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Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Titel: Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Torday
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stolpere die unebenen Stufen hinauf zu der hohen Eingangstür, jeder Schritt erfordert große Anstrengung.
    Die Tür ist verschlossen. Ich rüttle an der Klinke, und als ich die altmodische Türglocke bemerke, drücke ich fest darauf, doch es rührt sich nichts. Mit letzter Kraft hämmere ich gegen die Tür, es klingt so schwach wie ein Zweig im Wind, der gegen ein Fenster schlägt. Ich zwinge mich dazu, erneut zu klopfen, aber die einzige Antwort darauf ist das Echo meiner hämmernden Faust gegen das Holz.
    Ich gebe auf und gehe um die Ecke des Hauses, inzwischen zittere ich wie Espenlaub. Ich wanke durch einen überwucherten Obstgarten, vorbei an schwärzlichen Haufen verrotteten Obsts. Von dem widerlich süßen Gestank wird mir flau und ich muss würgen – tief einatmen, tief einatmen .
    Aber es nützt nichts. Alles ist verriegelt und verschlossen, jeder Zugang ist verwehrt. Eine der Feuerschlangen aus meinem Magen schlängelt mein Bein hinunter und gleitet zu dem verfaulten Obst.
    Nur dass es in Wirklichkeit gar keine Feuerschlange ist.
    * General *, keuche ich, * ich dachte … *
    Der General widmet sich mit Hingabe dem Obst. Erst dann spricht er mit vollem Mund.
    * Ich würde gerne behaupten, dass ich mitgekommen bin, um dich zu beschützen, aber das entspräche nicht ganz der Wahrheit .*
    Er ist von oben bis unten mit verfaultem Apfel verschmiert. Ich will ihm antworten, aber die Worte kommen nicht.
    Der General seufzt. * Also gut, wie lauten die Befehle? *
    Unfähig, auch nur einen Ton zu sagen, deute ich auf eine Reihe von Anbauten direkt hinter dem Haus. Der Kakerlak sieht mich an, blickt auf die matschigen Äpfel und zischt enttäuscht. Dann krabbelt er zwischen meinen Beinen hindurch zu dem nächstgelegenen Schuppen.
    Ich stehe da und warte, konzentriere mich ganz darauf, mich, so gut es geht, auf meinen wackligen Beinen zu halten.
    Nach einer halben Ewigkeit ist von innen ein klickendes Geräusch zu hören. Die Tür schwingt auf und schlägt im Wind. Auf dem rostigen Türschloss kauert der General.
    * Hast du dich nie gefragt, wie Kakerlaken es schaffen, überall hinzukommen? Nun, jetzt weißt du es .*
    Kopfschüttelnd folge ich ihm in den Raum. Im Innern ist es feucht und riecht nach alten Tomaten und noch etwas anderem – Achselschweiß.
    * Ein Duft von wahrem Liebreiz *, seufzt der General glücklich, während er die hohen Metallregale hinaufkriecht und dann in alte Blumentöpfe hinein- und wieder herauskrabbelt. Ich bin so erschöpft, dass ich gegen die Regale taumle.
    * Pass auf, wo du hintrittst, Soldat! *, warnt der Kakerlak gerade noch rechtzeitig, sodass ich einen großen Schritt über ihn hinwegmache. Dabei stoße ich unabsichtlich gegen eine Tür in der Wand, woraufhin diese mit einem leisen Klicken aufgeht.
    Die Tür führt direkt in das Innere des Haupthauses. Im Dunkeln taste ich mich voran, bis ich auf eine weitere Tür stoße, die sich ebenfalls öffnen lässt. Ein Geräusch dringt an mein Ohr. Aber diesmal macht es nicht der General, sondern jemand anders.
    Es ist ein lautes Wehklagen.
    * Was ist das für ein infernalischer Lärm? *, murmelt der General, aber ich achte nicht auf ihn. Wer auch immer dort ist, ich muss zu ihm. Jammern deutet zwar nicht unbedingt auf etwas zu essen hin, aber es zeigt an, dass hier ein Lebewesen ist. Ich verschwende erst gar keinen Gedanken auf mögliche Gefahren, denn ich brauche dringend Hilfe. Schwankend durchquere ich eine Art Vorratsraum mit leeren Regalen und gehe drei Stufen hinunter, da aus dieser Richtung der warme Schein elektrischen Lichts hereindringt.
    * Verhalte dich still und lass dich ja nicht blicken *, raune ich dem General zu. Missmutig verschwindet er in meiner Jackentasche.
    Das Geheul ist schrill und schwer zu ertragen, es klingt wie Babygeschrei.
    Nun erreiche ich den Eingang zu einem Raum, aus dem mattes Licht scheint. Es kommt von einer tief hängenden Lampe über einem langen Holztisch. Auf dem Tisch reihen sich Kisten mit Glasdeckeln, die Sammlungen von Kieselsteinen, Felsgestein und Muscheln enthalten. Auch ein Mikroskop aus Messing ist vorhanden, dazu lange Reihen von verkorkten Flaschen, die mit einer trüben Flüssigkeit gefüllt sind.
    Sogar ein Globus ist da, ebenso wie eine altmodische, tickende Uhr und Stapel von ledergebundenen Büchern. Alles ist mit einer dicken Staubschicht überzogen und erinnert tatsächlich an ein Museum.
    Einige Bücher sind aufgeschlagen, die Seiten sind mit verwelkten braunen Blättern und

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