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Die Grasharfe

Titel: Die Grasharfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Truman Capote
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„Wirklich, das ist's, worüber alle Welt redet, nicht wahr, Elizabeth?" Elizabeth nickte ohne jede Anteilnahme. „Bei Gott, es gehen da ganz ungewöhnliche Klatschgeschichten um. Zum Beispiel, wir haben da auf dem Weg Gus Harn getrofen, und er erzählte, daß diese farbige Frau, Catherine Crook (heißt sie eigentlich so?) eingesperrt worden ist, weil sie Mrs. Buster mit einer Marmeladenbüchse verletzt hat."
       Dolly murmelte mit gesenkter Stimme: „Catherine – sie hat damit nichts zu tun."
       „Irgend jemand, vermuten wir, hat es aber getan", meinte Maude. „Wir sahen heute morgen Mrs. Buster auf der Post, sie zeigte jedermann eine Beule auf ihrem Kopf, eine ziemlich große Beule. Es schien uns, daß sie nicht log, meinst du nicht auch, Elizabeth?" Elizabeth gähnte. „Sicherlich, mir ist es gleich, wer es getan hat, ich denke, derjenige müßte jedenfalls einen Orden dafür bekommen."
      „Nein", seufzte Dolly, „das ziemt sich nicht; es hätte nicht sein dürfen. Wir werden das alle sehr zu bereuen haben."
      Endlich bemerkte Maude auch mich. „Ich wollte dich gern sehen, Collin", sagte sie eilig, als wolle sie eine Verlegenheit überbrücken, die meine natürlich, nicht die ihre. „Elizabeth und ich wollen am Abend vor Allerheiligen ein Fest geben, ein richtig unheimliches, und wir dachten, es wäre ganz groß, wenn du als Skelett verkleidet in einem dunklen Zimmer säßest und den Leuten wahrsagtest, weil du so begabt bist zum …"
       „Zum Schwindeln", ergänzte Elizabeth unparteiisch.
    „Was dasselbe ist wie Wahrsagen", bestätigte Maude nachdrücklich.
      Ich weiß nicht, was sie auf die Idee brachte, daß ich ein so guter Geschichtenerzähler sei, vielleicht meine aufallende Begabung, mir in der Schule Alibis zu verschafen. Ich sagte, das wäre ja großartig, das mit der Gesellschaf. „Aber, besser, ihr rechnet nicht mit mir. Bis dahin können wir längst im Gefängnis sein."
       „O natürlich, in diesem Fall", sagte Maude, als wäre das eine meiner altgewohnten Entschuldigungen dafür, nicht in ihr Haus zu kommen.
       „Sag mal, Maude", der Richter versuchte, das plötzlich eingetretene Schweigen zu überbrücken, „du wirst noch eine Berühmtheit werden. Ich las in der Zeitung, daß du im Radio spielen sollst."
       Als ob sie wach träumte, erklärte sie uns, daß das Aufreten im Radio der Abschluß einer Staatsprüfung sei; wenn sie bestünde, erhielte sie als Preis ein Stipendium für die Musikhochschule. Sogar der zweite Preis bedeutete die Hälfte der Studienkosten. „Ich werde ein Stück von Papa spielen, eine Serenade; er hat sie für mich geschrieben an dem Tag meiner Geburt. Doch das soll eine Überraschung sein, er darf es vorher nicht wissen."
       „Spiele es ihnen vor", sagte Elizabeth und öfnete den Geigenkasten.
       Maude war großzügig, sie ließ sich nicht bitten. Zärtlich hob sie die weinrote Geige unters Kinn und stimmte sie mit ein paar Läufen; ein bronzener Schmetterling, der auf dem Bogen rastete, wurde hinweggewirbelt, als der Bogen über die Saiten fuhr; eine Melodie erhob sich, die wie ein Sturm von dahinwirbelnden Schmetterlingen war, wie die Signalrakete des anbrechenden Frühlings, süß anzuhören mitten im Blätterfall der Wälder. Sie wurde trauriger, verhaltener; das Silberhaar fel über die Geige. Wir applaudierten; als wir geendet hatten, klatschte ein geheimnisvolles Händepaar weiter. Riley trat aus einer Farnwand hervor, und Maude errötete, als sie ihn sah. Ich glaube nicht, daß sie so gut hätte spielen können, wenn sie gewußt hätte, daß er zuhörte.
       Riley schickte die Mädchen nach Hause; sie schienen nur widerstrebend zu gehen, aber Elizabeth war Ungehorsam gegen ihren Bruder nicht gewohnt. „Sperr die Türen ab!" befahl er ihr, „und, Maude, ich sähe es gern, wenn du die Nacht bei uns bleiben würdest. Wenn jemand nach mir fragt, sage einfach, du weißt nicht, wo ich bin."
       Ich mußte ihm in den Baum hinaufelfen, denn er hatte sein Gewehr mit und einen mit Vorräten schwer bepackten Rucksack: eine Flasche Dessertwein, Orangen, Sardinen, Würstchen, Hörnchen aus der Bäckerei zur Heuschrecke, eine Riesenbüchse mit Mürbeplätzchen; jeder neue Mundvorrat erweckte unsere Lebensgeister; und Dolly, die von den Mürbeplätzchen überwältigt war, verkündete, Riley müsse unbedingt einen Kuß bekommen.
       Aber unsere Gesichter wurden sehr ernst, als wir seinen Bericht

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