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Die große Volksverarsche

Die große Volksverarsche

Titel: Die große Volksverarsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Jaenicke
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generiert, bedeutet das zum Beispiel, dass ein betagter Patient, der sich vorsorglich gegen Grippe impfen lassen möchte und AOK-versichert ist, nur mit Begripal geimpft werden kann; denn die Ärzte sind an diesen Rabattvertrag gebunden. Ein solcher ist also nichts anderes als eine Absatzgarantie und somit wie ein Sechser im Lotto für das Pharmaunternehmen. Dumm nur für den Patienten, wenn es – wie im Herbst 2012 bei Begripal – zu Lieferengpässen, gefährlichen Ausweichmanövern und Rückrufaktionen kommt ... Ein peinlicher Einzelfall? Nein. Denn die zunehmende Konzentration – sowohl bei den gesetzlichen Krankenkassen (2007: 241 gesetzl. Kassen, 2012: 144) als auch auf dem Arzneimittelmarkt – im Wechselspiel mit dem unerbittlichen Preiskrieg führt schon heute immer wieder zu Lieferengpässen und Pannen. Die rabattgierigen Krankenkassen lassen sich von den mächtigsten Pharmaunternehmen Exklusivverträge aufs Auge drücken, ohne hinreichend auf Wirksamkeit, Alternativen und Patientennutzen des betreffenden Präparats zu achten. Mit anderen Worten: Besteht für ein Medikament kein Vertrag mit der Kasse des Patienten,
wird es von dieser nicht erstattet, selbst wenn es wirksamer oder einfach nur besser verträglich ist als die anderen ... Günstige Rabatte erfordern allerdings auch kostengünstige Produktionsbedingungen, weshalb pharmazeutische Unternehmen die in Deutschland verschriebenen Arzneimittel immer öfter in Billiglohnländern herstellen lassen. Oft in einer einzigen Fabrik. Und wie sieht es bei deren Ausfall mit ausreichend großen Lagerbeständen in Deutschland aus? Zu teuer, sagen die Pharmaunternehmer. Folglich müssen insbesondere Krebspatienten und Chroniker, die auf ein bestimmtes Medikament angewiesen sind, die Zeche für diesen von Profitgier beherrschten kranken Gesundheitsmarkt zahlen ... Hier müsste sich dringend die Politik einschalten. Doch die schwarz-gelbe Bundesregierung sieht – ganz im Sinne der »Pharmaflüsterer« – keinerlei Handlungsbedarf. Wie die politische Einflussnahme der Pharmalobby funktioniert, zeigte sich auch im Vorfeld des sogenannten Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) 66 : In die 3. und damit letzte Lesung vor der Schlussabstimmung brachte Jens Spahn, ehemaliger Banker und amtierender gesundheitspolitischer Sprecher der CDU, einige neue Passagen ein. Alles rechtens. Da diese Passagen allerdings fast wortwörtlich aus der Feder der Düsseldorfer Anwaltskanzlei Clifford Chance stammten, bekommt Herrn Spahns Rolle in diesem Gesetzgebungsverfahren doch ein gewisses Geschmäckle – zumal Clifford Chance juristisch für die Pharmaindustrie aktiv ist, auch auf dem Pharma-Stammtisch Bayern im Oktober 2012:

    Bild 9
    Und nun dürfen Sie raten, welches Interesse eben diese von MdB Spahn eingebrachten und nun im AMNOG verankerten Passagen verfolgen ... Offenbar hat sich Herr Spahn noch den einflussreichen Kunden seiner früheren Lobby-Agentur Politas verpflichtet gefühlt.
    KONSUMENTEN-NAVI
    Wer sich für das Treiben von Lobbyisten interessiert, sollte den Online-Newsletter von »LobbyControl« ( www.lobbycontrol.de ) abonnieren.

    Auch das deutsche Heilmittelwerbegesetz ist den Pharmaunternehmen seit Langem ein Dorn im Auge; schließlich lässt sich mit rezeptfreien Präparaten ein gewaltiger Batzen Geld verdienen – und da möchte man doch gerne alle Werberegister ziehen können. Bislang gibt es gesetzliche Schranken. Zu Recht, denn gezielte Werbung unterstützt, so BUKO 67 , die unkontrollierte Verwendung von Arzneimitteln. Besonders problematisch sei das bei der Gruppe der Schmerzmittel, die – vor allem bei höherer Dosis und längerer Einnahme – schwere unerwünschte Wirkungen auslösen können. Doch die Schranken bröckeln. Dem liberalen deutschen Gesundheitsminister sei Dank. Er leistet einer entsprechenden Änderung des Heilmittelwerbegesetzes gerade kräftig Vorschub. Die Pharmaindustrie wird’s freuen, denn damit hätte sie einen entscheidenden Teilsieg errungen auf dem Weg zu ihrem eigentlichen Ziel: freie Publikumswerbung für alle und somit auch für rezept pflichtige Medikamente. Großes Vorbild der deutschen Pharmalobbyisten sind die USA. Denn dort haben ihre Lobby-Kollegen es schon geschafft. Seither werden die amerikanischen Konsumenten mit oft irreführenden Heilsversprechen und massiven schönfärberischen Werbekampagnen der Pharmakonzerne überschwemmt ... Tatsächlich gibt es nirgendwo sonst auf der Welt einen so immensen

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