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Die große Zukunft des Buches

Titel: Die große Zukunft des Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco , Jean-Claude Carrière
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ist wunderbar.
     
    J.-C. C.: Es ist nie zu spät. Ich weiß, dass die Surrealisten sehr über Anatole France hergezogen haben. Aber France habe ich gelesen. Und oft sogar mit Vergnügen, wie Aufruhr der Engel zum Beispiel. Aber wie erbittert die Surrealisten auf ihn waren! Bei seinem Tod empfahlen sie, ihn in eine der langen Blechkisten, wie die Bouquinisten am Seineufer sie haben, einzuschließen, mitsamt seinen alten Büchern, die er so sehr liebte, und ihn in die Seine zu werfen. Auch hier spüren wir diesen Hass auf die staubigen alten Bücher, der überflüssig ist, peinlich und meistens dumm. Dennoch bleibt die Frage: Die Werke, die weder verbrannt noch unzulänglich überliefert oder zensiert wurden und die wohl oder übel bis auf uns gekommen sind, sind das wirklich die besten, die, die wir lesen müssen?
     
    U. E.: Wir haben von Büchern gesprochen, die nicht oder nicht mehr existieren. Ungelesene Bücher, die darauf warten, gelesen oder nicht gelesen zu werden. Ich möchte jetzt von Autoren sprechen, die nicht existieren, die wir aber dennoch kennen. Eines Tages saßen also einige Persönlichkeiten aus dem Verlagswesen auf der Frankfurter Buchmesse an einem Tisch beisammen. Da waren Gaston Gallimard, Paul Flamand, Ledig-Rowohlt, Valentino Bompiani – der Generalstab des europäischen Verlagswesens sozusagen. Sie kommentierten diesen neuen Wahn, der sich in den Verlagen breitmachte und darin bestand, immer höhere Summen auf junge Autoren zu bieten, die sich noch gar nicht bewährt haben. Einer unter ihnen kommt auf die Idee, einen Autor zu erfinden. Sein Name soll Milo Temesvar sein, Autor desschon berühmten Let me say now , für das die American Library am selben Morgen schon 50000 Dollar geboten hat. Sie beschließen also, dieses Gerücht in Umlauf zu bringen und abzuwarten, was passiert.
    Bompiani kommt zurück an seinen Stand und erzählt die Geschichte mir und meinem Kollegen (wir arbeiteten damals für ihn). Wir finden die Idee anziehend und beginnen durch die Gänge der Messe zu schlendern und unter der Hand den Namen von Milo Temesvar zu verbreiten, der bald berühmt sein wird. Auf einem Empfang am Abend kommt Giangiacomo Feltrinelli sehr aufgeregt auf uns zu und sagt: »Vergeudet nicht eure Zeit. Die Weltrechte von Let me say now habe ich gekauft!« Seit diesem Zeitpunkt ist Milo Temesvar sehr wichtig für mich geworden. Ich habe eine Rezension zu einem Buch von Temesvar geschrieben, Die Apokalypsen-Händler , angeblich eine Parodie auf alle Apokalypsenverkäufer. Ich präsentierte Milo Temesvar als Albaner, der wegen Linksabweichlertums aus seinem Land verjagt worden war! Er hatte ein von Borges inspiriertes Buch über den Gebrauch von Spiegeln beim Schachspiel geschrieben. Für sein Werk über die Apokalypsen hatte ich sogar einen Verlegernamen angegeben, der ganz offensichtlich erfunden war. Ich habe dann erfahren, dass Arnaldo Mondadori, damals der größte italienische Verleger, meinen Artikel hatte ausschneiden lassen und in Rot darauf vermerkte: »Dieses Buch um jeden Preis kaufen.«
    Aber mit Milo Temesvar war es damit nicht aus. Wenn Sie die Vorbemerkung zu Der Name der Rose lesen, werden Sie sehen, dass darin ein Text von Temesvar zitiert wird. Folglich habe ich den Namen Temesvar in etlichen Bibliographien wiedergefunden. Für eine Satire über den Da Vinci Code habe ich bestimmte Werke von ihm auf Georgisch und aufRussisch angeführt und so gezeigt, dass er dem Werk Dan Browns gelehrte Untersuchungen gewidmet hat. Milo Temesvar hat mich also mein ganzes Leben lang begleitet.
     
    J.-P. DE T.: Es ist Ihnen beiden jedenfalls gelungen, all jenen Leuten ihre Schuldgefühle zu nehmen, die auf ihren Regalen viele Bücher stehen haben, die sie nicht gelesen haben und nie lesen werden!
     
    J.-C. C.: Eine Bibliothek besteht nicht notwendig aus Büchern, die man gelesen hat oder auch nur eines Tages lesen wird, das sollte man unbedingt betonen. Das sind Bücher, die wir lesen können. Oder die wir lesen könnten. Selbst wenn wir sie nie lesen werden.
     
    U. E.: Sie sind die Garanten eines Wissens.
     
    J.-P. DE T.: Das ist wie eine Art Weinkeller. Es ist nicht sinnvoll, alles auszutrinken.
     
    J.-C. C.: Ich habe mir auch einen ziemlich guten Weinkeller angelegt, und ich weiß, dass ich meinen Erben ein paar exzellente Flaschen hinterlassen werde. Zunächst, weil ich immer weniger Wein trinke und immer mehr kaufe. Aber ich weiß, wenn ich Lust habe, kann ich in den Keller hinuntersteigen

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