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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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zähle, daß ich keinen Mann kenne, der mich dabei wirksamer unterstützen könnte.«
    »Und mein Vater ist sehr dankbar für die Ehre, die Sie ihm erweisen, Sire.«
    »Doch zur Hauptsache. Was sagt er zu dem Plane?«
    »Erlauben mir Eure Majestät, Ihnen den Plan meines Vaters vorzulegen.«
    »Reden Sie«, sagte der König, der sich auf die Karte von Frankreich neigte, um der von dem jungen Grafen anzugebenden Reiseroute auf dem Papier zu folgen.
    »Sire, Eure Majestät können sich in verschiedenen Richtungen entfernen.«
    »Allerdings.«
    »Zuerst in der Richtung nach Besançon, Sire, dann Valenciennes.«
    Ludwig XVI. machte eine Kopfbewegung, welche bedeutete: Nennen Sie einen anderen Plan.
    »Eure Majestät könnten sich auch durch die Ardennen nach Österreichisch-Flandern begeben«, fuhr der junge Kavalier fort. »Von da könnten Sie über dieselbe Grenze zurückkehren und eine inzwischen mit Truppen hinlänglich besetzte Festung zum Aufenthalte wählen.«
    »Ich werde Ihnen sogleich sagen, warum ich Sie frage, ob Sie nichts Besseres wissen.«
    »Endlich können sich Eure Majestät unmittelbar nach Sedan oder Montmédy begeben. Dort würde der General ganz frei handeln und Ihre Befehle ungehindert vollziehen können. Eure Majestät mögen nun Frankreich verlassen oder sich wieder nach Paris wenden wollen.«
    »Lieber Graf,« erwiderte der König, »am liebsten würde ich mich für den letzten Plan entscheiden.«
    »Haben Eure Majestät diese Flucht schon fest beschlossen?«
    »Lieber Louis,« antwortete Ludwig XVI., »wenn ich sehe, daß die Königin und meine Kinder wieder in Gefahr sind wie in der Nacht vom 5. bis 6. Oktober, so werde ich mich entschließen.«
    »Jetzt erlauben mir Eure Majestät,« fuhr der junge Graf fort, »die Ansicht meines Vaters über die Art der Reise auszusprechen ....«
    »Oh, sagen Sie, was meint Ihr Vater?«
    »Er meint, Sire, man könne die Gefahren der Reise vermindern, wenn man sie teilt.«
    »Erklären Sie sich.«
    »Eure Majestät würden mit Madame Royal und Madame Elisabeth, die Königin mit dem Dauphin reisen, so daß ...«
    Der König ließ den Grafen von Bouillé nicht ausreden.
    »Über diesen Punkt verlieren Sie nur keine Worte, lieber Louis,« sagte er, »ich werde mich von der Königin nicht trennen.«
    Der junge Graf verneigte sich.
    »Wenn der Augenblick gekommen ist, geruhen Eure Majestät Ihre Befehle zu erteilen,« sagte er, »und diese Befehle sollen pünktlich vollzogen werden.«
    »Ich habe mich für die Straße über Chalons und Varennes entschieden. Verdun wird nicht berührt. Die Regimenter werden in die kleinen Städte zwischen Montmédy und Chalons verlegt.«
    Bei diesen Worten öffnete der König die Tür der geheimen Treppe. Es war Zeit; der Schlossermeister war schon auf der untersten Stufe und hatte das Schloß in der Hand.
    Gegen acht Uhr abends verließ Gamain weinberauscht den Palast. Er ging den Quai de la Savonnerie entlang, der damals ungemein belebt war.
    Vor dem ersten Wirtshause schien Gamain einen schweren inneren Kampf zu bestehen. Er fragte sich, ob er in das Wirtshaus gehen sollte oder nicht. Aber er blieb Sieger und ging nicht hinein.
    Bei dem zweiten wiederholte sich dieselbe Versuchung, und diesesmal konnte ein Unbekannter, der ihm wie sein Schatten folgte, die begründete Vermutung hegen, daß er nicht länger widerstehen werde, aber auch diesesmal trug die Mäßigkeit den Sieg davon. Da sich jedoch die Versuchung gar zu oft wiederholte, so erlag ihr Gamain schließlich; er ging in ein Wirtshaus und trank ein Glas Wein; der Unbekannte wartete draußen geduldig.
    Aber wer kann sagen, wann die Lippen, die sich einmal an dem verhängnisvollen Becher der Trunkenheit benetzt haben, nicht mehr trinken werden? Nichts macht bekanntlich mehr Durst als das Trinken. Kaum hatte Gamain hundert Schritte gemacht, so fühlte er das Bedürfnis, seinen Durst von neuem zu löschen; aber dieses Mal verlangte er eine halbe Flasche.
    Der Schatten, der ihm unablässig folgte, schien über die Verzögerung, welche dieses Erfrischungsbedürfnis zur Folge hatte, keineswegs unzufrieden zu sein; hundert Schritte weiter verlangte der Meister eine ganze Flasche. Schließlich nahm er sich noch eine entkorkte mit.
    In einem geschickten Bogen passierte er die Barriere von Passy, hinter der die Wirtshäuser bald aufhörten, aber er trug ja seine Freude bei sich. Schließlich begann Gamain zu fluchen:
    »Es ist himmelschreiend!« lallte er, – »einem alten

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