Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)
Redakteur zu, der etwas unglücklich im hintersten Winkel des Raumes an einem Resopaltischchen saß, auf dem ein Strauß gelber Plastikblumen in einer bauchigen Vase stand.
»Heidemann! Erfreut!«, sagte Krause und reichte dem Redakteur die Hand.
Der murmelte irgendetwas, erhob sich halb, sank dann wieder auf den Stuhl und bemerkte: »Das hier ist ein ziemlich merkwürdiger Rahmen.«
»Ja, das stimmt«, antwortete Krause. »Aber im Dienst habe ich die Handwerker, und das wäre noch viel schlimmer.«
»Sie haben nichts dagegen, wenn ich aufzeichne?«
»Nicht so eilig bitte.« Krause lächelte. »Ich habe allerdings etwas dagegen, denn bis jetzt weiß ich noch nicht mal genau, worum es hier eigentlich gehen soll.« Er legte ein DIN-A4 -Blatt vor sich hin, bedeckt mit krakeligen Zeichen.
»Um das stetig sinkende Ansehen des BND und die fehlende Linie des Vorgehens im Ausland«, schnurrte Hubert Staeble.
»Dann lassen wir das Aufzeichnen erst einmal sein und klären das ab. Das stetig sinkende Ansehen und die fehlende Linie im Ausland füllen sechs Ausgaben Ihres Blattes. Dann sitzen wir morgen noch hier.« Krause selbst hatte zwei Aufzeichnungsgeräte in den Taschen, darunter eines, das nur zwei Zentimeter im Quadrat maß und flach war wie ein Zigarettenetui. Es konnte sechs Stunden lang aufnehmen und steckte in der Brusttasche seines grauen Anzuges.
»Einverstanden«, sagte Hubert Staeble und ging gleich zu seinen Fragen über: »Was ist eigentlich mit dem Bundesnachrichtendienst los? Man hört überhaupt nichts von ihm, nicht einmal den Hauch eines Skandals, gar nichts. Dafür jede Menge übler Gerüchte. Wie kommt das?«
»Einfach geantwortet, sind wir ein Geheimdienst, Herr Staeble. Aber ich will mich nicht drücken und bitte Sie einfach darum, mir zu sagen, was Sie denn gehört haben.«
»Eine Menge«, sagte Staeble. »Wahrhaftig, eine Menge. Zum Beispiel, dass Sie in diesen Tagen des Aufruhrs und des Krieges in Libyen eine unrühmliche Rolle gespielt haben.«
»Wieso denn unrühmlich?«
»Agenten des BND sollen auf dem Flughafen in Tripolis in eine Schießerei verwickelt worden sein. Es gab Tote.«
»Das stimmt nicht«, sagte Krause gelassen. »Meine Leute haben aus gutem Grund die Schießerei begonnen, und es gab nur einen Toten. Aber mich würde interessieren, woher Sie das haben.«
»Wir geben keine Informanten preis, das wissen Sie doch. Also, was war da los, wenn ich fragen darf.«
»Wir wurden erpresst. Und zwar ziemlich übel. Wissen Sie denn auch, wer zu Tode kam?«
»Das, Herr Heidemann, wollte ich Sie fragen. Es war die Rede von einem Agenten des israelischen Mossad.«
»Falsch, ganz falsch. Der ist glücklicherweise nicht zu Tode gekommen, falls Sie von Moshe Jugo sprechen. So heißt er. Der hat uns geholfen, er hat auch geschossen. Aber die Namen aller dieser Kollegen, das wollen wir festhalten, werden unter keinen Umständen genannt. Und ich setze voraus, dass im SPIEGEL auch keiner dieser Namen jemals zu lesen sein wird.«
»Das ist klar, das wird eingehalten. Wie viele Leute hatten Sie vor Ort?«
»Drei.«
»Können Sie sagen, warum?«
»Kann ich. Sie waren insgesamt nur drei Tage da. Es herrschen Kriegszustände, wie Sie wissen. Die drei hatten unterschiedliche Aufgaben. Sie trafen Quellen, sie schalteten alte Quellen zu ihrer Sicherheit ab, sie brachten wichtiges Material für unsere US -amerikanischen Freunde aus dem Land.«
»Und wer hat den BND erpresst? Und wie lief das ab?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen, das gefährdet meine Leute massiv. Aber nennen Sie mir einen Ihrer Informanten, dann kann ich Ihnen vielleicht eher behilflich sein.« Er linste immer wieder auf das Blatt vor sich und notierte etwas mit kryptischen Zeichen darauf.
»Knut Seitter, freier Mitarbeiter hier in Berlin. Er war in Tripolis, er ist sogar jetzt noch da.«
»Ich kenne Herrn Seitter. Sie sollten vorsichtig mit ihm umgehen, er ist nicht unbedingt eine verlässliche Quelle, und zuweilen ist er nicht seriös. Und er twittert ununterbrochen und bläst seine eigene Internetseite wie einen Kugelfisch auf.«
»Aber warum erzählt er dann so etwas?«
»Wir nehmen an, weil er den BND nicht besonders mag. Er hat sich vor ein paar Jahren bei uns beworben und wurde im ersten Durchgang abgelehnt.«
»Von Ihnen?«
»Nein. Ich habe mit solchen Entscheidungen nicht das Geringste zu tun. Sagen wir, Herr Seitter passte nicht in das Bild, das wir uns von einem BND -Mann machen. Und noch etwas zur
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