Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Grasharfe

Titel: Die Grasharfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Truman Capote
Vom Netzwerk:
den ihr da oben gesehen habt. Wir fuhren über Land und trugen SEIN WORT ins Volk, zu Leuten, die niemals vorher davon gehört hatten, wenigstens nicht auf die Art, auf die mein Mann es sagen konnte. Leider muß ich jetzt einen traurigen Zwischenfall erwähnen – folgenden: ich verlor Mr. Honey. Eines Morgens, es war in einem anrüchigen Teil von Louisiana, dem neuschottischen Viertel, ging er die Straße herunter, um einige Lebensmittel einzukaufen, und daß ihr's wißt, ich hab ihn nie wiedergesehen. Er löste sich einfach in Luf auf. Ich geb keinen Heller dafür, was die Polizei sagt; er war nicht der Mann, der vor seiner Familie davonläuft – nein, meine Herren, da seid ihr schief gewickelt."
       „Vielleicht Gedächtnisstörung", bemerkte ich, „da vergißt man alles, sogar seinen eigenen Namen."
       „Ein Mann, der die ganze Bibel auswendig kann, meint ihr, der wäre imstand gewesen, so etwas wie seinen eigenen Namen zu vergessen? Einer von diesen Schotten ermordete ihn wegen seines Amethystringes. Natürlich habe ich seitdem Männer gekannt, aber Liebe nicht. Lilli, Ida, Laurel, die anderen Kinder, die sind passiert. Scheint irgendwie, daß ich nicht leben kann, wenn mich kein anderes Leben unter dem Herzen stößt. Ich fühl mich sonst so verschlampt."
       Als die Kinder angezogen waren, einige von ihnen linksherum in den Kleidern, kehrten wir zu dem Baum zurück, wo die älteren Mädchen, über das Feuer gebeugt, ihre Haare trockneten und kämmten. Dolly hatte in unserer Abwesenheit für das Baby gesorgt; sie schien nicht willens, es wieder herzugeben: „Ich wollte, eine von uns hätte ein Baby, meine Schwester oder Catherine", und Schwester Ida bejahte es, es sei ein Vergnügen und zugleich eine Befriedigung. Wir saßen schließlich in einem Kreis um das Feuer. Das Gericht war zu heiß, um es zu kosten, und das trug wahrscheinlich zu seinem durchgreifenden Erfolg bei. Der Richter, der dafür sorgte, daß es die Runde machte, denn es gab nur drei Teller, der Richter war unerschöpfich an komischen Kunststücken und sonstigen Unsinn, was die Kinder begeisterte. Texaco Gasoline entschied, daß sie sich geirrt habe, der Richter, und nicht Riley wäre ihr Papa, und der Richter dankte ihr dafür mit einer Reise nach dem Mond und schwang sie hoch über seinen Kopf: Mancher fog nach Süden / Mancher fog nach West / Du wirst fiegen nach dem Rest / Dahin fort! Fort!
       Schwester Ida sagte: „Sie sind ganz schön stark." Das ging ihm natürlich glatt ein, aber er fragte bloß, ob sie seine Muskeln anfühlen wolle. Jede Viertelminute guckte er heimlich zu Dolly hin, ob sie ihn auch bewunderte. Sie tat es.
       Das Gurren einer Holztaube schwankte zwischen den langen, letzten Strahlenlanzen der Sonne. Frostgrüne und blaue Töne durchsickerten die Luf, als ob ein Regenbogen um uns zerschmölze. Dolly erschauerte: „Es ist ein Unwetter in der Nähe. Ich spürte es schon den ganzen Tag." Triumphierend sah ich Riley an. Hatte ich ihm das nicht gesagt?
       „Und spät ist's auch", verkündete Schwester Ida. „Buck, Homer – Jungens, ihr saust zum Wagen zurück. Gott weiß, wer da schon war und sich bedient hat. Nicht deshalb", fügte sie hinzu, als ihre Söhne auf dem schon dunklen Weg verschwanden, „weil da ne Menge zu holen wäre, außer vielleicht meiner Nähmaschine. Wie ist's, Dolly? Haben Sie …"
      „Wir haben es besprochen", antwortete Dolly und wandte sich zu dem Richter, damit er es bestätige.
      „Vor dem Gericht würden Sie Ihre Sache gewinnen, das steht außer Frage", beteuerte er in einem sehr berufichen Ton. „Das Recht würde hier endlich einmal auf der richtigen Seite sein. Indessen, wie die Sachen liegen …"
      Dolly fuhr fort: „Wie die Sachen liegen", und drückte die siebenundvierzig Dollar, die unser Bargeld darstellten, in Schwester Idas Hand; außerdem gab sie ihr die große goldene Uhr des Richters. Als Schwester Ida diese Gaben betrachtete, schüttelte sie ihren Kopf, als wolle sie sie zurückweisen. „Es ist nicht recht. Aber ich danke euch."
      Ein leichter Donner rollte durch die Wälder und in der gefahrdrohenden Stille seines Nachhalls sprengten Buck und der kleine Homer den Weg zurück, wie angreifende Kavallerie.
    „Sie kommen! Sie kommen!" schrien sie einstimmig, und der kleine Homer schob seinen Hut zurück und keuchte: „Wir sind den ganzen Weg gerannt."
    „Seid vernünfig, Jungens – wer?"
    Der kleine Homer schluckte: „Diese Burschen!

Weitere Kostenlose Bücher