Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2
bot sich uns in ihrem Inneren nur trostlose Leere dar.
Was auch immer die Türme an Ausstattung enthalten haben mochten, musste schon vor einer vollen Ewigkeit zu Staub zerbröselt sein – und den Staub wiederum hatten die stöbernden Wüstenwinde davongetragen. Auf einigen der Außenmauern entdeckten wir Reste von Reliefdarstellungen oder Inschriften. Doch hatte sie der Zahn der Zeit derart zerfressen, dass wir nur noch einige bruchstückhafte Umrisslinien ausmachen konnten, die uns nichts sagten.
Schließlich gelangten wir zu einem breiten Durchgang, der scheinbar blind in der Felswand einer gewaltigen Terrasse endete. Diese erhob sich etwa vierzig Meter hoch und war mehrere Hundert Meter lang. Hoch oben auf ihrer Plattform ragten die zentralen Gebäude der Stadt empor, deren Anordnung einer Zitadelle oder Akropolis glich. Eine Flucht geborstener Stufen führte zur Plattform der Terrasse hinauf, die augenscheinlich aus dem urzeitlichen Gneisplateau, auf dem die Stadt stand, selbst herausgeschlagen worden war – berechnet für die Schritthöhe von Gliedmaßen, die länger waren als Menschenbeine, ja sogar länger als die Gehwerkzeuge der hoch aufgeschossenen heutigen Marsbewohner.
Wir hielten inne und beschlossen, die Erkundung der höher gelegenen Bauwerke zurückzustellen. Diese waren der Witterung stärker ausgesetzt als die übrigen Gebäude der Stadt und daher noch weitaus baufälliger und fortgeschrittener zerstört. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde sich die Beschwernis, die ihre Ersteigung und Durchforschung bereitete, kaum lohnen. Schon jetzt machte Octave seiner Enttäuschung darüber Luft, dass wir bisher keine Artefakte oder Reliefs entdeckt hatten, die zur Erhellung der Geschichte von Yoh-Vombis hätten beitragen können.
Dann jedoch erspähten wir etwas weiter rechts vom Treppenaufgang einen Durchlass in der Terrassenwand, halb verschüttet von uraltem Geröll. Hinter dem Schutthaufen stießen wir auf die Schwelle einer nach unten führenden Treppe. Finsternis entströmte der Öffnung wie ein Schwall aus Schwärze, abstoßend und verdorben, gesättigt von uralten Ewigkeiten abgestandener Fäulnis. Nichts war erkennbar unterhalb der ersten Stufen, die den Anschein erweckten, haltlos in einen dunklen Abgrund hineinzuragen.
Octave und ich und einige andere hatten batteriebetriebene Lampen dabei, um für den Fall gerüstet zu sein, dass unsere Erkundungen künstliche Beleuchtung erforderlich machten. Denn Yoh-Vombis mochte durchaus unterirdische Grüfte oder Katakomben besitzen, ähnlich den neuzeitlichen Marssiedlungen, die häufig zu weiten Teilen ober- statt unterirdisch angelegt sind. Und derartige Katakomben mussten ja als die Orte gelten, an denen Überreste der Yorhi-Zivilisation am ehesten überdauert hatten.
Octave lenkte den Lichtstrahl seiner Lampe in die Tiefe. Schon begann er damit, die Stufen hinunterzusteigen, und ermutigte uns mit erwartungsvoll bebender Stimme, ihm zu folgen.
Abermals raubte mir jene unbekannte, grundlose Panik jede Handlungsfähigkeit und ich zögerte plötzlich, während die nach mir folgenden Männer schon die Stufen hinabdrängten. Dann verging, wie bereits zuvor, das Gefühl des Grauens, und ich wunderte mich über mich selbst, etwas so Törichtem und Haltlosem nachgegeben zu haben. Ich stieg hinter Octave in die Tiefe hinunter und der Rest der Mannschaft folgte uns nach.
Nach der letzten dieser hohen, halsbrecherischen Treppenstufen standen wir in einem langen, geräumigen, an eine unterirdische Halle gemahnenden Gewölbe. Unsere Stiefel versanken in tiefen Lagen feinen Staubes, die sich seit unerdenklichen Zeiten hier angesammelt hatten. Vereinzelt erblickten wir Haufen eines groben grauen Pulvers, deren Form an die vermoderten Rückstände eines typischen Pilzgewächses erinnerte, das in den Katakomben tief unterhalb der Marskanäle gedeiht. Auch in Yoh-Vombis mochten solche Pilze einst existiert haben. Doch mussten sie aufgrund der endlos langen, extremen Dürre schon vor ewiger Zeit eingegangen sein. Ganz bestimmt hatte in diesen unwirtlichen Gewölben schon seit Jahrtausenden nichts mehr gelebt, nicht einmal ein Pilz.
Die Luft war überaus dick und stickig, als habe sich der Bodensatz einer uralten Atmosphäre, die weniger dünn als die jetzt auf dem Mars vorherrschende war, hier unten abgelagert und in der stockenden Finsternis überdauert. In ihr fiel das Atmen noch schwerer als in der Außenluft; sie war geschwängert von unbekannten Dünsten
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