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Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Titel: Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Torday
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auf zu laufen, bis wir weder den Schein des Feuers sehen noch die wütenden Schreie hören.
    Die Alte Farm liegt bereits weit hinter uns, als wir die erste Weggabelung erreichen. Ich ordne einen Halt an und wische mir den ärgsten Ruß aus den Augen. Dann schaue ich mich nach meinem Letzten Wild um. Alle blicken mich erwartungsvoll an.
    Hinter uns liegt alles, was wir durchgemacht haben, und vor uns liegt die leere Straße.
    Die Straße, die zurück zu dem führt, was mir vertraut ist, oder zumindest zu dem, was ich zu kennen glaube.
    Die Straße, die nach Premia führt.

Kapitel 33
    Wir folgen der verlassenen Straße und lassen die Farm immer weiter hinter uns. Plötzlich bleibt Kleiner Wolf so unvermittelt stehen, dass ich beinahe über ihn gestolpert wäre.
    * Große Wildnis, hörst du dieses Geräusch? *
    * Welches Geräusch? *
    Er stellt die Ohren auf und lauscht mit gesträubtem Fell. Und dann höre ich es auch. Noch ist es kaum mehr als ein dumpfes Grollen in der Ferne – aber es wird lauter und lauter. Wir sind nicht die Einzigen, die auf dieser Straße unterwegs sind.
    Ich würde das Geräusch immer und überall erkennen. Als ich es das letzte Mal vernommen habe, war ich im Inneren des Transporters, der es erzeugt.
    Skuldiss.
    Und er kommt mit jeder Sekunde näher.
    Ich schicke die Tauben los, damit sie sich in die Luft schwingen und nach einem Ausweg für uns Ausschau halten. Das ferne Brummen schwillt zu einem lauten Rattern an. Unruhige Lichtkegel flackern um die Biegung der Straße und hinter der nächsten Hügelkuppe erhellen zwei Scheinwerfer die Dunkelheit.
    Da kehren die Vögel auch schon zurück.
    * Lasst uns dem Straßenverlauf folgen, aber abseits vom Weg *, rufen sie. * Das ist am sichersten … *
    * Ja, folgt uns nicht. Abseits vom Weg sind wir nicht sicher! *, ergänzt Weiße Taube, die sich offensichtlich anders besonnen hat und nun wieder bei uns ist.
    Wir zwängen uns durch einen schmalen Spalt in einer Hecke auf ein Brombeerfeld und verfangen uns fast im Dornengestrüpp.
    Wir alle – auch der Hirsch – gehen in Deckung. Hinter der Hecke kauernd sehen wir zu, wie der Transporter an uns vorüberdonnert. Einen Augenblick später hat die Dunkelheit das Gefährt wieder verschluckt.
    Alles liegt ruhig und dunkel da, und plötzlich fühlt sich mein Kopf an, als sei er aus Watte. Der Boden sieht auf einmal unendlich verlockend aus und ich lasse mich einfach auf die Erde sinken. Polly beginnt plötzlich, wie wild in ihrer Tasche zu kramen.
    »Du bist völlig ausgehungert. Du musst was essen. Wir alle. Da muss noch Katzenfutter übrig sein.«
    Aber da ist keins mehr. Bloß ein schmuddeliger, matschiger Pamps.
    Polly überlegt einen Moment.
    »Gib mir deine Uhr«, sagt sie dann.
    Ich kann mir nicht vorstellen, wie uns eine Uhr satt machen soll, aber ich gebe sie ihr. Blitzschnell ist sie auf den Beinen und leuchtet mit dem Display die Hecken an. Dann höre ich sie herumkriechen, murmeln und etwas zusammensammeln.
    Dann ist sie zurück, in der Hand zähe Blätter, die im Licht der Uhr schimmern, sowie Sprossen und verschrumpelte Beeren. Die Sprossen und Blätter haben einen scharfen Geschmack, aber man kann sie essen. Und die Beeren sind sauer, aber ich weiß, dass sie mich nicht krank machen werden, denn Polly hat sie gesammelt. Sie hat sogar eine Wurzel entdeckt, und nachdem wir den Dreck und die Rinde entfernt haben, ist sie darunter schneeweiß und so scharf, dass wir nach Luft schnappen – aber trotzdem essen wir sie ratzeputz auf.
    »Du musst dir einfach nur einreden, es ist deine Lieblingsspeise«, sagt Polly und leckt sich die Finger ab.
    Mir wird klar, dass ich nicht mal mehr weiß, was das sein könnte.
    Der Hirsch und die Tauben werden langsam unruhig und wir machen uns wieder auf den Weg durch die Nacht und unwegsames Dickicht, bis das fahle Licht des Morgens den nächsten grauen Tag ankündigt. Der Hirsch und ich blicken beinahe gleichzeitig nach oben. Am Himmel türmen sich die regenverhangenen Wolken.
    Aber es fällt kein Tropfen – noch nicht.
    Polly lehnt den Kopf an meine Schulter und ist schon halb eingeschlafen. Aus meiner Jackentasche ist lautes Schnarchen zu hören – wahrscheinlich führt die Maus gerade den Bewegungslosen-Tiefschlaf-Tanz auf. Die bleierne Müdigkeit hat uns alle fest im Griff – sogar die Tauben bleiben nicht ununterbrochen in der Luft, sondern lassen sich abwechselnd hinter die anderen zurückfallen und torkeln über den Waldboden hinter uns her.
    Die

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