Die Grauen Herrscher
als unschlagbarer Säufer bekannt war, achtete niemand auf ihn. Niemand merkte, daß er sich diesmal kaum die Kehle anfeuchtete, sondern es seinen zahlreichen Zechkumpanen überließ, die Flaschen zu leeren.
Und als dann bei Strongheart die eigentliche Feier begann, hielt er sich ebenfalls zurück. Äußerlich hatte sich nichts geändert. Mit den Trinkgeldern war er noch ebenso großzügig, seine Wutausbrüche waren nicht minder heftig, und sein Gesang war auch nicht besser geworden.
Aber als dann der Zeitpunkt der Zusammenkunft heranrückte, war er bereit. Er war stocknüchtern, als er seinen lautstarken Zweiflaschentanz auf der Straße begann, und er war noch ebenso nüchtern, als er zu seinem ›Lieblingswirt‹ zurückkehrte, um ihn anzupumpen und schließlich in seine Bentlam-Zelle geführt zu werden.
Er ließ sich nicht im geringsten durch die Tatsache beeindrucken, daß Strongheart und der Zwilnik heute Gedankenschirme trugen, sondern griff gierig nach dem Päckchen und kaute ekstatisch seinen Inhalt, ehe er hilflos auf der Matratze zusammensank. Dieser Teil der Vorstellung war echt, denn vierundzwanzig Einheiten Bentlam schalten jeden menschlichen Körper aus. Aber Kinnisons Geist war hellwach. Die Rauschgift-Dosis, die einen einfachen Meteor-Schürfer in das Reich der Träume schickte, reichte nicht aus, um den Geist des Lens-Trägers zu lähmen, zumal er heute kaum Alkohol getrunken hatte. Die Ausschaltung seines Körpers machte es ihm sogar besonders leicht, seinen neuen Geist hiervon zu trennen. Er brauchte keinen Gedanken auf Nebensächlichkeiten zu verschwenden, sondern konnte seinen neuen Sinnen freien Lauf lassen – ohne Rücksicht auf den Körper, den er zurückließ.
Aufgrund strenger Befehle wurde der Konferenzraum von Männern bewacht, die Gedankenschirme trugen, und nur die vertrauenswürdigsten Angestellten des Hauses, die ebenfalls beschirmt waren, erhielten Zutritt. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen hatte Kinnison keine Mühe, sich ebenfalls Zugang zu verschaffen. Ein geschickter Taschendieb trat neben einen Kellner, der soeben den abgeschirmten Raum betreten wollte, und zwei geschickte Finger legte einen kleinen Hebel um. Der Kellner wollte etwas sagen, vergaß jedoch im nächsten Augenblick seinen Einwand, während sich der Taschendieb seinerseits an nichts mehr erinnerte. Der Kellner setzte seinen Weg in den Konferenzraum fort und bediente einen gewissen Boskonier, an dem Kinnison besonders interessiert war. Beim Servieren stellte er sich etwas ungeschickt an, doch ehe der Boskonier protestieren konnte, hatte er vergessen, was er sagen wollte. Unter Kinnisons Kontrolle machte sich der boskonische Führer dann an seinem Gedankenschirm-Generator zu schaffen und löste einen kleinen Resistor. Damit war der Weg für den Lens-Träger frei.
»Ehe wir diese Sitzung eröffnen«, begann der Boskonier, »möchte ich mich überzeugen, daß Ihre Gedankenschirme in Ordnung sind.«
»Unsinn!« schnaubte der Zwilnik. »Glauben Sie wirklich, daß sich ein Lens-Träger nach Euphrosyne verirren könnte?«
»Niemand weiß, wozu unser Lens-Träger fähig ist. Sie wissen nicht, was für Probleme uns dieser Mann schon bereitet hat, sonst wären Sie vorsichtiger. Sind sämtliche Verdächtigen überprüft worden?«
»Nicht nur die Verdächtigen«, erwiderte Strongheart. »Wir haben alle kontrolliert, einschließlich der Betrunkenen und Berauschten. Das Gebäude ist außerdem noch mit einem zweiten Schirm abgesichert.«
»Wer ist übrigens dieser wilde Bill Williams, von dem in letzter Zeit so oft die Rede ist?«
»Ich habe ihn sorgfältig überprüft«, sagte der Zwilnik. »Bei ihm handelt es sich natürlich nicht um den Lens-Träger, aber ich hielt ihn zuerst für einen Agenten. Wir haben ihn und sein Schiff durchsucht – negativ. Ich habe außerdem seine Arbeit als Schürfer zurückverfolgt. Er ist sauber. Er macht zur Zeit zum zweitenmal hier Station und hat sich seit etwa einer Woche vollaufen lassen. Strongheart und ich haben ihn erst vor einer halben Stunde mit vierundzwanzig Einheiten Benny auf die Matte geschickt, und Sie wissen selbst, was das bedeutet.«
»Hat er sein eigenes Benny genommen?«
»Nein, natürlich nicht. Ich habe im die Runde verkauft. Die anderen Schnupfer sind in Ordnung, keine Sorge.«
»Schon gut. Ich glaube ja auch nicht, daß wirklich eine Gefahr besteht, denn ich habe den Eindruck, daß sich der gefährliche Lens-Träger zur Zeit noch auf Bronseca konzentriert. Aber wir
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