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Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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endlos emporzuführen. Mit der Zeit bekam Howard ein Gefühl für ihre Anordnung. Nur gelegentlich stolperte oder stürzte er noch, während er Stufe um Stufe mit tastenden Schritten erklomm. Seine Füße waren zerschnitten und bluteten, doch machte die Kälte sie allmählich empfindungslos und Howard verspürte kaum noch Schmerzen.
    Hoch über sich erblickte er einen matten, runden Lichtfleck. Er keuchte in der eisigen Luft, die immer dünner und weniger atembar erschien, als er darauf zuhastete. Hunderte, Tausende jener schwarzen, eisbedeckten Stufen schien er zu besteigen, ehe er dem Licht nahe kam.
    Er trat unter einem schwarzen Himmel ins Freie, der mit kalten, starren, glänzenden Sternen übersät war – auf dem Grund eines Tals, das ringsum von furchterregenden, grenzenlosen Steilwänden und Felszinnen überragt wurde, so ruhig und stumm wie ein gefrorener Traum vom Tod. Die Klippen und Gipfel glitzerten im Sternenschein, der von unzähligen Eisflächen in allen Neigungswinkeln zurückgeworfen wurde. Den Talgrund selbst erhellten Flecken von leprösem Weiß. Einer dieser Flecken umsäumte den Ausgang der Stufenflucht, auf dessen oberer Schwelle der Erdenmann stand.
    Qualvoll rang er nach Atem in der dünnen Luft unterhalb des Gefrierpunkts und sein Körper wurde augenblicklich von einer durchdringenden Starre erfasst, während er dort stand und in benommener Verblüffung auf das eisige, gebirgige Chaos der Landschaft starrte, in die er hinausgetreten war. Sie glich einem erloschenen Krater in einer Welt unsäglicher und ewig währender Ödnis, die niemals Leben zugelassen hätte.
    Das strömende Blut war auf seiner Stirn und seinen Wangen geronnen. Mit glasig werdenden Augen erkannte er in einer nahe gelegenen Felswand die Fortsetzung der unterirdischen Stufenflucht. Von den Unsterblichen zu einem unvorstellbaren Zweck in das Gestein geschlagen, führten sie inmitten des Eises hinauf zu den höchstgelegenen Gipfeln.
    Es war nicht die vertraute Dämmerungszone des Merkur, in die Howards Flucht ihn geführt hatte – es war die grimme Nachtseite, auf ewig abgekehrt von der Sonne und verwüstet von der entsetzlichen Kälte des Alls. Howard war es, als drängten die Gipfel und Klüfte auf ihn ein, unerbittlich und erbarmungslos, gleich einer hyperboreischen Hölle. Dann verwandelte sich die Erkenntnis seiner Situation in etwas sehr Fernes und Ungreifbares – einen vagen Gedanken, der oberhalb seines verlöschenden Bewussteins schwebte. Er fiel nach vorne in den Schnee, inzwischen bereits steifgliedrig und starr, und die gnädige Empfindungslosigkeit ergriff am Ende vollständig von ihm Besitz.

Ein Leichnam zu viel
    Es ist nicht die Reue, die mich um den Verstand bringt – die mich dazu treibt, in der Hoffnung auf vorübergehende Ablenkung diesen mehr als freimütigen Bericht niederzuschreiben. Denn ich empfinde keine Reue angesichts eines Verbrechens, das zu begehen die Gerechtigkeit selbst mir auferlegte. Nein: Es ist das grauenvolle, von menschlicher Vernunft nicht lösbare Rätsel, vor dem ich stehe, seitdem ich diese schlichte Tat verübte; seitdem ich ganz einfach die Gerechtigkeit herstellte, von der ich sprach – es ist dieses Geheimnis, das mich an den Rand des Wahnsinns gebracht hat.
    Meine Beweggründe, Jasper Trilt zu töten, waren zwar zwingend, doch nicht im Mindesten absonderlich. Lange genug hatte er mir Unrecht zugefügt, während der gesamten zwölf Jahre unserer Bekanntschaft, um sich den Tod doppelt und dreifach zu verdienen. Der mühsam erworbenen Früchte lebenslanger Forschungsarbeit hatte er mich beraubt, mir mittels lügenhafter Versprechungen die chemische Formel gestohlen, die mich zu einem wohlhabenden Mann gemacht hätte. Ich Narr vertraute ihm, glaubte, er würde mich teilhaben lassen an den Einnahmen aus meinem kostbaren Wissen, das ihm selbst Reichtum und Ruhm einbrachte. Arm und namenlos wie ich war, konnte ich nichts tun, um Wiedergutmachung zu erlangen.
    Oft staune ich über die endlose Langmut, die ich Trilt gegenüber bewies. Etwas (vielleicht der Gedanke an die letztendliche Rache?) veranlasste mich, seinen Verrat zu übersehen, mein Wissen um seine Niedertracht für mich zu behalten. Ich fuhr fort, das Laboratorium zu nutzen, das er für mich eingerichtet hatte, ich ließ mich weiterhin mit dem armseligen Hungerlohn abspeisen, den er mir für meine Mühen zugestand. Ich machte neuartige Entdeckungen – und ich ließ zu, dass er mich wiederum ihres Ertrags

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