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Die große Zukunft des Buches

Titel: Die große Zukunft des Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco , Jean-Claude Carrière
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Buches einen erheblichen Unterschied ausmachen, sowohl für den Liebhaber als auch für den Antiquar. Ich glaube, es war im Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert, dass die ersten Werke auftauchten, die schon gebunden verkauft wurden.
     
    J.-C. C.: Was dann »Verlagsbindung« genannt wird.
     
    U. E.: Das sind die, die man in den Bibliotheken von Neureichen sehen kann, vom Innenausstatter als Meterware bei den Bouquinisten gekauft. Aber es gab auch noch eine andere Art, gedruckte Bücher zu personalisieren: indem man die großen Initialen auf jeder Seite ungedruckt ließ, damit die Buchmaler dem Eigentümer die Illusion vermitteln konnten, er besitze ein wirklich einmaliges Manuskript. Diese Arbeit wurde natürlich ganz von Hand gemacht. Dasselbe, wenn das Buch Stiche enthielt: Jeder wurde von Hand koloriert.
     
    J.-C. C.: Man muss auch betonen, dass Bücher sehr teuer waren und dass nur Könige, Fürsten und reiche Bankiers sich ihre Anschaffung leisten konnten. Der Preis der kleinen Inkunabel, die ich aus meiner Bibliothek mitgebracht habe, war zur Zeit ihrer Entstehung bestimmt höher als heute. Man sollte ja bedenken, welche Menge an Kälbchen man töten muss, um ein solches Werk herstellen zu können, wo alle Seiten auf Velin gedruckt sind, das heißt auf der Haut von neugeboren getöteten Kälbern. Régis Debray hat sich gefragt, was passiert wäre, wenn Griechen und Römer Vegetarier gewesen wären. Wir würden keines der Bücher besitzen, die die Antike uns auf Pergament überliefert hat, also auf gegerbter und widerstandsfähiger Tierhaut.
    Sehr teure Bücher also, aber daneben gab es, und das bereits im 15. Jahrhundert, Bücher im Hausierhandel, ungebunden, aus schlechtem Papier und für ein paar Groschen feilgeboten. In den Kiepen der Hausierer kamen sie in ganz Europa herum. Ebenso wie gewisse Gelehrte den Ärmelkanal und die Alpen überquerten, um sich in ein italienisches Kloster zu begeben, wo sich ein besonders seltenes Werk befand, das sie dringendst benötigten.
     
    U. E.: Man kennt die schöne Geschichte von Gerbert d’Aurillac, der als Sylvester II. im Jahr 1000 Papst war. Er erfuhr, dass sich ein Exemplar der Pharsalia von Lucan im Besitz einer gewissen Person befand, die bereit war, sich davon zu trennen. Im Tausch dafür versprach er eine Armillarsphäre (ein kugelförmiges Astrolabium) in Leder. Er erhielt das Manuskript und entdeckte, dass die beiden letzten Gesänge fehlten. Er wusste nicht, dass Lucan sie nicht mehr geschrieben hatte, weil er Selbstmord begangen hatte. Um sich zu rächen, schickte er also nur die halbe Sphäre. Dieser Gerbertwar ein großer Wissenschaftler und Gelehrter, aber auch ein Sammler. Das Jahr 1000 wird oft wie eine Epoche der Steinzeit hingestellt. Das ist natürlich nicht der Fall. Hier haben wir einen Beweis dafür.
     
    J.-C. C.: Ebenso ist es falsch, sich den afrikanischen Kontinent ohne Bücher vorzustellen, als ob Bücher das Unterscheidungsmerkmal unserer Zivilisation wären. Die Bibliothek von Timbuktu hat sich im Lauf ihrer Geschichte um diejenigen Werke bereichert, welche die Gelehrten, die bereits im Mittelalter zu den schwarzen Weisen von Mali kamen, als Tauschware mit sich führten und dann vor Ort zurückließen.
     
    U. E.: Ich habe diese Bibliothek besucht. Das war immer einer meiner Träume, bevor ich sterbe, nach Timbuktu zu fahren. In diesem Zusammenhang will ich eine Geschichte erzählen, die scheinbar nichts mit unserem Thema zu tun hat, uns aber etwas über die Macht der Bücher sagt. Es war auf dem Weg nach Mali, wo es mir vergönnt war, das Land der Dogon kennenzulernen, deren Kosmologie Marcel Griaule in seinem berühmten Buch Schwarze Genesis beschrieben hat. Spötter sagen ja, Griaule habe viel erfunden. Aber wenn Sie heute einen alten Dogon nach seiner Religion befragen, erzählt er Ihnen genau das, was Griaule geschrieben hat – das heißt, was Griaule geschrieben hat, ist zum historischen Gedächtnis der Dogon geworden … Wenn Sie dort unten ankommen (oder besser, dort oben, auf der Höhe einer spektakulären Steilküste), sehen Sie sich umringt von Kindern, die Sie nach allem Möglichen ausfragen.
    Ich habe eins dieser Kinder angesprochen und gefragt, ob es Moslem sei. »Nein«, hat es geantwortet, »ich bin Animist.«Damit aber ein Animist sagen kann, er sei Animist, muss er vier Jahre an der École Pratique des Hautes Études studiert haben, ganz einfach, weil ein Animist nicht wissen kann, dass er einer ist, genauso wie der

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