Die große Zukunft des Buches
fragt, ob er sich da sicher sei. Und Laurel antwortet: »Ich weiß das, ich habe es in einem Buch gelesen.« Ein Argument, das mir noch heute stichhaltig scheint.
Ich bin sehr früh Buchliebhaber geworden, wenn ich denn einer bin, ich habe eine Bücherliste wiedergefunden, die ich im Alter von zehn Jahren angelegt habe. Sie umfasste schon achtzig Titel! Jules Verne, James Oliver Curwood, Fenimore Cooper, Jack London, Mayne Reid und andere. Ich habe diese Liste aufbewahrt wie eine Art ersten Katalog. Esgab da also eine Anziehung. Sie kam zustande einerseits durch das Fehlen von Büchern und andererseits durch diese großartige Aura, die in unseren ländlichen Gegenden das große Messbuch umgab. Es handelte sich nicht um ein Antiphonar, aber immerhin um ein Buch von beachtlicher Größe und für ein Kind schwer zu tragen.
U. E.: Meine Entdeckung des Buches ist anders verlaufen. Mein Großvater väterlicherseits – er starb, als ich fünf oder sechs Jahre alt war – war von Beruf Typograph. Wie alle Setzer engagierte er sich politisch in sämtlichen sozialen Kämpfen seiner Zeit. Als humanistischer Sozialist begnügte er sich nicht damit, gemeinsam mit seinen Freunden Streikaktionen zu organisieren. Er lud die Streikbrecher am Tag des Streiks zu sich zum Essen ein, um ihnen die Prügel zu ersparen!
Von Zeit zu Zeit besuchten wir ihn, er lebte außerhalb der Stadt auf dem Land. Seitdem er im Ruhestand war, betätigte er sich als Buchbinder. Auf einem Regal bei ihm warteten jede Menge Bücher darauf, gebunden zu werden. Die meisten mit Illustrationen; Sie wissen schon, diese Volksausgaben von Romanen aus dem 19. Jahrhundert mit Stichen von Joannot, Lenoir … Meine Liebe zum Feuilleton ist gewiss zum größten Teil damals entstanden, bei den Besuchen in der Werkstatt meines Großvaters. Als er starb, waren da noch Werke bei ihm, die man ihm zum Binden gegeben hatte, die aber niemand mehr abgeholt hatte. All das wurde in eine enorme Truhe gegeben, die mein Vater, der älteste von dreizehn Söhnen, erbte.
Diese riesige Truhe stand also im Keller unseres Hauses, das heißt in Reichweite meiner Neugier, die durch den Großvater geweckt worden war. Wenn ich in den Keller hinunter musste, um Kohlen für die Heizung des Hauses odereine Flasche Wein zu holen, fand ich mich mitten unter diesen ungebundenen Büchern wieder, die für ein achtjähriges Kind eine Sensation waren. Alles war dazu angetan, meine Intelligenz zu wecken. Nicht nur Darwin, sondern auch erotische Bücher und sämtliche Nummern des Giornale illustrato dei viaggi zwischen 1912 bis 1921, das ist die italienische Version des Journal des Voyages et des aventures de terre et de mer . Meine Einbildungskraft nährte sich also von all diesen tapferen Franzosen, die das schändliche Preußen geißelten, das Ganze durchtränkt von einem übertriebenen Nationalismus, den ich natürlich nicht bemerkte, alles gewürzt mit einer Grausamkeit, von der wir uns keinen Begriff machen, abgeschlagene Köpfe, besudelte Jungfrauen, aufgeschlitzte Kinder in den exotischsten Ländern.
Dieses ganze großväterliche Erbe ist unglücklicherweise verschwunden. Ich habe diese Sachen so oft gelesen und an Freunde verliehen, dass sie schließlich den Geist aufgaben. Ein italienischer Verleger, Sonzogno, war auf solche illustrierten Abenteuergeschichten spezialisiert. Als die Verlagsgruppe, bei der ich publizierte, diesen Verlag aufkaufte, war ich sofort begeistert bei der Vorstellung, da womöglich einige Werke meiner Jugend wiederzufinden, wie beispielsweise Les Ravageurs de la mer von Jacolliot, was auf Italienisch unter dem Titel Il Capitano Satana herauskam. Aber das Verlagsarchiv war im Krieg durch Bombardements zerstört worden. Um meine Kinderbibliothek zu rekonstruieren, habe ich jahrelang bei Bouquinisten und auf Flohmärkten herumstöbern müssen, und ich bin immer noch nicht fertig …
J.-C. C.: Man muss betonen, und Sie tun es hier, welchen Einfluss solche kindlichen Leseerfahrungen auf unser späteres Leben haben. Rimbaud-Spezialisten erinnern daran, wie viel Das trunkene Schiff der Lektüre von Gabriel Ferrys Costal, der Indianer verdankt. Aber ich stelle fest, dass Sie, Umberto, mit Abenteuergeschichten und Feuilletonromanen angefangen haben und ich mit heiligen Texten. Zumindest mit einem. Was vielleicht einige Unterschiede in unseren Werdegängen erklären kann, wer weiß? Was mich bei meinen ersten Aufenthalten in Indien wirklich erstaunte, war die Tatsache,
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