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Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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gezurrtes Netz. Zugleich durchdrangen unzählige nadelartige Stiche meine Stirn und meine Kopfhaut – ein vieltausendfacher, ins Unendliche anwachsender Schmerz, der sich mir bis ins Mark zu nagen schien und seine Fühler von allen Seiten tief ins Zentrum meines Gehirns bohrte.
    Das Grauen und die Qual dieses Augenblicks übertrafen die schlimmsten Martern, welche die Höllen irdischen Wahnsinns oder Deliriums jemals für einen Menschen bereithalten können. Ich verspürte die ranzige, vampirische Umklammerung eines grauenvollen Todes – ja, von etwas noch viel Entsetzlicherem, als es der Tod jemals zu sein vermochte.
    Ich glaube, die Stablampe entglitt mir, doch die Finger meiner Rechten umklammerten noch immer das aufgeklappte Messer. Aus nacktem Instinkt – denn zu einer bewussten, willentlichen Handlung war ich kaum noch fähig – hob ich das Messer und hackte wieder und wieder und wieder, unzählige Male, auf jenes Ding ein, das mich fest in seiner tödlichen Umklammerung hielt. Die Klinge musste die festgesaugte Monstrosität mehrfach glatt durchstoßen haben, da sie auch mein eigenes Fleisch an Dutzenden Stellen zerschlitzte. Doch ging der Schmerz dieser Verletzungen in den millionenfachen Marterqualen unter, die mich schüttelten.
    Zuletzt wich die Schwärze vor meinen Augen. Ich sah Licht und einen schmalen schwarzen Fetzen, der sich oberhalb meiner Augen abgelöst hatte, von meinem eigenen Blut getränkt war und mir über die Wange herabhing. Sogar jetzt noch zuckte er schwächlich und ich riss ihn fort – ebenso wie die übrigen Reste des Dings, einen blutig triefenden Fetzen nach dem anderen, weg von Stirn und Schädel. Dann taumelte ich auf den Ausgang zu. Das fahle Licht vor meinen Augen wurde zu einer fernen, entschwindenden, tanzenden Flamme, während ich ins Freie torkelte … zu einer Flamme, die erlosch, als ich außerhalb der Grotte hinsank … erlosch wie der letzte Stern der Schöpfung über dem gähnenden, schlitternden Chaos und dem Vergessen, die mich verschlangen …
    Meine Bewusstlosigkeit war nur von kurzer Dauer, so sagte man mir. Als ich die Augen aufschlug, blickte ich in die unergründlichen Gesichter der beiden marsianischen Führer, die sich über mich beugten. In meinem Schädel tobten bohrende Schmerzen und vage Erinnerungen an entsetzliche Schrecken bedrängten meinen Geist wie die Schatten sich scharender Harpyien. Ich wälzte mich auf die Seite und blickte zu der Höhlenöffnung zurück, von der mich die Eingeborenen weit genug weggezerrt haben mussten, um einen sicheren Abstand zwischen mich und den dunklen Eingang zu bringen, nachdem sie meiner ansichtig geworden waren. Die Öffnung befand sich unterhalb der abgestuften Mauerkante eines Gebäudes am Rande der Stadt und in Sichtweite unseres Lagers.
    Erfüllt von grässlicher Faszination starrte ich auf die schwarze Öffnung. Da nahm ich einen Schatten wahr, der sich in der Dunkelheit regte – die kriechende, wimmelnde Bewegung von Dingen, die aus der Finsternis herandrängten, aber nicht herauskamen ans Licht. Fraglos konnten sie die Helligkeit der Sonne nicht ertragen, jene Ausgeburten andersweltlicher Nacht und der aufgestauten Fäulnis von Äonen.
    Genau in diesem Moment kam das Grauen schlechthin über mich, der schleichende Wahnsinn. Trotz meines kriechenden Ekels, trotz meines aus Brechreiz geborenen Verlangens, diesen wimmelnden Höhlenschlund für immer hinter mir zu lassen, wuchs ein grauenvoller Trieb in mir an – ein Trieb, der mich drängte, erneut in das verschlungene Katakombenlabyrinth einzutauchen und zurückzugehen, so wie meine Kameraden es getan hatten. Ein Trieb, der mich in Tiefen hinabzog, in die kein Mensch außer jenen Männern, den unsagbar Verdammten und Verfluchten, jemals hinabgeirrt war. Der mir gebot, der höllischen Verlockung einer Unterwelt nachzugeben, von der menschlicher Verstand sich kein Bild zu machen vermag.
    Ein schwarzes Licht glomm unter meinem Schädeldach und aus den Grüften meines Hirns erging ein lautloser Ruf: der Befehl jenes Subjekts, das mir gleich einem langsam einwirkenden, unwiderstehlichen Gift eingeimpft worden war. Er lockte mich hin zu der unterirdischen Pforte … hinab zu jenem Tor, das vor Urzeiten von dem sterbenden Volk von Yoh-Vombis versiegelt worden war, damit jene satanischen, unsterblichen Blutegel für immer gefangen blieben … jene schwarzen Schmarotzer, die ihre eigene abscheuliche Lebenskraft aus den halb verschlungenen Gehirnen der Toten saugten.

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