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Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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sie sich der Brücke näherten, verstummte ihr Gespräch unter dem bedrückenden Eindruck einer gespenstischen Fremdheit, die sie im zunehmenden Zwielicht von überallher umwob. Eindringlicher als in der Helle des Tages erahnten die beiden das gedämpfte Atemholen und die verborgenen, einem Irrgarten ähnelnden Windungen eines Lebens, das den Abkömmlingen anderer Planeten auf ewig unbegreiflich bleiben wird. Über die kosmische Leere zwischen der Erde und dem Mars war eine Brücke gespannt worden – doch wer vermochte den entwicklungsgeschichtlichen Abgrund zu überbrücken, der zwischen Erdenmensch und Marsbewohner klaffte?
    Die Marsleute verhielten sich durchaus freundlich in ihrer ganz eigenen schweigsamen Weise: Sie hatten die Ansiedlung der Erdenmenschen hingenommen und die Aufnahme von Handelsbeziehungen zwischen beiden Planeten zugelassen. Gelehrte von der Erde hatten die Sprache der Marsmenschen entschlüsselt und ihre Geschichte erforscht. Dennoch schien es, als wäre eine tiefere Verständigung, ein gegenseitiges Begreifen unmöglich. Die uralte Zivilisation des Mars hatte sich bereits zu komplexer Vielfalt entwickelt, lange bevor Lemuria in den Fluten versank. Ihre Wissenschaften, ihre Künste sowie ihre Religionen trugen die Patina unvorstellbaren Alters und selbst die alltäglichsten Bräuche sowie die Denk- und Verhaltensweisen der Marsleute hatten sich unter dem Einfluss nichtirdischer Kräfte und Umweltbedingungen entwickelt.
    In eben jenem Augenblick, als ihnen die Unsicherheit ihrer Lage, die drohende Gefahr langjähriger oder dauerhafter kosmischer Verbannung voll zu Bewusstsein kam, da empfanden Haines und Chanler plötzlich ein Gefühl des Grauens vor dieser unbekannten Welt, die sie mitsamt der Bürde ihres maßlosen Alters umgab.
    Sie beschleunigten ihre Schritte. Der breite Gehweg, der am Kanal entlangführte, schien verlassen, und auch die so anmutig leicht gebaute, von keinem Geländer gesicherte Brücke wurde nur von den zehn riesigen Standbildern mythischer Marshelden bewacht – fünf zu jeder Seite, die in kriegerischen Posen vor dem Beginn des ersten himmelwärts aufgeschwungenen Brückenbogens in die Höhe ragten.
    Es versetzte den Männern von der Erde einen gelinden Schrecken, als eine weitere Riesengestalt, kaum weniger gewaltig als die steinernen Recken, dabei aber lebendig, sich aus den dunklen Schatten der Standbilder löste und mit mächtigen Schritten heranstampfte.
    Die Erscheinung war an die drei Meter hoch und damit fast zwei Köpfe größer als der durchschnittliche Aihai. Doch besaß sie die unverwechselbare Physiognomie der Marsleute mit ihrer machtvoll vorgewölbten Brust und den dünnen, vielgelenkigen Gliedmaßen. Das Haupt wies spitz nach oben zulaufende Ohren und Atemlöcher auf, die sich im Dämmerschein erkennbar blähten und zusammenzogen. Die Augen lagen unsichtbar in den tiefen Höhlen und verrieten sich nur durch zwei winzige rötliche Funken, die in der Schwärze glommen, als lauerten sie in den Tiefen eines Totenschädels. Entsprechend der landesüblichen Sitte war dieses bizarre Individuum vollkommen nackt. Doch ließ ein Ring, der um den Hals des Geschöpfes gelegt war (ein flacher Reif aus eigentümlich gehämmertem Silber) darauf schließen, dass es sich um den Bediensteten eines hochgestellten Herren handelte.
    Haines und Chanler staunten nicht schlecht: Einen Marsbewohner von solch gewaltigem Wuchs hatten sie noch nie gesehen! Offenbar beabsichtigte der Riese, sie am Weitergehen zu hindern. Mitten auf dem fugenlosen Marmorpflaster verstellte er ihnen den Weg. Ihre Verblüffung verstärkte sich noch, als er sich mit dröhnender Stimme vernehmen ließ, die nachhallte wie das Organ eines riesigen Froschs – denn trotz des unsagbar kehligen Klangs und der zahlreichen zernuschelten Vokale und Konsonanten wurde ihnen klar, dass seine Worte ihrer eigenen menschlichen Sprache entstammten.
    »Mein Herr wünscht Sie zu sehen«, dröhnte der Koloss. »Ihre Notlage ist ihm bekannt. Er wird Ihnen großzügig aushelfen als Gegenleistung für den Dienst, den Sie ihm in einer bestimmten Sache erweisen können. Folgen Sie mir!«
    »Eine ziemlich nachdrückliche Aufforderung«, raunte Haines. »Sollen wir mitgehen? Vermutlich schickt ihn ein mildtätiger Edelmann der Aihai, der von unseren Geldsorgen Wind bekommen hat. Andererseits weichen diese Leute normalerweise nicht von ihrer Gewohnheit ab, den näheren Umgang mit Erdenmenschen zu vermeiden. Was wohl

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