Die grosse Fahrt der Sable Keech
ausfallen und rasch von den schon in ihren Körpern tätigen Naniten behoben werden; und die Tabletten brachten das Plankton garantiert um. Dann kontrollierte Erlin die Anzeigen an den restlichen zwanzig Tanks und steckte ein paar losgerissene Sensoren in ihre Stecker zurück, aber mehr brauchte sie nicht zu tun, bis sie schließlich Aesop und Bones erreichte, die sicher auf Haltetischen festgeschnallt waren.
Prüfende Blicke auf die Bildschirme, die sie über den Zustand der beiden informierten, verrieten ihr, dass, welches Problem hier auch vorlag, es nichts mit dem unvermittelt aufgetretenen Sturm zu tun hatte. Über beide Bildschirme liefen Formeln der Art, wie sie eine Liebhaberei von Runcible-Technikern und KIs darstellten. Erlin schaltete Aesops Bildschirm aus, stöpselte ihren eigenen Laptop ein und überspielte ein Diagnoseprogramm, um sicherzugehen, dass sich der optische Stecker in der Hardware des Reifis auch nicht gelöst hatte. Das Ding saß fest. Als sie den Bildschirm wieder einschaltete, erhielt sie einen kurzen Eindruck der üblichen Diagnosesignale, auf die ein Reifi Zugriff nahm, ehe das Bild wieder zu den durchlaufenden Formeln umsprang. Erlin ließ es gut sein. Sie empfand keine große Verantwortung für die beiden, und sie musste herausfinden, was draußen geschah.
»Wow, das ist jetzt mal etwas, was ich eine Vergnügungsfahrt nenne!«, sagte Janer, der offensichtlich gerade in den Tankraum unterwegs war, als sie daraus hervorkam. Der Golem Isis Wade begleitete ihn.
»Was war das?«, wollte Erlin wissen.
»Ein Tsunami«, erklärte Wade.
Erlin starrte ihn kurz an und fragte dann scharf: »Könntest du etwas mehr dazu sagen?«
»Einem der Sub-KIs des Hüters zufolge wurde der Tsunami von einer kinetischen Rakete verursacht, die ein Pradorkriegsschiff vom Orbit aus in das Nortmeer gefeuert hat. Mehr Einzelheiten erfahre ich derzeit nicht. Es scheint, dass man da oben sehr beschäftigt ist.«
Erlin wandte sich an Janer. »Warum überrascht mich das nicht?«
Janer zuckte nur die Achseln.
»Bist du okay, Junge?«, fragte Ambel.
Pillow wirkte besonders gereizt, und der Kapitän brauchte einen Augenblick, um den Grund dafür zu erkennen: Der Junior hatte einen Teil des Gesichtsschmucks verloren, als er übers Deck geflogen, mehrfach abgeprallt und schließlich an die Heckreling geprallt war. Für einen Hooper waren die Risse im Gesicht jedoch nur geringfügige Verletzungen, und sie schlossen sich auch schon wieder. Peck hatte sich allerdings den Arm gebrochen, und Ambel sah zu, wie der Mechaniker den Knochen knirschend richtete und dann straff hielt, während Anne den Arm schiente. Als alter Hooper würde Peck die Schiene nur ein paar Stunden lang brauchen.
Die menschliche Besatzung hatte noch weitere kleine Wunden eingesteckt, insgesamt aber Glück gehabt – Ambel zählte sie durch –, da niemand über Bord gegangen war. Jetzt blickte er auf und fragte sich, ob Sturmgreifer überlebt hatte, während er nach diesem Sturm griff, denn das Segel war nirgendwo zu sehen.
»Irgendeine Spur?«, rief er zu Boris hinauf, der das Meer mit dem Fernglas absuchte.
»Nicht von den Segeln«, antwortete Boris. »Aber die Moby schwimmt noch. Sie müssen die Taue rechtzeitig vom Sargassum gelöst haben.«
Ambel nickte und wandte sich dem Rest der Mannschaft zu, die zum größten Teil benommen auf dem Deck herumlief. Diese Reaktion war verständlich – hatte doch keiner bislang solch schweres Wetter erlebt oder sich an einem Deck festklammern müssen, das fast senkrecht lag. Diese Desorientierung hielt inzwischen jedoch lange genug an.
»In Ordnung, Jungs!«, brüllte er. »Ihr drei – Pillow, Davy-bronte und Sprout: Ich möchte sofort die Pumpen an Deck bei der Arbeit sehen! Ihr anderen, steigt hinunter und räumt das Chaos auf. Hängt alles, was trocknen muss, hier oben an Leinen auf. Peck, ich möchte, dass du da unten die Zahnstangen und Zahnräder überprüfst. Falls Sturmgreifer in nächster Zukunft zurückkehrt, möchte ich, dass alles für ihn bereit und funktionsfähig ist. Nimm ein paar Leute mit, falls du sie brauchst. Anne, ich möchte eine Rumpfprüfung durchgeführt haben, vom Bug bis zum Heck – übersieh keine einzige Planke!« Sie alle starrten ihn an, waren immer noch ein bisschen durcheinander. Er klatschte in die Hände, was nach Pistolenschüssen klang, und marschierte das Deck entlang. »Kommt schon, wir sind hier nicht auf einer verdammten Kreuzfahrt! Bewegt eure Arsche!«
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