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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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sich instinktmäßig zu der Nationalgarde der Vorstadt St. Antoine. Die Bürgersoldaten öffneten ihre Reihen und nahmen die Fliehenden auf. Der Wind hat den Staub und Pulverdampf nach dieser Seite hingetrieben, so daß sie nichts gesehen hatten und wähnten, die Volksmenge habe nur aus Furcht die Flucht genommen.
    Als sich der Pulverdampf zerstreute, sahen sie mit Entsetzen die Erde mit Blut bedeckt und mit Toten übersäet.
    In diesem Augenblicke sprengte ein Adjutant heran und gab ihnen den Befehl, vorzudringen und den Platz zu säubern, um sich mit den übrigen Truppen zu vereinigen. Aber anstatt diesen Befehl zu vollziehen, schlugen sie auf den Adjutanten und die nachsprengenden Reiter an.
    Adjutant und Reiter wichen vor den Bajonetten der Patrioten zurück. Alle Fliehenden, die sich nach dieser Seite hin gewendet hatten, fanden hier sichern Schutz. In wenigen Augenblicken war das Marsfeld leer; es blieben nur die Weiber, Männer und Kinder zurück, die durch das furchtbare Gewehrfeuer der Garde oder von den nachfolgenden Dragonern getötet oder verwundet morden waren.
    Nach Einbruch der Nacht warf man die Leichen in die Seine; – die Seine trieb sie dem Ozean zu; der Ozean verschlang sie.
     

36. Kapitel
     
    In den Tuilerien erwartete Maria Antoinette Weber, den sie auf das Marsfeld geschickt, und der auf der Höhe von Chaillot alles gesehen hatte.
    Inzwischen hatte das Königspaar allerhand zu leiden.
    Nach der Verhaftung hatte das Volk nur noch einen Gedanken: da sie einmal entflohen waren, konnten sie zum zweiten Male entfliehen und das zweitemal die Grenze erreichen.
    Die Wache im Schloß lehnte jede Verantwortung ab, wenn eine andere als Madame de Rochereul die Gemächer der Königin betrat. Madame de Rochereul war, wie oben erwähnt, die Geliebte Gourions und hatte dem Bürgermeister Bailly ihren Argwohn mitgeteilt.
    Man hatte daher auf der zu den königlichen Appartements führenden Treppe das Porträt der Madame de Rochereul aufhängen lassen, damit die Schildwache keiner andern Kammerfrau den Eintritt gestatte.
    Die Königin wurde von dieser Maßregel in Kenntnis gesetzt; sie ging sogleich zum Könige und beschwerte sich darüber.
    Der König ließ Lafayette rufen und verlangte die Wegnahme des Bildes. – Das Bild wurde weggenommen und die Kammerfrauen der Königin traten ihren Dienst wieder an.
    Aber an Stelle dieses demütigenden Befehls wurde ein anderer erlassen. Die Bataillonschefs, denen der neben dem Schlafgemach der Königin befindliche Salon angewiesen war, erhielten Befehl, die Tür beständig offenzuhalten, um die königliche Familie immer vor Augen zu haben; nur während sich die Königin auszog oder ankleidete, wurde sie angelehnt, aber nie völlig geschlossen. Sobald Marie Antoinette angekleidet oder im Bett war, wurde die Tür wieder geöffnet.
    Es war eine unerträgliche Tyrannei.
    Im Augenblick erwartete die Königin also ihren Kammerdiener Weber. – Die Tür ging auf; aber anstatt des gutmütigen breiten Gesichts ihres Dieners sah sie das ernste, kalte Gesicht Gilberts zum Vorschein kommen.
    Sie erschrak, als sie ihn bemerkte. Sie hatte ihn seit dem Abende nach der Rückkehr von Varennes nicht wieder gesehen.
    »Sie sind's, Doktor?« murmelte sie.
    »Ja, Madame,« sagte er, »ich bin's ... Ich weiß, daß Sie Weber erwarteten; aber ich kann Ihnen bestimmtere, zuverlässigere Nachrichten bringen. Er war an der Seite der Seine, wo nicht gemordet wurde!«
    »Gemordet!« erwiderte die Königin. »Was ist denn geschehen?«
    »Ein großes Unglück, Madame! Die Hofpartei hat gesiegt!«
    »Die Hofpartei hat gesiegt! Und das nennen Sie ein Unglück, Herr Gilbert?«
    »Ja, weil sie durch eines jener furchtbaren Mittel gesiegt hat, die den Sieger entnerven und ihn zuweilen an die Stelle des Besiegten stellen!«
    Aber was ist denn vorgegangen?«
    »Lafayette und Bailly haben auf das Volk schießen lassen; beide sind daher unfähig, Ihnen fortan zu dienen.«
    »Warum das?«
    »Weil sie ihre Popularität verloren haben.«
    »Und was machte das Volk, auf welches man geschossen hat?«
    »Es unterzeichnete eine Petition, welche die Absetzung des Königs verlangte.«
    »Und Sie finden, daß man unrecht tut, auf das Volk zu schießen?« fragte Marie Antoinette mit flammenden Blicken.
    »Ich glaube, man würde besser getan haben, es zu überzeugen ...«
    »Wovon zu überzeugen ...«
    »Von der Aufrichtigkeit des Königs.«
    »Aber der König ist ja aufrichtig!«
    »Halten Sie zu Gnaden, Madame ...

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