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Die Graefin der Woelfe

Die Graefin der Woelfe

Titel: Die Graefin der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Falk
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wurde.
    Waren die Tage schlimm, so wurden die Nächte noch viel grausamer. Wenn sie schlief, kamen die Träume und sie kehrte zurück an die Orte ihrer Kindheit, befand sich wieder in der kleinen Kammer ohne Fenster. Es war finster, doch sie kannte den Raum, in dem sie so viele Stunden verbracht hatte. Mit den Jahren war er kleiner geworden. Auch war die schmale Pritsche in der Ecke nicht mehr so hoch wie früher, längst konnte sie die Beine nicht mehr baumeln lassen. In jener verhängnisvollen Nacht, am Tag, an dem Quintus geboren war, war sie wieder einmal in die Kammer gesperrt worden. Sie hatte keine Angst gehabt und war sogar eingeschlafen.
    Das Geräusch der sich öffnenden Tür weckte sie. Geblendet von plötzlicher Helligkeit rieb sie sich die Augen.
    »Frau Gräfin.« Amalia hörte die Worte und wusste, sie passten nicht zu der altbekannten Szenerie. Sie blinzelte. Erasmus stand vor ihr, seine Stimme hatte einen lauernden Ton. Sie blickte um sich. Sie war zu Hause, in ihrer Kammer in ihrem Schloss, umgeben von kostbaren Möbeln. Aufatmend ließ sie sich in die Kissen sinken. Sie war kein Kind mehr, nichts konnte ihr geschehen. Der Arzt schritt im Ankleidezimmer auf und ab. Vor dem Toilettentisch mit dem verhangenen Spiegel blieb er stehen.
    Er drehte sich zu ihr um, blickte sie an. Seine Stimme klang schmeichelnd. »Ich wünschte mir, Frau Gräfin, Sie würden wieder ein paar Ihrer alten Gewohnheiten annehmen.« Die Hand des Doktors griff nach dem Tuch, das seit mehr als einem halben Jahr den Spiegel verhüllte.
    Was hatte er vor? Amalia versuchte, sich aufzurichten.
    Freundlich sprach der Doktor weiter. »Wann haben Sie sich zum letzten Mal im Spiegel betrachtet?« Er zog das Tuch herab, der Spiegel wurde freigelegt.
    Amalia presste die Hände vor die Augen, schrie auf. »Nein«, rief sie und fügte leise hinzu: »Ich habe einen Eid geleistet.« Es war ein heiliger Eid, einer, den sie unter keinen Umständen brechen wollte. Außerdem wollte sie auch nicht sehen, was Kummer und Krankheit aus ihr gemacht hatten. »Bitte, Doktor, hängen Sie den Spiegel wieder zu. Ich darf nicht hineinsehen. Ich habe es geschworen.« Sie hörte ihr Flehen.
    »Es ist gut, Frau Gräfin, machen Sie die Augen auf, ich habe den Spiegel wieder verhängt.«
    Zögerlich blinzelte Amalia zwischen den Fingern hindurch. Das Tuch hing an seinem Platz. Der Doktor stand davor, sein Gesicht von einer seltsamen Röte überzogen. Er versuchte ein verständnisvolles Lächeln, es gelang ihm nicht.
     
    *
     
    Dies war sein erster Test gewesen und die Gräfin hatte sich genau so verhalten, wie Erasmus es erwartet hatte. Es war nicht so, dass Menschen, die von Vampirismus befallen waren, kein Spiegelbild besaßen. Das war dummer Aberglaube für das einfache Volk. Allenfalls war das Abbild verschwommen, weil der Körper kaum Wärme ausstrahlte. Vampire mieden den Spiegel, um vor dem menschlichen Antlitz zu fliehen, das sie noch immer trugen, obwohl sie gleichsam lebende Tote waren. Dies war unerträglich für sie, denn sie wussten, dass sie mit diesem Gesicht durch die Jahrhunderte wandern mussten. Entsprechend heftig war die Erschütterung seiner Patientin gewesen. Eine Reaktion, wie sie deutlicher nicht sein konnte. Sie war ihm eine weithin sichtbare Landmarke auf dem richtigen Weg. Allein, konnte er sich schon ganz sicher sein? Er musste sorgfältig sein, weitere Prüfungen ersinnen, bis er die Sicherheit hatte, die er brauchte, um sich an die Rettung der Seelen zu machen, die ihm anvertraut waren. Er hängte den Spiegel wieder sorgfältig zu und bettete Amalia in ihre Kissen. Ehe er ging, gab er ihr ein paar Tropfen Mohnsaft und wenig später erkannte er am gleichmäßigen Atem der Gräfin, dass sie schlief.
     
    *
     
    Amalia lag wieder auf der Pritsche. Jemand hatte Brot und Wasser, eine brennende Kerze und einen Psalter gebracht. Das war neu, und zum ersten Mal konnte sie sich in der Kammer umsehen. Die Zelle war klein und sauber gefegt. Es stand eine Schlafstelle darin, auf der eine dünne Decke lag. Darüber hing ein einfaches Kreuz. Außerdem gab es einen Stuhl, einen wackligen Tisch und einen Eimer in der Ecke, nichts, was sie im Laufe der Jahre nicht längst ertastet hätte. Amalia erwachte, ihre Hände waren schweißnass und gleichzeitig zitterte sie. Die Erinnerung wurde übermächtig und zum ersten Mal seit vielen Jahren gestattete sie sich ein bewusstes Erinnern in der Hoffnung, die schlimmen Gedanken dadurch zu bannen.
    Sie war

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