Die grosse Fahrt der Sable Keech
Reviere verlassen und sich im Nortmeer paaren. Polisforscher müssen ein solches Verhalten erst noch bezeugen, aber falls die Tiere sich so verhalten, scheinen sie sich gut an die virusbedingte Langlebigkeit angepasst zu haben. Zahlreiche Gerüchte und Legenden drehen sich um sie: Sie retten Hooper vor dem Ertrinken, folgen manchmal Hunderte Kilometer weit einem Schiff und stehlen wie Elstern alles Glänzende, worauf sie die Tentakel legen können. Es heißt, ein gewisser Kapitän Alber hätte einen Zahnkarpfen dazu abgerichtet, sein Schiff in Schlepp zu nehmen. Dieser Kapitän wurde allerdings nie gefunden, sodass die Bestätigung fehlt. Alles, was Polisforscher bislang bezeugen können, ist: Zahnkarpfen treiben sich in Inselgewässern herum und betätigen sich dort als heißhungrige Jäger von Gleißern und Prill, und zu Zeiten wagen sie sich in tiefere Gewässer, um Bernsteinmuscheln aufzustöbern …
Janer blickte durch das Visier des Laserkarabiners und sah zu, wie sich heranwachsende Rhinowürmer in den flachen Ufergewässern gegenseitig zerfleischten. Nachdem er einen als Ziel erfasst hatte, wollte er gerade schießen, als ihn ein weiterer Ruck der Schiffstriebwerke zwang, einen Schritt zur Seite zu tun, um das Gleichgewicht zu behalten. Einige der Kladiten an Deck, die sich nützlich machten, indem sie Würmer draußen auf See mit den Lasern beschossen, hatten das gleiche Problem. Die Hooperseeleute in der Takelage hatten nicht nur mit dem Gleichgewicht zu kämpfen, sondern mussten sich auch mit Lungenvögeln herumschlagen, die anscheinend vom Nektar der Seelilien gesättigt waren und die Takelage für einen günstigen Platz hielten, um sich dort hinzuhocken und auszuruhen. Und sie stanken. Immerhin waren jede Menge Rhinowürmer in einiger Distanz zum Schiff getroffen worden und lenkten viele ihrer kannibalistischen Artgenossen von denen ab, die derzeit von den Automatiklasern massakriert wurden.
Janer trat wieder an die Reling und blickte ins Wasser.
Da unten herrschte die reinste Schweinerei. Das Meer war eine Suppe aus zerhackten Tierleibern, und Tausende weiterer Tiere schwammen zum Fressen heran und bildeten dabei eine zappelnde Masse von drei Schichten Tiefe entlang der Bordflanke. Rauch stieg überall entlang der Wasserlinie auf; der Gestank verkohlten Fleisches hing in der Luft, und so wenig Liebe Janer für die verfressenen Bewohner dieses Planeten aufbrachte, so sehr machte ihn trotzdem traurig, sie in solcher Zahl niedergemetzelt zu sehen. Er drehte sich um und blickte zu den Hoopern hinauf, die begeistert auf ferne Rhinowürmer ballerten. Dort oben hing Zephir kopfunter und blickte ruckhaft hin und her, als verfolgte er jeden einzelnen Schuss. Janer senkte den Blick wieder und überlegte, ob er auf automatische Zielerfassung schalten sollte – wie es die Hooper zweifellos getan hatten –, was ihm ermöglichen würde, die Bewegung des Decks unter seinen Füßen zu kompensieren. Dann schulterte er jedoch die Waffe und ging zur Leiter, die am Mittschiffsdeckshaus hinaufführte.
»Es muss eine bessere Möglichkeit geben«, sagte er zu Wade, der das Gemetzel vom Dach aus verfolgte und sich gelegentlich umdrehte, um zu sehen, wie Zephir reagierte.
Der Golem blickte zu ihm herab. »Die gibt es und wird schon eingeleitet. Alle außer einer kleinen Crew erhalten den Befehl, in ihren Kabinen zu bleiben, und sämtliche Treppenhäuser und Luken sollen geschlossen werden. Die Decks bleiben zunächst frei.«
Janer stieg hinauf und gesellte sich zu ihm. »Also wird Ron dieses Massaker auch langsam leid?«
»Das ist es nicht.« Wade sah ihn an. »Diese Tiere werden nur von den Kadavern ihrer Artgenossen angelockt, und deshalb wimmelt es rings um das Schiff von ihnen. Lässt man sie in Ruhe, könnten nur wenige die Bordflanke heraufkriechen und aufs Deck gelangen.«
»Hast du das schriftlich?«
»Wir müssen es versuchen.« Wade grinste. »Ron zufolge würde das Schiff bis zu einem halben Meter höher steigen, falls wir die Masse der Tiere loswürden, die sich derzeit entlang der Wasserlinie festklammern.«
»Und was genau müssen wir versuchen?«
»Die Automatiklaser abzuschalten.«
»Ah, das ist …« Janer sprach den Satz nicht zu Ende, da ihn Wade in diesem Augenblick packte und sie beide vom Deckhaus hinab aufs Deck warf. Während er selbst längelang aufprallte, hörte Janer schrilles Geschrei, sah eine Gestalt von oben herabsausen und spürte den Aufschlag, als ein Hooper ein paar Meter
Weitere Kostenlose Bücher