Die Graefin Charny
in eine sehr fatale Lage kommen wird ... Ich sage es Euch, und Ihr könnt mir's glauben.«
Katharina erblaßte.
»Still!« sagte sie, »wir wollen von anderen Dingen oder gar nichts reden ... Dort kommt mein Vater!«
Als Billot einen Mann unter Katharinas Fenster erblickte, hielt er an; aber er schien Pitou sogleich zu erkennen und setzte sein Pferd wieder in Trab.
Pitou ging ihm einige Schritte entgegen und begrüßte ihn mit dem Hut in der Hand.
»Aha! Du bist's, Pitou?« sagte Billot. »Willst du dich bei uns zu Gaste bitten?«
»Wenn Ihr mich einladet, so nehme ich's an.«
»Nun, so lade ich dich ein«, sagte der Pächter.
Pitou trat wieder ans Fenster.
»Habe ich recht geraten, Jungfer Katharina?« fragte er.
»Ja ... Er sieht heute noch finsterer aus als sonst.«
Dann setzte sie leise hinzu:
»O mein Gott, sollte er wissen? ...«
Katharina hatte sich nicht getäuscht; ihr Vater sah finsterer aus als je zuvor. Seine Tochter bot ihm, wie gewöhnlich, ihre blasse Wange zum Kuß, aber er berührte ihre Stirn nur leicht mit den Lippen und wandte sich dann schweigend von ihr ab.
»Ist das Essen fertig?« fragte er die Hausfrau.
»Ja, Vater Billot«, antwortete diese.
»Dann zu Tisch!« sagte er; »ich habe heute noch viel zu tun.« Und zu Pitou gewandt:
»Darf man wissen, was dich heute nach Pisseleux führt?«
»Ich wollte der Jungfer Katharina einen guten Bissen bringen; ich dachte, sie ist krank gewesen, und das zarte Kaninchenfleisch wird ihr wohl munden.«
»Ja, du hast recht,« sagte Billot, ihn unterbrechend, »denn du siehst, daß sie noch keinen Appetit hat.«
»Ich habe keinen Appetit, Vater,« sagte Katharina errötend, »weil ich erst eine große Schale Milch mit Brot gegessen hatte, als Pitou an meinem Fenster vorüberging und ich ihn rief.«
»Ich will gar nicht untersuchen, warum du keinen Appetit hast«, erwiderte Billot; »ich sage nur, was ich sehe ...«
Sein Blick fiel in diesem Augenblick, wie zufällig, auf das Fenster, durch welches man den Hof übersehen konnte.
»Aha!« sagte er aufstehend, »da kommt jemand, der mich sprechen will.«
»Sieh, der Vater Clouis!« sagte Pitou, der gar nichts Erschreckliches in diesem Besuche sah; »er bringt Eure Doppelflinte wieder, Herr Biliot.«
»Ja«, sagte Billot.
»Ich wünsche eine gesegnete Mahlzeit«, sagte Clouis. ' »Guten Tag, Vater Clouis«, antwortete Billot; »Ihr seid ein Mann von Wort ... ich danke Euch, jetzt setzt Euch und eßt mit uns.« Damit bot er dem Gast einen Stuhl.
Sein Platz war Katharina gegenüber, die ihn mit Angst und Schrecken ansah. »Ein delikates Glas Wein, Herr Billot«, sagte er; er glaubte sich als Gast verpflichtet, für die Unterhaltung zu sorgen, und fuhr fort:
»Ich habe gedacht: Ich will dem Vater Lajeunesse ins Gehege kommen und drüben einen Hasen schießen ... Ich kann dann gleichzeitig sehen, wie ein mit Silber beschlagenes Gewehr die Kugel trägt ... Gesagt, getan: ich gieße dreizehn Kugeln statt zwölf ... und ich muß sagen, Eure Doppelflinte trägt die Kugel gut.«
»Ja, ich weiß es wohl,« antwortete Billot, »es ist ein gutes Gewehr.«
»Was, zwölf Kugeln?« fragte Pitou verwundert. »Es ist wohl irgendwo ein Scheibenschießen?«
»Nein«, antwortete Billot.
»Oh, jetzt kenne ich die Flinte«, fuhr Pitou fort.
»Aber, mein Gott!« rief Pitou erschrocken, »was fehlt Euch denn, Jungfer Katharina?«
»Mir? ... Nichts!« sagte Katharina, die ihre halbgeschlossenen Augen aufschlug und sich aus ihrer fast liegenden Stellung mit einiger Mühe wieder aufrichtete.
»Katharina? ... Was soll ihr denn fehlen?« sagte Billot, die Achseln zuckend.
»Dabei fällt mir etwas ein,« fuhr der alte Clouis fort, »wollt Ihr auf laufendes oder auf stillstehendes Wild schießen?«
»Das weiß ich noch nicht«, antwortete Billot; »ich kann nur sagen, daß ich auf den Anstand gehen will.«
»Ja, ja, ich verstehe«, sagte der alte Nimrod; »die wilden Schweine des Herzogs von Orleans gelüstet nach Euren Kartoffeln, und Ihr habt gedacht: wenn sie im Pökelfaß liegen, so fressen sie nicht mehr!«»Für die wilden Schweine sind die Kugeln nicht bestimmt, ich will einen Wolf schießen«, erwiderte Billot.
Wenn Pitou einen Blick auf Katharina geworfen hätte, so würde er bemerkt haben, daß sie einer Ohnmacht nahe war.
»Einen Wolf wollt Ihr schießen?« sagte Pitou. »Es ist ja noch kein Schnee gefallen ... das ist wirklich sonderbar!«
»Ja, ganz gewiß,« antwortete der Pächter, indem
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