Die grosse Fahrt der Sable Keech
»Vielleicht denke ich eher an die Alten Kapitäne.« Sie blickte forschend zum Deck hinab, wo Ambel und Kapitän Ron in ein Gespräch vertieft waren.
Sie redete weiter und erklärte Janer in allen Einzelheiten, dass Alte Kapitäne nicht schwitzten, wohl weil ihr Körper nicht genug Feuchtigkeit enthielt, dass ihre Nieren schrumpften und sich die Leber veränderte, und setzte ihm auseinander, wie sie Nahrung verdauten – und wie man an der Farbe ihres Urins erkannte, ob sie zu viel Betenwurzel zu sich genommen hatten. Janer entdeckte inzwischen Spuren dieser Veränderungen an sich selbst, aber er wusch sich immer noch gern. Wahrscheinlich reine Gewohnheit.
Er duschte und trocknete sich anschließend mit dem eingebauten Heißluftgebläse, ehe er saubere Sachen anzog: eine robuste Monofasergefechtshose, ein blaues Seidenhemd und die Stiefel eines Umweltanzugs. Die Jacke bestand aus Genleder, verstärkt durch eine Innenschicht aus Keramalmaschen und ein wärmeregulierendes Futter. Die Energie dafür stammte aus einer Stromzelle von Münzgröße, konstant aufgeladen aus einem Netz von Solarzellen, die über den oberen Rücken und die Schultern der Jacke verteilt waren. Sobald er diese angezogen hatte, steckte er seine Pistole in eine Innentasche. Jetzt fühlte er sich bereit und begierig darauf, diese seltsame Reise anzutreten.
Janer verließ den Waschraum, als er Hooperstimmen durch den Flur hallen hörte, begleitet von zahlreichen anderen Geräuschen, die vermutlich auf die Mechanismen des Schiffs zurückgingen. Er nahm Kurs auf die nächste Treppe, die in Spiralen um den unteren, rumpfinternen Abschnitt von Besanmast Zwei verlief, außerhalb des Vorderschotts der Mannschaftsquartiere; auf dem Weg dorthin kam Janer an der Tür der Kabine vorbei, die direkt neben seiner lag, stockte dann und kehrte zu ihr zurück. Auch in diese Tür war ein Name eingraviert – einer, der ihm bislang entgangen war. Er dachte gerade darüber nach, als Aesop ihn fand.
»Bloc braucht Sie an Land.« Der Reifi händigte ihm einen Plasmelkasten aus. »Hier.«
»Wozu braucht er mich?« Janer musterte die Seitenwaffe des Reifis.
Aesop deutete auf den Kasten. Janer öffnete ihn und betrachtete den Inhalt: einige Flaschen mit Zutaten, wie Hooper sie heutzutage oft benutzten, um virusbedingte Umwandlungen hinauszuzögern; eine Hohlkernlaserspritze – die einzige Spritze, die auch Hooperhaut durchdrang; und Patronen voller Intertoxhemmer, mit denen man sie laden konnte. Er sah Aesop fragend an.
»Kommen Sie«, sagte der Reifi, ohne eine Erklärung zu geben.
Aesop ging voraus durch das Schott und zu der Treppe, zu der Janer ohnehin unterwegs gewesen war, dann nach oben und unterhalb des Besans aufs Hauptdeck. Janer blickte sich um.
Jeder der neun Masten reichte bis in die Bilge hinab, und um jeden wand sich eine Wendeltreppe, die allerdings jeweils auf dem Wartungsdeck drei Etagen tiefer endete. Das Treppenhaus, das sie gerade benutzt hatten, lag zwischen den beiden hinteren Deckhäusern: einem großen mittschiffs und einem kleineren, das sich von hier aus achtern erstreckte. Im Letzteren hatte Janer zuvor schon Automatenrestaurants, Kneipen und Geschäfte vorgefunden, die irgendwann von vielen der Hooper geleitet werden würden, die an Bord Dienst taten. In das Mittschiffsdeckhaus hatte er nur mal einen kurzen Blick geworfen und dort Reihen von Kettenglastanks erblickt, die an Aquarien erinnerten, sowie Regale voller medizinischer Ausrüstung. Anscheinend wurden die ersten beiden Etagen davon vollständig in Anspruch genommen, während die dritte noch mehr Gastronomie beherbergte.
Aus dem vorderen Deckhaus ragte eine erhöhte Kommandobrücke. Die Kabinen und Quartiere darunter wurden von Bloc und seinen Stellvertretern belegt sowie von Kapitän Ron und seinen Schiffsoffizieren. Janer konnte mit knapper Not noch erkennen, wie sich auf der mit Kettenglasfenstern umschlossenen Brücke Personen bewegten, obwohl sie von seiner derzeitigen Position aus etwa siebenhundert Meter entfernt sein mussten. Er vermutete, dass Ron, Forlam und weitere Hooper ihre Kommandostellung besichtigten und die Steuerungselemente ausprobierten, denn er hörte, wie sich in den Lasergeschütztürmen, die sich unterhalb der Reling übers Deck zogen, Dinge bewegten. Dort Laserwerfer zu montieren war nur eine vernünftige Vorsichtsmaßnahme. Auf diesem Planeten fand man einige scheußliche Kreaturen, die absolut fähig waren, eine Schiffsflanke zu erklimmen.
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