Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2
warf sie in den kleinen Ofen, der an einer Wand des Raumes stand. Anschließend kehrte ich zu dem hilflos am Boden liegenden Mann zurück und gestattete mir den Luxus, mich an dem dunklen, unaussprechlichen Grauen zu weiden, das ich in seinem gelähmten Starrblick las. Im Wissen, dass er noch immer hören und begreifen konnte, offenbarte ich ihm, was ich getan hatte, und zählte die unvergessenen Beleidigungen auf, von denen er glaubte, ich würde sie so ungerührt auf mir sitzen lassen.
Als zusätzliche Folter hob ich dann die nicht nachweisbare Zusammensetzung des Giftes hervor und verhöhnte Trilt aufgrund seiner Torheit, das vermeintliche Lebenselixier bereitwillig zu schlucken. Auf diese Weise verstrich die Stunde allzu rasch – die Stunde, die ich bis zur restlosen Aufnahme des Giftes im Körper des Opfers und zum Todeseintritt veranschlagt hatte. Trilts Atmung wurde langsamer und schwächer, sein Herzschlag setzte immer öfter aus und war bald nicht mehr zu vernehmen. Schließlich war er tot. Doch schien das Grauen dunkel, beharrlich und namenlos in seinen endlos starrenden Augen zu verweilen.
Gemäß meinem sorgsam ausgeklügelten Plan ging ich nun zum Labortelefon. Zwei Anrufe wollte ich tätigen – einen, um Norma, Trilts Ehefrau, von dem plötzlichen und tödlichen Gehirnschlag in Kenntnis zu setzen, der ihren Gatten während seines Besuchs bei mir ereilt hatte; den zweiten, um einen Arzt zu rufen.
Aus irgendeinem unerfindlichen Grund rief ich Norma zuerst an. Das Ergebnis des Telefonats war so verwirrend und bestürzte mich dermaßen, dass der zweite Anruf ausblieb.
Norma ging persönlich ans Telefon, ganz wie erwartet. Doch ehe ich die wenigen knappen Worte über die Lippen brachte, die ihr Trilts Ableben mitgeteilt hätten, rief sie mit aufgewühlter, bebender Stimme:
»Eben wollte ich Sie anrufen, Felton. Jasper ist vor wenigen Minuten gestorben. Er hatte einen Schlaganfall. Es ist alles so furchtbar, ich stehe unter Schock, bin wie betäubt. Jasper kam vor etwa einer Stunde nach Hause und fiel wortlos zu meinen Füßen nieder. Ich dachte, er wollte Sie besuchen – aber er konnte ja gar nicht bei Ihnen gewesen sein und so schnell wieder hier eintreffen. Bitte kommen sie sofort her, Felton!«
Die Benommenheit, die ich empfand, lässt sich nicht in Worte fassen. Ich glaube, ich stotterte ein wenig, als ich fragte:
»Sind Sie sicher – ganz sicher, dass es Jasper ist?«
»Auch ich kann es kaum glauben. Und doch liegt er hier in der Bibliothek auf dem Sofa – tot. Ich rief einen Arzt, nachdem Jasper der Schlag getroffen hatte. Er ist noch immer hier. Aber er kann nichts mehr tun.«
Jetzt war es mir nicht mehr möglich, meinen Plan umzusetzen und Norma zu erzählen, dass Trilt mich im Laboratorium aufgesucht habe. Dass sein Leichnam in diesem Augenblick neben mir im rückwärtigen Zimmer liege. Ja, ich traute meinen Sinnen nicht, zweifelte sogar an meinem eigenen Denkvermögen, als ich den Hörer auflegte. Einer von uns beiden – entweder ich oder Norma – war das Opfer einer eigenartigen und unerklärlichen Täuschung.
Als ich mich vom Telefon abwandte, erwartete ich halb und halb, dass der fette Kadaver sich verflüchtigt hätte wie ein Spuk – und sah ihn rücklings auf dem Boden liegen, ungeschlacht, mit erstarrenden Gliedmaßen und Gesichtsmuskeln. Ich trat zur Leiche hin, beugte mich über sie und grub meine Finger grob in das schwammige Fleisch, um mich davon zu überzeugen, dass es wirklich war – dass Trilts Besuch und die Beibringung des Gifts keiner bloßen Halluzination entstammten. Es war tatsächlich Trilt höchstselbst, der zu meinen Füßen lag. Niemand konnte diesen feisten Leib, diese sybaritischen Gesichtszüge und Lippen verwechseln – auch dann nicht, wenn bereits die Kälte des Todes über sie hinwegkroch. Der Leichnam, den ich berührt hatte, war nur allzu stofflich und real.
Also musste es Norma sein, die durchdrehte, träumte oder irgendeinem unfasslichen Irrtum unterlag. Ich musste unverzüglich in Trilts Haus eilen und mir selbst ein Bild verschaffen. Anschließend würde noch genügend Zeit bleiben, um meinen Teil der Erklärung beizusteuern.
Es war unwahrscheinlich, dass während meiner Abwesenheit jemand in das Laboratorium eindringen würde. Ich hatte dort überhaupt nur selten Besuch. Noch einmal blickte ich über die Schulter zum Leichnam zurück, um mich erneut von seiner tatsächlichen Existenz zu überzeugen. Dann trat ich in den mondlosen Abend
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