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Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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geringste Veränderung durchlaufen hatte.
    Danach verfiel ich eine Weile lang dem Wahnsinn, und ich weiß nicht, was ich in dieser Phase tat. Als ich wieder halbwegs zu Verstand gekommen war, goss ich Liter um Liter zersetzender Säuren in eine große Wanne. In diese Wanne ließ ich das Ding gleiten, das Jasper Trilt war oder zumindest wie Trilt aussah. Doch weder die Kleidung noch die Leiche selbst wurden im Mindesten von der ätzenden Substanz angegriffen. Auch hat das Ding seither keinerlei Anzeichen von Verwesung offenbart. Vielmehr bleibt es immer und auf unerklärliche Art im selben Zustand.
    Eines Nachts in naher Zukunft werde ich es im Wald hinter dem Laboratorium vergraben – und die Erde wird Trilt ein zweites Mal aufnehmen. Anschließend wird mein Verbrechen doppelt gegen Entdeckung gefeit sein – falls ich denn wirklich ein Verbrechen begangen habe und nicht alles nur geträumt habe oder einer halluzinativen Hirnerkrankung zum Opfer gefallen bin.
    Ich besitze keine Erklärung für das Geschehene, auch glaube ich nicht, dass die Gesetze eines geistig gesunden Universums eine solche liefern könnten. Andererseits – gibt es denn irgendeinen Beweis dafür, dass das Universum geistig gesund ist oder verstandesmäßigen Gesetzen folgt?
    Womöglich existieren unvorstellbare Irrsinnigkeiten sogar in der Chemie, und vielleicht gibt es Drogen, deren Wirkung jeder physikalischen Logik zuwiderläuft. In welcher Menge ich Trilt jenes Gift verabreichte, weiß ich nicht, außer dass die Dosis tödlich war. Auch kann ich mir der Eigenschaften des Giftes nicht gänzlich sicher sein, seiner möglichen Auswirkung auf die Atome des menschlichen Körpers – und auf die Atome der Seele. Im Grunde kann ich mir überhaupt keiner Sache mehr sicher sein. Abgesehen davon, dass auch ich, gleich den Gesetzen der Materie, gewiss schon bald restlos dem Wahnsinn verfallen werde.

Die namenlose Ausgeburt
    Mannigfach an Zahl und Gestalt sind die schemenhaften Schrecken auf Erden, die des Planeten Schicksal bestimmen seit Anbeginn der Zeit. Sie schlummern unter dem unberührten Stein; sie sprießen mit dem Baum aus der Wurzel; sie wandeln auf dem Boden des Meeres und an Orten in den Tiefen des Erdreichs. Ungestört hausen sie an den heiligsten Stätten und entweichen zuweilen dem verschlossenen Sarg aus kostbarer Bronze genauso wie dem lehmversiegelten Grab. Manche sind den Menschen seit Langem bekannt. Andere hinwieder, die kein Sterblicher ahnt, harren noch immer der furchtbaren Stunde ihrer Offenbarung. Die Schrecklichsten und Scheußlichsten von allen traten vielleicht noch gar nicht ans Licht. Doch unter jenen, die sich einstmals zu erkennen gaben und ihr Dasein offenbarten, ist einer, der nicht offen genannt werden darf ob seiner maßlosen Gräulichkeit. Jene Ausgeburt ist gemeint, die der versteckte Behauser der Beinhäuser zeugte und über die Sterblichen brachte.
    — Aus dem Necronomicon des Abdul Alhazred
    In gewisser Hinsicht ist es ein Glücksfall, dass die Geschichte, die ich jetzt zu erzählen habe, überwiegend aus vagen Facetten, unbestimmten Andeutungen und verbotenen Schlussfolgerungen besteht. Andernfalls könnte keines Menschen Hand sie jemals niederschreiben und keines Menschen Auge sie jemals lesen. Mein eigener geringer Anteil an dem schaurigen Drama beschränkt sich auf den Schlussakt; die vorangegangenen Szenen kenne ich nur als uralte und grausige Legende.
    Auch so jedoch überlagert das verzerrte Spiegelbild jener widernatürlichen Schrecken rückblickend die wichtigsten Ereignisse des alltäglichen Lebens, lässt sie nur noch als zarte Spinnfäden durchscheinen, gewoben am finsteren, von Sturm umheulten Rand eines neu geöffneten Abgrunds – einer bodenlosen, halb aufklaffenden Leichengrube, in der die widrigste Fäulnis dieser Welt lauert und schwelt.
    Die Legende, von der ich spreche, war mir von Kindesbeinen an vertraut, als Gegenstand von Geflüster und Kopfschütteln innerhalb meiner Familie, denn Sir John Tremoth war ein Schulfreund meines Vaters gewesen. Doch war ich Sir John niemals begegnet, hatte niemals Tremoth Hall betreten, bis zum Zeitpunkt der Ereignisse, die sich zu jener abschließenden Tragödie fügten. Mein Vater hatte mich von England nach Kanada mitgenommen, als ich noch ein Kleinkind gewesen war. Er hatte in Manitoba als Imker Erfolg gehabt, und nach seinem Tod war ich mit der Bienenzucht über Jahre hinweg viel zu ausgelastet gewesen, um mir den lang gehegten Traum zu erfüllen,

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