Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2
schwierig finden werdet. Doch zuvor muss ich bestimmte Dinge ins rechte Licht rücken und die Zweifel zerstreuen, die euch belasten.
Gewiss habt auch ihr all jene Legenden vernommen, die über mich in Umlauf sind, und habt sie als bloßen Aberglauben abgetan. Doch wie für jeden Mythos, so gilt auch für diesen, dass er ebenso viel Wahres enthält wie Falsches. Ich bin weder Gott, noch bin ich Dämon. Vielmehr bin ich ein Wesen, das in einem früheren Zeitalter aus einem anderen Universum zum Mars kam. Wiewohl mir Unsterblichkeit versagt ist, verfüge ich doch über eine Lebensspanne, die bei Weitem länger währt als die jedweden Geschöpfs, das irgendein Planet eures Sonnensystems jemals hervorgebracht hat. Ich unterliege biologischen Gesetzmäßigkeiten, die von den euch vertrauten weit abweichen, und meine einander ablösenden Etappen des Schlafens und Wachens überspannen viele Jahrhunderte. So trifft denn der Glaube der Aihai vollkommen zu, dass ich tausend Jahre in ungestörtem Schlaf und ebenso weitere tausend Jahre in beständigem Wachzustand verbringe.
Zu einer Zeit, da eure Vorfahren noch die Vettern der Affen waren, floh ich von unversöhnlichen Feinden vertrieben von meinem Heimatplaneten in dieses kosmische Exil. Die Marsbewohner behaupten, ich sei vom Himmel herabgefallen gleich einem flammenden Meteor – so jedenfalls deutet die Legende den Landeanflug meines Raumschiffs. Ich traf hier auf eine hoch entwickelte Zivilisation, die gleichwohl jener, der ich entstamme, grenzenlos unterlegen ist.
Zwar zollte man mir Ehrfurcht, doch mischte sich auch Feindseligkeit darunter. Die Herrscher und religiösen Führer dieses Planeten hätten mich vertrieben – doch scharte ich eine Gefolgschaft um mich und rüstete sie mit Waffen aus, die denen der Marsleute technologisch weit überlegen waren. Nach einem erbitterten Krieg fasste ich endgültig Fuß und vergrößerte meine Gefolgschaft. Doch hegte ich kein Verlangen, den Mars zu erobern. Stattdessen zog ich mich in dieses unterirdische Höhlenreich zurück, wo ich seither umgeben von meinen Anhängern weile. Ihnen schenkte ich als Lohn ihrer Treue eine Langlebigkeit, die der meinen beinahe gleichkommt. Um diese Langlebigkeit zu gewährleisten, verlieh ich ihnen zudem die Gabe anhaltenden Schlafs ähnlich der meinen. Sie schlafen, wenn ich schlafe – und sind wach, wenn ich wach bin.
Diese Lebensweise behielten wir über einen langen Zeitraum hinweg bei. Selten nur mischte ich mich in die Belange der Oberflächenbewohner des Planeten ein. Sie hingegen haben ein böses Gott- oder Geistwesen aus mir gemacht. Doch für mich besitzt das Wort ›böse‹ keine Bedeutung.
Ich gebiete über zahlreiche Sinne und Fähigkeiten, die euch Erdenmenschen ebenso wie den Marsbewohnern fremd sind. Die Reichweite meiner Wahrnehmung lässt sich räumlich und sogar zeitlich nach Belieben ausdehnen. Auf diese Weise erlangte ich Kenntnis von eurer Notsituation. Und ich habe euch zu mir gerufen, weil ich hoffe, eure Hilfe bei der Ausführung eines von mir verfolgten Plans zu gewinnen. Um es kurz zu machen: Ich bin des Mars müde geworden, dieses überalterten Planeten, der seinem Tod entgegensteuert. Ich wünsche mich auf einer jüngeren kosmischen Welt einzurichten. Und es ist gerade eure Heimat, die Erde, die für mein Vorhaben wie geschaffen scheint. Eben jetzt, während ich euch dies erzähle, bauen meine Getreuen das neue Raumschiff, in dem ich die anstehende Reise zu unternehmen gedenke.
Jedoch hege ich keinerlei Verlangen, die Erfahrungen zu wiederholen, die ich nach meiner Ankunft auf dem Mars machen musste. Ich möchte mich nicht inmitten von Einheimischen wiederfinden, die noch keinerlei Kunde von mir besitzen und mir womöglich geschlossen feindselig gegenüberstehen. Ihr, die ihr von der Erde stammt, könntet das übrige Erdenvolk auf mein Kommen einstimmen, könntet Gefolgsleute gewinnen, die mir zu Diensten stehen werden. Euer Lohn – so wie der ihre – soll das Elixier sein, welches die Langlebigkeit verleiht.
Darüber hinaus habe ich viele weitere Gaben auszuteilen … etwa die kostbaren Edelsteine und Metalle, die ihr so sehr begehrt. Oder jene Blumen, deren Duft eine größere Kraft der Verführung und der Überzeugung ausübt als irgendetwas sonst. Atmet ihr diesen Duft ein, werdet ihr im Vergleich dazu selbst den Glanz des Goldes als wertlos erachten … und unterliegt ihr dann seiner Macht, so werdet ihr, und ebenso alle übrigen eurer Art, meine
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