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Die große Zukunft des Buches

Titel: Die große Zukunft des Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco , Jean-Claude Carrière
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tun?
    Wie Craig liebe ich es, ein Buch in Besitz zu nehmen, das vor mir schon jemand anderem gehört hat. Ganz besonders liebe ich die volkstümliche französische Literatur vom Anfang des 17. Jahrhunderts, eine groteske, burleske Literatur, die wie gesagt nach wie vor sehr in Verruf ist. Eines Tages habe ich eines dieser Bücher gefunden, das unter dem Directoire, also fast zweihundert Jahre später, in echtes Maroquinleder gebunden worden war, ein bemerkenswerter Aufwand für ein für damalige Verhältnisse ausgesprochen billiges Buch. Da hatte es also unter dem Directoire jemanden gegeben, der meinen Geschmack teilte, zu einer Zeit, da diese Literatur wirklich überhaupt niemanden interessierte.
    Ich finde in diesen Texten einen unberechenbaren, schweifenden Rhythmus, der mit nichts vergleichbar ist, eine Lebenslust und eine Dreistigkeit, einen ganzen Wortschatz, den der Klassizismus dann verbannt hat. Die französische Sprache ist verstümmelt worden durch Eunuchen wie Boileau, die im Sinne einer bestimmten Idee von »Kunst« aussortierten. Man musste warten bis zu Victor Hugo, um ein wenig von diesem unterdrückten volkstümlichen Reichtum wiederzufinden.
    Ich besitze auch, als weiteres Beispiel, ein Werk des surrealistischen Autors René Crevel, das Jacques Rigaut gehörte und das der Autor diesem gewidmet hatte. Beide Männerhaben Selbstmord begangen. Dieses Buch, und einzig dieses Buch, schafft für mich so etwas wie eine geheime, gespenstische und tragische Verbindung zwischen zwei Männern, die der Tod auf mysteriöse Weise einander näher bringt.
     
    U. E.: Ich besitze Bücher, die einen gewissen Wert erlangt haben, weniger wegen ihres Inhalts oder wegen der Seltenheit der Ausgabe als vielmehr wegen der Spuren, die ein Unbekannter in ihnen hinterlassen hat, mit Unterstreichungen, manchmal in verschiedenen Farben, und mit Notizen am Rand … So habe ich einen alten Paracelsus, in dem jede Seite aussieht wie ein gewirkter Spitzenstoff, da die Anstreichungen und Bemerkungen des Lesers wie Stickereien auf dem gedruckten Text sind. Ich sage mir immer: Gut, in einem alten und wertvollen Buch sollte man keine Unterstreichungen vornehmen oder Randnotizen machen. Doch man stelle sich nur ein altes Buch mit Notizen von der Hand eines James Joyce vor … Da lasse ich meine Restriktionen fallen!
     
    J.-C. C.: Manche behaupten, es gebe zwei Arten von Büchern. Das Buch, das der Autor schreibt, und das, welches der Leser in Besitz nimmt. Für mich ist die Figur des Besitzers auch interessant. Das ist das, was man »Provenienz« nennt. Ein gewisses Buch »hat einem gewissen xy gehört«. Wenn Sie ein Buch besitzen, das aus der persönlichen Bibliothek Mazarins stammt, besitzen Sie ein Stück Königtum. Die großen Pariser Buchbinder des 19. Jahrhunderts nahmen nicht jedes Buch zum Binden an. Die schlichte Tatsache, dass ein Buch von Marius Michel oder Trautz-Bauzonnet gebunden wurde, ist noch heute der Beweis dafür, dass es in ihren Augen einen gewissen Wert hatte. Das ist ein wenig wie das, was ich von dem iranischen Buchbinder erzählt habe, der essich angelegen sein ließ, ein Buch zu binden und seinen Inhalt zusammenzufassen. Und Achtung: Wenn man sein Werk von Trautz-Bauzonnet gebunden haben wollte, konnte das unter Umständen fünf Jahre dauern.
     
    U. E.: Ich besitze eine Inkunabel des Malleus Maleficarum , dieses großen und verhängnisvollen Handbuchs für Inquisitoren und Hexenjäger, gebunden von einem gewissen »Moïse Cornu«, mit anderen Worten einem Juden, der ausschließlich für Zisterzienserbibliotheken arbeitete und der jeden Einband signierte (was zu der Zeit, also Ende des 15. Jahrhunderts, ausgesprochen selten war), und zwar mit dem Bild eines Moses mit Hörnern. Da steckt eine ganze Geschichte dahinter.
     
    J.-C. C.: Anhand der Geschichte des Buches lässt sich, wie Sie in Der Name der Rose gezeigt haben, die Geschichte der Kultur insgesamt rekonstruieren. In den Buchreligionen diente das Buch nicht nur als Behältnis, als Rezeptakulum, sondern auch als »Weitwinkel«, von dem aus man alles beobachten und alles erzählen konnte, vielleicht sogar alles entscheiden. Es war End- und Ausgangspunkt, es war das Schauspiel der Welt und sogar des Weltenendes. Ich komme noch einmal kurz zurück auf den Iran und das Land des Mani; er war Begründer des Manichäismus und ein christlicher Häretiker, den die Mazdaisten als einen der ihren betrachteten. Der große Vorwurf, den Mani gegen Jesus erhob, war

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