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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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vergessen«, sagte er und warf das Sinnbild der Gleichheit mit Widerwillen weg.
    Ein junger Artillerieoffizier von kaum zweiundzwanzig Jahren war Zeuge dieses ganzen Auftrittes gewesen. An einen Baum gelehnt, hatte er gesehen, welchen Demütigungen und Gefahren der König ausgesetzt gewesen war; als er aber die Szene mit der roten Mütze sah, konnte er den Anblick nicht länger ertragen.
    »Oh!« sagte er zu sich, »wenn ich nur zwölfhundert Mann und zwei Kanonen hätte, wie schnell würde ich den armen König von diesem Gesindel befreit haben!«
    Dieser junge Offizier war Napoleon Bonaparte.
     

42. Kapitel
     
    Der Abzug aus den Tuilerien war ebenso still und traurig, wie der Einzug lärmend und gefahrdrohend gewesen war.
    Es war ganz anders gekommen, als man sich gedacht hatte. Der König war noch nie so ruhig und gefaßt, ja nie so groß gewesen.
    Die revolutionäre Idee hatte in den Tuilerien nur den bleichen, zitternden Schatten des Königtums zu finden geglaubt, nun fand sie es zu ihrem größten Erstaunen mutig, stark und von dem Glauben des Mittelalters erfüllt.
    Die Royalisten frohlockten; am Ende war ihnen doch der Sieg geblieben. Der König war im Gefühl seiner Abhängigkeit von der Nationalversammlung bereit gewesen, das eine der beiden Dekrete zu bestätigen; jetzt aber wußte er, daß beide Dekrete ihn keiner größeren Gefahr aussetzten als das eine und hatte gegen beide sein Veto eingelegt.
    Das Königtum war ja an dem verhängnisvollen 20. Juni so tief gesunken, daß es den Boden des Abgrundes berührt zu haben schien; es konnte von jetzt an nur mehr wieder aufsteigen.
    So schien's auch wirklich zu kommen. Am 21. Juni erklärte die Nationalversammlung, daß sich keine bewaffnete Schar von Bürgern mehr an den Schranken zeigen dürfe.
    Die Royalisten gingen damit um, die Verkündigung des Kriegsgesetzes zu verlangen.
    Pétion begab sich eilends in die Nationalversammlung. Dieses Verlangen, hieß es, sei begründet durch die eben erfolgten Unruhen. Pétion versicherte, daß ei von Zusammenrottungen durchaus nichts wisse, und bürgte für die Ruhe von Paris. Der Antrag wurde verworfen, das Kriegsgesetz nicht verkündet.
    Am folgenden Tage schrieb Ludwig XVI. an die Nationalversammlung, um sich über die Entweihung des Schlosses, des Königtums und des Königs zu beschweren.
    Am 24. Juni musterten der König und die Königin die Nationalgarde und wurden mit Jubel empfangen.
    An demselben Tage stellte das Direktorium von Paris die Amtsverrichtungen des Bürgermeisters ein. Wer gab ihm eine solche Vermessenheit? – Drei Tage später klärte sich die Sache auf. Lafayette, der mit einem einzigen Offizier sein Lager verlassen hatte, kam am 27. in Paris an und stieg bei seinem Freunde Larochefoucault ab.
    Am folgenden Tage erschien der General in der Nationalversammlung. Er wurde mit drei rauschenden Beifallssalven empfangen, aber jede war von dem Murren der Girondisten begleitet. – Es war eine höchst stürmische Sitzung zu erwarten.
    Der General Lafayette war einer der mutigsten Männer, die es gab; aber Mut ist nicht Tollkühnheit; es ist sogar selten, daß ein wirklich mutiger Mann zugleich tollkühn ist.
    Lafayette sah die drohende Gefahr. Er stand allein gegen alle, der letzte Rest seiner Popularität stand auf dem Spiel. Wenn er sie verlor, so mußte er mit ihr zugrunde gehen. Wenn er gewann, konnte er den König retten.
    Unter lautem Applaus der einen Partei, unter Murren und Drohungen der andern bestieg er die Tribüne.
    »Meine Herren,« sagte er, »die Gewalttaten die am zwanzigsten Juni verübt worden sind, haben den Unwillen aller gutgesinnten Bürger und zumal der Armee erregt; unter den Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten gibt es darüber nur eine Stimme. Es ist Zeit, die Verfassung festzulegen, die Freiheit der Nationalversammlung, die Würde des Königs zu wahren. Ich bitte daher die Nationalversammlung dringend, den Beschluß zu fassen, daß die Gewalttaten, die am zwanzigsten Juni stattgefunden haben, als Verbrechen der Majestätsbeleidigung behandelt werden. Ich wünsche endlich, der Armee die Versicherung zu geben, daß die Verfassung im Innern unverletzt bleiben wird, während die braven Franzosen zur Verteidigung der Grenze ihr Blut vergießen.«
    Gegen das Ende dieser mit lautem Beifall begleiteten Worte hatte sich Guadet langsam von seinem Sitze erhoben. Der herbe Redner der Gironde streckte die Hand aus zum Zeichen, daß er sprechen wollte. Wenn die Gironde den Pfeil der

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