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Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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angefüllt mit der Asche eines längst untergegangenen Volkes. Doch in einem der folgenden Gewölbe erspähte ich weit oben an der hochgewölbten Decke einen dunklen, verschrumpelten, kreisrunden Fleck, ähnlich einem ausgetrockneten Pilz. Das Ding war unerreichbar für uns, daher konnten wir es nur eingehend mustern und jede Menge unnützer Mutmaßungen darüber anstellen, ehe wir unseren Weg fortsetzen. So seltsam es anmutet, ließ diese Entdeckung mich überhaupt nicht an jenes verschrumpelte, schattenhafte Etwas denken, das ich in der Nacht zuvor gesehen oder geträumt hatte.
    Ich habe keinerlei Vorstellung, wie weit wir bereits in jene Gewölbefluchten vorgedrungen waren, als wir die letzte Katakombe erreichten. Unserem Gefühl nach waren wir bereits seit Ewigkeiten in jener vergessenen Unterwelt unterwegs gewesen. Die Luft wurde immer übler, immer schwerer zu atmen und war zum Schneiden dick, als steige sie aus einem Bodensatz stofflicher Fäulnis auf. Wir waren drauf und dran umzukehren. Dann jedoch erreichten wir das Ende einer länglichen, von Urnen gesäumten Katakombe und blickten auf eine nackte Wand, die uns unversehens den Weg verstellte.
    Doch gerade, als es nicht mehr weiterging, machten wir eine unserer ungewöhnlichsten und unerklärlichsten Entdeckungen – denn aufrecht an die Wand gelehnt, fand sich vor uns eine mumifizierte und unsagbar vertrocknete Gestalt. Sie war an die zweieinhalb Meter hoch, von bräunlicher, erdpechartiger Farbe und vollständig nackt, wenn man von einer schwarzen Kopfbedeckung absah, welche die obere Hälfte des Schädels kapuzengleich verhüllte und seitlich in schrumpeligen Falten herabhing. Nach der Dreizahl der Arme und der allgemeinen Anatomie zu urteilen, handelte es sich eindeutig um einen der alten Yorhi – vielleicht den einzigen Angehörigen seiner Rasse, dessen körperliche Hülle erhalten geblieben war.
    Wir alle empfanden einen unaussprechlichen Schauder der Erregung angesichts des schieren Alters dieses schrumpeligen Objektes, das in der trockenen Katakombenluft sämtliche geschichtlichen und geologischen Umwälzungen des Planeten als sichtbares Bindeglied zu verflossenen Zeitaltern überdauert hatte.
    Erst als wir die Lichtkegel unserer Stablampen musternd über die Mumie wandern ließen, erkannten wir, warum sie noch immer aufrecht stand. Um Handgelenke, Knie, Körpermitte, Schultern und Hals waren schwere Eisenbänder gelegt, die den Toten an die Mauer fesselten. Das Metall erschien derartig zerfressen und verfärbt vom Rost, dass die Fesseln inmitten der Schatten auf den ersten Blick von der Mumie gar nicht zu unterscheiden waren. Gerade die sonderbare Haube oder Kopfumhüllung verblüffte uns bei näherem Hinsehen nur umso mehr. Ein flaumiger, schimmelartiger Pelz, schmutzig und staubverklebt wie uralte Spinnweben, überzog ihre Oberfläche. Es lässt sich schwer in Worte kleiden, aber etwas daran wirkte abstoßend und widerwärtig.
    »Gütiger Himmel! Das nenn ich einen Glücksfund!«, stieß Octave aus, während er den Lichtstrahl seiner Stablampe auf das mumifizierte Antlitz richtete. Wie lebendig geworden, tanzten die Schatten in den tiefen Augenhöhlen und den drei klaffenden Nasenlöchern und den weiten, halb von der Kapuze verdeckten Gehöröffnungen umher.
    Noch immer mit der Stablampe in das tote Gesicht leuchtend, streckte Octave seine freie Hand aus und tippte die Mumie leicht mit den Fingerspitzen an. Trotz der Flüchtigkeit der Berührung zerfiel der untere Teil des fassförmigen Torsos samt Beinen, Händen und Unterarmen augenblicklich zu Staub. Nur der Kopf und die Arme hingen noch in ihren Eisenfesseln an der Mauer. Der Verfall der Mumie musste sonderbar uneinheitlich vorangeschritten sein, denn die verbliebenen Körperteile zeigten keinerlei Anzeichen von Auflösung.
    Octave entfuhr ein bestürzter Schrei. Zugleich wallte eine Schwade scheinbar schwerelosen braunen Staubes auf. Von ihr eingehüllt, fing Octave an, heftig zu husten und zu niesen. Wir Übrigen wichen wie auf ein stummes Kommando zurück, um der Staubwolke zu entgehen.
    Und dann beobachtete ich oberhalb der um sich greifenden Schwaden etwas Unglaubliches: Die schwarze Bedeckung des Mumienschädels begann an den Rändern zu zucken und sich aufwärts zu krümmen, fing an sich zu winden wie Gewürm … sie löste sich von dem verdorrten Schädel, fiel von ihm ab und schien sich im Fluge konvulsivisch zusammenzufalten und zu spreizen. Ihr Sturz endete auf Octaves

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