhaften Satz über uns.
    Ich hörte die Stakkatosalve aus Harpers Revolver, die laut und wütend durch den geschlossenen Raum hämmerte – doch meine eigene Waffe gab nur ein eingerostetes Klicken von sich. Vielleicht war die Patrone zu alt – jedenfalls hatte sich kein Schuss gelöst. Ehe ich den Abzug ein zweites Mal betätigen konnte, wurde ich mit furchtbarer Gewalt auf den Boden geschleudert und knallte mit dem Kopf gegen den massiven Fuß des kleinen Tisches. Ein schwarzer Vorhang, gesprenkelt von zahllosen Flammen, schien auf mich niederzustürzen und mir die Sicht auf das Zimmer zu rauben. Dann erloschen die Flammen, zurück blieb nur Finsternis.
    Erneut gewahrte ich Flammenschein und Schattenspiele. Doch der Flammenschein war hell und unstet und schien immer heller zu leuchten. Dann wurden meine stumpfen, benebelten Sinne abrupt wiederbelebt, als der beißende Geruch brennenden Stoffs an meine Nase drang. Das Innere des Zimmers trat mir wieder vor Augen und ich erkannte, dass ich im Schutz des umgestürzten Tisches auf dem Boden kauerte und auf das Sterbebett blickte. Die brennenden Kerzen waren zu Boden geschleudert worden. Eine von ihnen fraß ein stetig wachsendes Brandloch in den Teppich neben mir. Eine weitere hatte ihr Feuer verteilt und die Bettvorhänge entzündet, die augenblicklich bis zum ausladenden Betthimmel hinauf in hellen Flammen standen. Noch während ich so lag und starrte, fielen große, rötliche Fetzen des brennenden Stoffes an Dutzenden verschiedenen Stellen auf das Bett herab. Der Leichnam von Sir John Tremoth war binnen Sekunden von Feuerpfützen umgeben.
    Taumelnd mühte ich mich auf die Beine, noch immer benommen von dem Sturz, der mich ins Vergessen geschleudert hatte. Das Zimmer war leer bis auf den alten Hausdiener, der neben der Tür lag und leise stöhnte. Die Tür selbst stand offen, als wäre jemand – oder etwas – während meiner Ohnmacht aus dem Zimmer entwichen.
    Ich blickte wieder auf das Bett, beherrscht von der instinktiven, unbestimmt gefassten Absicht, einen Versuch zum Löschen des Feuers zu unternehmen. Die Flammen breiteten sich rasch aus, schlugen immer höher – doch waren sie nicht schnell genug, um die Hände und das Gesicht (wenn man es noch als ein solches bezeichnen konnte) jenes Etwas vor meinen schaudernden Blicken zu verbergen, das einmal Sir John Tremoth gewesen war. Bezüglich der letzten Schrecken, die ihm am Ende widerfahren waren, muss ich jede klare Andeutung verweigern – und ich wünschte, dass ich ebenso die Erinnerung daran abschütteln könnte … Zu spät war das Ungeheuer von den Flammen in die Flucht gejagt worden!
    Mir bleibt nur noch wenig zu berichten. Als ich, Harper auf den Armen tragend, aus dem rauchgeschwängerten Zimmer in

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