Die grosse Fahrt der Sable Keech
waren. Wie er vermutete, wünschten Bloc oder Lineworld Developments nicht, dass Windtäuscher von dem erfuhr, was immer dort verborgen wurde. Auf einem mit Geländer gesicherten Deck ihm gegenüber erblickte Sturmbul Gestelle voller Laminarspeicherbatterien, die mit Solarzellen in der Takelage verbunden waren und so die elektrischen Anlagen an Bord speisten. Zu den Batterien gehörten noch zwei niedrige, versiegelte Chromzylinder, die auch mit dem System verbunden waren. Niemand hatte Sturmbul erklärt, wozu sie dienten, aber die Tatsache, dass sie reines Wasser aus der Entsalzungsanlage weiter oben benötigten, verleitete ihn zu der Spekulation, dass es sich um Fusionsreaktoren handelte. Eine Sektion der Bilge mittschiffs war vollständig geschlossen. Er vermutete, dass dort das U-Boot aufbewahrt wurde, von dem niemand etwas wissen sollte. Hier fand man aber noch viel mehr, was ihm rätselhaft blieb: zahlreiche getarnte Maschinen, versteckte Flure, seltsame Nischen und versiegelte Abteilungen.
Er stieg von der Leiter und spazierte über die Laufgitter, musterte den unteren Rumpf und den gewaltigen Kiel und bestätigte sich noch einmal, dass diese Räumlichkeit unpassend benannt war, denn in der Bilge fand man nicht einen einzigen Tropfen Meerwasser. Er folgte den Gängen bugwärts, warf prüfende Blicke in Korridore, ging jedes Mal, wenn sich eine Gelegenheit bot, zur Rumpfwand und klopfte mit den Fingerknöcheln daran. Dichter am Bug und unterhalb der Fächer für die Ankerketten verirrte er sich beinahe in den Drehungen und Wendungen, den Korridoren, die mal hier, mal dort abzweigten, den Leitern und verschiedenen Etagen zwischen getarnten Maschinen. Als er ein Kettenrasseln hörte, fragte er sich, was wohl schief gegangen war. Warum ließen sie wieder den Anker hinab? Aber das Geräusch kam nicht aus dem Kettenfach über ihm, sondern ganz aus der Nähe.
Er drehte sich dorthin um und starb.
Letztlich.
Der Blutegel lag zusammengerollt da wie eine Riesenschnecke, die von Schneckengift zur Strecke gebracht worden war. Kapitän Ambel inspizierte den Kadaver, während hinter ihm Peck eine Patrone in den Verschluss der Schrotflinte pumpte und das Meer im Auge behielt. Tiefe Wunden waren in das vordere Ende des Tiers eingebrannt – nichts, was es auf natürlichem Wege in der Meerestiefe erhalten haben konnte. Der Kapitän spazierte an diesem Hügel aus schleimigem Fleisch entlang und schlug sich dabei mit der Flachseite der Machete ans Bein. Als er die Stelle am Kadaver erreicht hatte, die er für die richtige hielt, stieß er die Machete hinein und zog einen drei Meter langen Schnitt, als öffnete er einen Reißverschluss. Die violetten und gelben Lippen des Schnitts wölbten sich unter dem Innendruck nach außen, aber das Blutwasser, das austrat, war dickflüssig und zäh. Ambel streckte die Hand aus und fasste ans rohe Fleisch. Es war kühl. Der Egel war also seit mindestens einem Tag tot. Ambel nickte vor sich hin und hackte mit der Machete an einem Ende des langen Schnitts abwärts, und noch mehr Fleisch quoll aus dem Körperinneren. Als er dann einen Schnitt vom anderen Ende nach unten führte, schälte sich eine große Fleischklappe ab, und der Rand des durchsichtigen Eingeweidesacks quoll aus dem Blutegel hervor, dicht gefüllt mit unidentifizierbaren Klumpen. Ambel zog einen Schnitt daran entlang und wich rasch zurück, als in Auflösung begriffene Stücke von Heirodontenfleisch wie ein Wasserfall hervorsprudelten, ehe sie von etwas Größerem blockiert wurden. Der halbverdaute Schädel eines kleinen Zahnkarpfens sickerte ins Blickfeld; Fetzen durchscheinenden Fleischs hingen noch daran, während die Augen schon verschwunden waren und die gezackten Zähne tropfend und glänzend zutage traten. Ein weiterer Hieb mit der Machete, und der Karpfen rutschte über die stinkende Masse hinweg und klatschte auf den grauen Sand.
»Verfressenes Mistvieh«, stellte Peck fest.
Ambel ging um die Schweinerei herum und blickte forschend in den rapide zusammenfallenden Hohlraum.
»Weiter hinten«, brummte er und schnitt eine weitere Drei-Meter-Klappe auf. Diesmal war das, was ans Licht kam, weniger leicht zu erkennen. Auf jeden Fall gehörten unverdaute Stücke von Gleißerschalen dazu und etwas, das nach einer Ladung verfaulter Apfel aussah und was Ambel erst einen Moment später als wohl einen ganzen Schwarm Boxys identifizierte. Alles weitere waren nur Fleischfasern, Knochen und verdünnte grüne Galle.
»Da haben
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