Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
Wind wurde heftiger, so daß man genöthigt war, unter dem sechsundvierzigsten Breitengrade weiterzusegeln.
Am 24. Januar kam wiederum Land in Sicht.
»Zunächst schien uns dasselbe zwei Inseln zu bilden, sagt Crozet; ich entwarf davon eine Zeichnung von acht Meilen Entfernung aus gesehen; bald erkannte man diese aber als zwei Vorgebirge, welche in der Ferne durch Landmassen verbunden waren. Sie liegen übrigens unter 45°5’ südlicher Breite und 42° östlicher Länge von Paris. Marion nannte sie die ›Kalten Inseln‹.
Obwohl man während der Nacht nur wenig Weg zurücklegte, konnte man dieselben am nächsten Tage doch nicht wieder auffinden. Da meldete die ›Castries‹ wieder Land in Sicht, das zehn bis zwölf Meilen im Ostsüdosten von dem Schiffe lag. Ein dichter Nebel aber, der nicht weniger als zwölf Stunden andauerte, der unaufhörliche Regen und die lebhafte, für die unzulänglich bekleidete Mannschaft sehr empfindliche Kälte verhinderten eine weitere Annäherung als auf sechs bis sieben Meilen.
Am nächsten Tage sah man diese Küste noch einmal, ebenso wie ein weiteres Land, das den Namen ›Dürre Insel‹ erhielt, heutzutage aber als ›Insel Crozet‹ bekannt ist. Endlich gelang es nun Marion, ein Boot auszusetzen, mit dem er Crozet zur Besitznahme der größeren der beiden Inseln entsendete, welche unter 46°30’ südlicher Breite und 43° östlicher Länge von Paris liegt.
Marion nannte dieselbe ›Insel der Besitznahme‹. (Jetzt bezeichnet man sie als ›Insel Marion‹.) Es war das die sechste Insel, die wir in dieser südlichen Gegend entdeckten…. Ich erreichte auf derselben bald eine Anhöhe, von der aus noch Schnee an den Thalgeländen zu sehen war; der Erdboden schien ziemlich dürr und nur mit seinem, schwachem Graswuchs bedeckt…. Einen Baum oder Strauch konnte ich nirgends wahrnehmen…. Diese, der fortwährenden Einwirkung stürmischer Westwinde ausgesetzte Insel scheint, da jene wohl das ganze Jahr über vorherrschen, so gut wie unbewohnbar zu sein. Ich fand hier nur Seewölfe, Pinguine, Captauben, Tauchrenten und überhaupt alle jene Vogelarten, welchen man bei Umschiffung des Caps der Guten Hoffnung auf offenem Meere begegnet. Offenbar hatten die Thiere noch nie einen Menschen gesehen, denn sie zeigten sich so wenig scheu, daß man sie mit der Hand fangen konnte. Die Weibchen der Vögel blieben ruhig brütend auf den Eiern sitzen; andere fütterten die Jungen; die Seewölfe sprangen und spielten weiter ohne alle Furcht und als ob wir gar nicht vorhanden wären.«
Marion folgte also dem 46. und 47. Breitengrade mitten durch einen so intensiven Nebel, daß man kaum von einem Ende des Schiffes bis zum anderen sehen konnte und in kurzen Zwischenräumen Kanonenschüsse abfeuern mußte, um einander nicht zu verlieren.
Am 2. Februar befanden sich die beiden Fahrzeuge unter 47°22’ östlicher Länge, das heißt 1°18’ von dem Lande entfernt, das die königlichen Fluten, die »Fortune« und »Gros-Ventre«, unter dem Befehle de Kerguelen’s und St. Allouarn’s am 13. desselben Monats entdeckten. Ohne den der »Castries« zugestoßenen Unfall hätte Marion jene gewiß hier getroffen.
Als er den 90. Grad östlich von dem Meridiane von Paris erreicht, änderte Marion seinen Kurs und steuerte auf Van-Diemens-Land zu. Die Ueberfahrt verlief ganz glücklich und die beiden Fahrzeuge gingen in der Friedrich-Heinrichs-Bai vor Anker.
Sofort wurden die Boote klar gemacht, mit denen sich eine starke Abtheilung an’s Land begab, wo man etwa dreißig Eingeborne antraf, während die Umgebung, nach der Anzahl der beobachteten Feuer-oder Rauchsäulen zu urtheilen, nur schwach bevölkert sein konnte.
»Die Bewohner des Landes, sagt Crozet, zeigten sich sehr entgegenkommend; sie trugen Holz zu einer Art Scheiterhaufen zusammen. Dann boten sie den neuen Ankömmlingen je ein Stück dürres angezündetes Holz an und bedeuteten sie durch Zeichen, den Scheiterhaufen in Brand zu setzen. Ohne den Sinn dieser Ceremonie zu verstehen, that man doch ihren Willen. Die Wilden zeigten über unsere Ankunft keine besondere Verwunderung und blieben mit ihren Frauen und Kindern ohne weitere Zeichen der Freundschaft oder Feindschaft in unserer Nähe. Männer und Frauen waren von mittlerer Größe; einzelne Frauen trugen ihre Kinder mit Binsenseilen gebunden auf dem Rücken. Die Männer waren alle mit zugespitzten Stangen und einigen Steinen bewaffnet, die uns scharf wie das Eisen der Aexte zu sein
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