Die grosse Fahrt der Sable Keech
Angriff durch virologisch mutierte Prador gehört. Er grub tiefer und fand heraus, dass das zurückgekehrte Schiff als Erstes importierte Leermenschen von Spatterjay an Bord gehabt hatte; und er las von Ebulans Spekulationen über an Bord vorgenommene Experimente mit dem Spatterjay-Virus. Er sah einen kurzen Bericht durch, der von Wrackteilen des fehlenden Schiffs handelte, das an dem Angriff auf die Polis teilgenommen hatte, und vermutete, dass der kommandierende Prador an Bord von den Ereignissen auf dem Begleitschiff erfahren und damit die mutierten Prador dort zu präventiven Maßnahmen provoziert hatte. Nirgendwo fand Vrell jedoch den Namen des Pradorkapitäns vom zurückgekehrten Schiff. Und Vrell dachte über den langen Zeitraum nach, den das Dritte Königreich jetzt schon überdauerte, bewacht von Oborons erbarmungsloser Armee von Heranwachsenden, die ständig mehrere Schichten aus tarnenden Panzerungen trugen, und darüber, dass derselbe König jetzt seit siebenhundert Jahren die Macht ausübte und noch nie gesehen worden war.
Nach Durchsicht aller Unterlagen grübelte Vrell über alles nach, was er jetzt wusste. Aggression und Intellekt stritten in ihm. Er wollte diesen Planeten verlassen und sich wieder einen Platz im Dritten Königreich sichern, aber dabei musste er sehr vorsichtig und sehr schlau zu Werk gehen. Obwohl er wusste, dass seine Gedanken jetzt anders liefen als die der meisten Prador – er war intelligenter und, falls möglich, grausamer –, stand er allein gegen viele, und falls er bei seinen Rückkehrplänen auch nur den geringsten Fehler machte, würde er den Zorn seiner Artgenossen nicht überstehen … den Zorn sämtlicher Artgenossen.
Kapitel 9
Bernsteinmuscheln:
Diese Mollusken gehören zu den bestbekannten der vielen Gattungen zweischaliger Höhlenmuscheln, die am Meeresgrund oder in »ausgeschiedenem« Sand leben. Ihr Name leitet sich von der gelben Farbe des Fleisches ab, das die Hooper sehr schätzen. Eingelegte Bernsteinmuscheln sind ein Hauptnahrungsmittel der Hooper, und das Produkt »Bernsteinsauce« – angefertigt, indem man entschalte Muscheln in Seerohr-Rum auflöst – erfreut sich bei ihnen großer Wertschätzung. Dabei sollte man nicht vergessen, dass diese Sauce für Nichthooper giftig ist und zu Rauschzuständen, Halluzinationen, Krämpfen und manchmal sogar zum Tod führt. Die vielleicht für Polisbürger schlimmste Nebenwirkung besteht darin, dass sie im Zuge solcher Halluzinationen das übermächtige Bedürfnis verspüren, schwimmen zu gehen – was auf Spatterjay niemals eine gute Idee ist.
Im Zuge ihres fortwährenden Wachstums wandern alte Muscheln langsam in den Schlamm der Tiefsee hinab, wo man schon Exemplare von Hunderten Tonnen Gewicht gefunden hat. Ohne die Virusinfektion wäre der Lebenszyklus der Bernsteinmuschel kurz und auf den Sand begrenzt, der aus den Ausscheidungen der Packwürmer herausgeschwemmt wird …
Janer folgte dem Korridor zum Gemeinschaftswaschraum, warf einen Blick hinein und stellte fest, dass es dort auffällig an Hoopern fehlte und überhaupt jeder Spur, dass einer von ihnen jemals hier gewesen wäre. Bei seinem ersten Besuch auf Spatterjay hatte es ihn überrascht, dass ein solch offenkundig ungewaschenes Volk nur nach Dingen roch, die sie fingen und mit denen sie umgingen, und er dachte an ein Gespräch mit Erlin über dieses Thema zurück.
»Man sollte eigentlich denken, sie würden stinken«, sagte er, zupfte sich das eigene Hemd aus den klebrigen Achselhöhlen und wünschte sich, er hätte sich waschen können. Aber sie waren gerade auf der Rückfahrt von der Skinner-Insel; der Vorrat an Süßwasser war begrenzt, und sogar Meerwasser, in dem man keinerlei Lebensformen sah, konnte noch ein Schwebetierchen enthalten, das sich sofort daranmachte, die Haut zu fressen.
»Das liegt nicht an einem bewussten Akt ihrerseits«, informierte ihn Erlin trocken.
»Ach nein?«
»Nein, das Spatterjay-Virus immunisiert sie gegen Bakterien, die Körpergeruch verursachen. Es tötet auch viele andere Parasiten, für die Menschen anfällig sind, und sogar einige Bakterien, wie normale Menschen sie brauchen.«
»Zum Beispiel?«
»Darmflora. Hooper sehen vielleicht aus wie wir, aber ihre Körperfunktionen haben sich stark verändert«, erklärte sie.
»Aber du bist in dieser Hinsicht selbst ein Hooper, und ich stehe im Begriff, einer zu werden.«
»Hmm … richtig.« Erlin schien sich über diese Feststellung zu ärgern.
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