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Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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verstummt. Der Wein, der ihn kurzzeitig angeregt hatte, schien seine Wirkung zu verlieren, denn Sir John sah kränker und ausgemergelter aus denn je. Ich berief mich auf meine eigene Müdigkeit und äußerte den Wunsch, schlafen zu gehen. Sir John bestand in unbeirrbarer Höflichkeit darauf, mich zu meinem Zimmer zu geleiten und sicherzustellen, dass es mir an nichts fehlte, ehe er sich selbst zu Bett begab.
    Im Flur des ersten Stockwerks trafen wir auf Harper, der gerade eine Treppe herabstieg, die wohl zu einem Dachboden oder einem weiteren Obergeschoss führte. Er trug einen schweren, eisernen Napf, der noch ein paar Fleischbrocken enthielt. Als er an uns vorbeikam, streifte ein aus dem Gefäß dringendes Aroma deutlicher Überreife, ja, beginnender Verwesung meine Nase. Ich fragte mich, ob Harper die geheimnisvolle Missgeburt gefüttert hatte und ob ihre Fütterung durch eine Falltür in der Decke des versperrten Zimmers erfolgte. Diese Vermutung lag nahe. Dennoch begann der Gestank der Fleischstücke durch eine abseitige, halb literarische Gedankenverbindung andere Vermutungen in mir heraufzubeschwören, welche, so schien es, jenseits des Möglichen und Erklärbaren lagen.
    Gewisse zusammenhanglose, schwer fassliche Hinweise schienen sich mit einem Mal zu einem grässlichen und abscheuerregenden Ganzen zu fügen. Es gelang mir nur unvollkommen, mich selbst davon zu überzeugen, dass das Ding, das ich mir unwillkürlich ausgemalt hatte, eine wissenschaftliche Unmöglichkeit darstellte, eine bloße Ausgeburt teuflischen Aberglaubens. Nein, es konnte nicht sein … ausgerechnet hier in England … dass jener Leichen schmausende Dämon arabischer Märchen und Legenden existierte … der Ghoul .
    Entgegen meinen Befürchtungen wiederholte sich das höllische Geheul nicht, als wir am Geheimzimmer vorbeikamen. Doch meinte ich, ein gemächliches Knirschen zu vernehmen, als ob ein großes Tier sein Fressen verschlinge.
    Mein Zimmer, obwohl noch immer reichlich düster und trostlos, war von seinen Staubschichten und verfilzten Spinnweben befreit worden. Nachdem er es persönlich in Augenschein genommen hatte, ließ Sir John mich allein und suchte sein eigenes Schlafgemach auf. Als er mir eine gute Nacht wünschte, erschütterte mich seine tödliche Blässe und Schwäche. Mich überkam die schuldbewusste Befürchtung, die Anstrengung, einen Gast zu empfangen und zu bewirten, könnte die schwere Krankheit, unter der er litt, verschlimmert haben. Unter seinem perfekten Schutzpanzer weltgewandter Höflichkeit meinte ich, Elend und Qual wahrzunehmen. Ich fragte mich, ob die Wahrung der Etikette nicht einen allzu hohen Preis von ihm gefordert hatte.
    Meine Ermüdung nach der ganztägigen Reise im Zusammenklang mit dem schweren Wein hätte bewirken müssen, dass ich schnell einschlief. Doch obwohl ich mit fest geschlossenen Lidern in der Dunkelheit lag, gelang es mir nicht, die bösen Schatten zu verbannen, jene schwarzen, leichenhaften Larven, die aus dem alten Haus hervorkrochen und mich umwimmelten. Unerträgliche und verbotene Dinge drangen mit ihren schmierigen Klauen auf mich ein, streiften mich mit ekelhaften Wurmleibern, während ich mich endlose Stunden lang herumwälzte und von meinem Lager aus das graue Rechteck des vom Sturm verdunkelten Fensters anstarrte. Das Prasseln der Regentropfen sowie das Rauschen und Seufzen des Windes mischten sich zum grässlichen Gewisper halb verständlicher Stimmen, die sich gegen meine innere Ruhe verschworen und in einer dämonischen Sprache abscheuerregend von namenlosen Geheimnissen kündeten.
    Schließlich, nach dem scheinbaren Verstreichen nächtlicher Jahrhunderte, erstarb der Sturm und die mehrdeutigen Stimmen verstummten. Das Fenster in der schwarzen Zimmerwand klarte ein wenig auf und die Schrecken der Schlaflosigkeit, die mich die ganze Nacht beherrscht hatten, schienen sich teilweise zu verflüchtigen – jedoch ohne mir den erlösenden Schlummer zu gewähren. Ich wurde mir der vollkommenen Stille bewusst. Und dann gewahrte ich inmitten dieser Stille ein seltsames, leises, beunruhigendes Geräusch, dessen Ursache und Ursprungsort mich viele Minuten lang vor ein Rätsel stellten.
    Zeitweise klang der Laut gedämpft und weit entfernt. Dann wieder schien er näher zu kommen und direkt aus dem angrenzenden Zimmer zu dringen. Allmählich identifizierte ich das Geräusch als ein Scharren, wie es etwa die Krallen eines Tieres auf massivem Holz hervorrufen würden.
    Ich richtete

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