Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Graefin der Woelfe

Die Graefin der Woelfe

Titel: Die Graefin der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Falk
Vom Netzwerk:
werden.
    Amalia blickte auf, noch immer lächelte sie. Sie würden sich wiedersehen und ihre Tochter würde ihr ein wunderbares Leben erzählen. Vieles wird sich ändern, nichts bleibt, wie es war. Ihr Kind würde leben und es sollte wissen, von ihrer Hand wissen, wer seine Mutter war. So schrieb sie weiter. Sie erzählte ihr Leben, schilderte ihre Ängste und Hoffnungen, ihr Glück und ihr Unglück, benannte ihre Feinde und verschwieg ihre Freunde nicht. Sie begann mit Quintus’ Geburt und endete am frühen Morgen des folgenden Tages damit, wie sie die Pläne der Karlskirche in den Händen gehalten hatte. Dann faltete sie den Brief, der viele Seiten hatte, steckte ihn in ein Kuvert und schrieb: Für Elena.
    Bevor sie ihn aus der Hand legte, drückte sie ihn noch einmal an ihr Herz. Sorgfältig reinigte sie die Feder, verschloss das Tintenglas, wischte ihre Hände an einem Tuch ab und stand auf. Sie ging zum Spiegel, betrachtete zum ersten Mal seit Wenzels Tod ihr Gesicht, fuhr mit den Fingern über die eingefallenen Wangen. Ihre Augen strahlten. Bei Gott sind alle Menschen jung und schön. Noch einmal lächelte sie. Dann legte sie sich nieder.
     

3. Kapitel
    Frühsommer 1730
     
     
     
    A ls Marijke am Morgen die Kammer der Gräfin betrat, schien die helle Frühlingssonne durch die Fenster. Amalia lag auf ihrem Kissen und lächelte, als schliefe sie.
    Marijke ergriff ihre Hand, streichelte über die zarten Wangen. Sie waren kühl, zu kühl, es gab keinen Zweifel. Marijke weinte nicht. Ein behutsames Klopfen weckte sie aus ihrer Versunkenheit.
    Das Mädchen trat ein, es räusperte sich. »Es ist ein Herr unten. Er verlangt, die Gräfin zu sprechen. Mit Verlaub, er wirkt sehr finster.«
    Marijke nickte, sie hatte ihn erwartet. »Schick’ ihn hoch, sag ihm, sie ist tot.«
    Das Mädchen tat einen erschreckten Ausruf. Marijke nickte ihr kurz zu und so fasste sie sich rasch und ging. Wenig später betrat Erasmus die Kammer. Der Arzt war ungewohnt leise, er nickte in Marijkes Richtung, dann wandte er sich seiner Patientin zu. Er fühlte ihren Puls und schüttelte traurig den Kopf. »Sie ist tot, schon seit ein paar Stunden. Ihre Haut ist kalt.«
    Sie sahen sich an, wussten, was nun passieren musste. Marijke blickte noch einmal in Amalias lächelndes Gesicht. »Ist es wirklich nötig?«
    »Es muss sein, ich habe es ihr versprochen.«
    »Oh, mein Gott«, brach es aus ihr hinaus. Sie fiel vor der Toten auf die Knie, umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen. »Prinzessin!«
    Amalias Lächeln blieb unverändert. Nichts konnte es ihr mehr nehmen. Marijke strich über die kurzen Haare. »Prinzessin«, sagte sie noch einmal und erhob sich. Auf dem Sekretär entdeckte sie den Brief. Sie nahm ihn an sich. »Tun Sie, was Sie glauben, tun zu müssen. Ich tue, was gut und richtig ist.« Marijke straffte die Schultern und ging. Amalia war tot, niemand konnte ihr mehr etwas antun.
     
    *
     
    Erasmus wartete ab, bis sich die Tür hinter Marijke schloss, dann atmete er hörbar auf. Dem Herrn sei Dank, er hatte es gerade noch rechtzeitig geschafft. Er klingelte nach dem Dienstpersonal. Durch Amalias einsame Entscheidung war ihm zumindest eine lange und unheimliche Kutschfahrt erspart geblieben. Dafür war er ihr beinahe dankbar, denn er wäre nicht gern mit der Leiche von Falkenfried nach Wien gefahren. Die junge Zofe der Torgelows kam mit verheulten Augen herein.
    »Schaffen Sie die Gräfin in die Praxis meines Freundes Dr. Arnstein.«
    Das Mädchen blickte unschlüssig. Erasmus wedelte ungeduldig mit einem Dokument vor ihrer Nase herum. »Ich habe hier das unterschriebene Testament der Gräfin, ich tue nichts, was nicht mit ihr abgesprochen wäre.«
    Die junge Zofe knickste und eilte davon.

    *
     
    Doktor Arnstein war ebenso wie der Chirurg Hans Löbel über das ungewöhnliche Ansinnen seines Kollegen Doktor von Spießen seit vielen Wochen informiert. Er hatte zugestimmt, seine Behandlungsräume zur Verfügung zu stellen. Dies umso mehr, als er seit dem Tode seiner Frau immer weniger Patienten hatte, was seinen durch Alkoholexzesse teuren Lebenswandel gefährdete. Jetzt hatte er sich gerade zu einem gemütlichen zweiten Frühstück niedergesetzt. Es bestand aus einer Tasse Tee und einem ordentlichen Schluck Genever. Der einzige Patient, der sich an diesem Tag in seine Praxis verirrt hatte, der alte Geheimrat Katzenhuber, war vor einer halben Stunde gegangen. Einer der wenigen, die ihm treu geblieben waren. Er griff soeben nach dem

Weitere Kostenlose Bücher