Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)
Unterlagen über die Vernehmungen der Terrorverdächtigen aus den Staaten, die sein Sohn hier in Tripolis durchgezogen hat. Ich habe sie mitgebracht, sie sind im Taxi des Jungen.«
»Lieber Himmel!«, sagte der Israeli und lächelte. »Könnte ich vielleicht eine Kopie davon haben?«
»Die hast du wirklich?« Dehner starrte Svenja aus schmalen Augen an.
»Wenn du willst, kannst du sie holen. Der Junge nebenan hat den Wagenschlüssel.«
»Da gehe ich doch gleich mal los«, sagte Dehner.
Es war deutlich, dass in ihm zwei Gefühle miteinander kämpften. Da war Svenja, die einfach alle Regeln missachtet hatte, um nach Tripolis zu kommen und sich ihren Müller zu holen. Und da war die andere Svenja, die ganz nebenbei wichtige Unterlagen eingesammelt hatte, aber bei der Gelegenheit auch den Vater dieses Tobruk getötet hatte. Dehner fand die Frau faszinierend, obwohl er wusste, dass sie auch schrecklich unberechenbar war. Unberechenbarkeit war für Dehner allerdings etwas, das er gar nicht leiden konnte.
Er stand auf, und der Israeli sagte hastig: »Ich gehe mit dir, wir sollten jedes Risiko vermeiden. Schließlich wissen wir nicht, was draußen los ist.«
»Lass nur, das mache ich«, sagte Svenja. »Ich hole den Autoschlüssel von Ali.« Damit stand sie auf und ging hinaus.
Als sie zurückkam, ging Dehner mit ihr in den Flur hinaus. Sie zogen beide ihre Waffe und entsicherten sie.
Das Gebäude war taghell erleuchtet, aber menschenleer und gespenstisch still. In einer weit entfernten Ecke waren zwei Putzfrauen an der Arbeit und schoben schweigend Scheuerlappen vor sich her. Die beiden Schnellfeuerkanonen waren abgezogen worden. Das Summen der Klimaanlage war das einzige Geräusch, das sie hören konnten.
Als sie durch die Haupttür gingen, sagte Svenja: »Du rechts, ich links, absichern!«
Sie starrten auf den großen Flughafenplatz und tauchten im Halbdunkel unter. Die Lichter der Stadt erleuchteten einen grauen, wolkenbedeckten Himmel. An den Schildern mit der Bezeichnung TAXI war kein Fahrzeug zu sehen, auf dem großen Parkplatz standen nur vier Autos weit entfernt.
»Okay auf meiner Seite«, sagte Dehner.
»Okay hier«, sagte Svenja. »Es ist das Auto, das rechts außen steht.«
»Ich will nur etwas klarstellen, damit wir beide keine Schwierigkeiten miteinander haben«, sagte sie, als sie wieder zusammentrafen. »Es ist richtig, dass ich gegen jede Regel hierhergekommen bin, um Müller herauszuholen. Es ist aber auch richtig, dass ich das jeden Tag noch einmal durchziehen würde, wenn es nötig wäre. Ich liebe diesen Mann, verstehst du das? Natürlich verstehst du das. Und kein Befehl, auch nicht der von Krause, wird mich daran hindern, so lange hier auszuhalten, bis wir Müller wiederhaben. Das verstehst du auch, wie ich annehme. Ich möchte aber niemals, dass du deswegen in Gefahr gerätst, und ich würde alles tun, um dich herauszuhauen, wenn du in Schwierigkeiten bist. Das würde Müller auch tun, das weißt du. Also lass uns bitte friedlich miteinander umgehen.«
Svenja war stehen geblieben und hatte sich dicht vor ihm aufgebaut. Sie schaute ihm in die Augen, während sie sprach.
»Krause hat gesagt, du sollst heimkommen, sofort!«, sagte er und sah an ihr vorbei in die Nacht. »Und irgendwie ist das verständlich, denke ich. Aber du bist ziemlich raffiniert, du hebelst das einfach mit einem Hinweis auf die Liebe aus.« Dann kicherte er plötzlich leise. »Wenn jemand uns hier beobachtet, wird er denken, er hat es mit zwei Irren zu tun, die sich gemütlich mit gezogenen und entsicherten Waffen unterhalten. Lass uns deine Beute holen. Und wenn ich tatsächlich mal in Schwierigkeiten gerate, möchte ich, dass du mich da rausholst.«
»So machen wir es«, sagte sie nur.
Sie schloss den Toyota auf, nahm den schweren Pilotenkoffer heraus und reichte ihn an Dehner weiter. »Da sind auch sämtliche Disketten aus den Rechnern von Onkel Tobruk drin. Ich dachte mir, die sollte man sich mal ansehen. Goldhändchen wird begeistert sein. Und die Waffe von dem Alten ist auch drin.«
»Was macht dich eigentlich so sicher, dass Müller tatsächlich in dem Versteck in Tobruks Villa war?«
»Er hat mir seine Armbanduhr dagelassen«, erklärte sie. »Seine Breitling.«
»So etwas besitzt der? Mein lieber Mann!«
Müller saß in einem breiten, bequemen Ledersessel. Sie hatten ihm einen zweiten Sessel dagegengestellt, auf dem sein linkes Bein lag. Die Schmerzen pulsierten heftig bis in die Hüfte hoch.
»Cooper,
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