Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
anhäufen können, überdecktes Haar macht ihren Anblick nur noch widerlicher.
Weniger schwarz als die Männer, erscheinen die Frauen womöglich noch häßlicher. Ihr kurzer, gedrungener Wuchs und die nach Innen gebogenen Beine stempeln sie im Vereine mit wahrhaft unerhörter Unsauberkeit zu wirklich abschreckenden Wesen. Die den Frauen einmal angeborne Coquetterie verleitet sie, zur Erhöhung ihrer natürlichen Schönheit einen ebenso wunderlichen wie unbequemen Lippenschmuck anzulegen, über den wir schon bei Gelegenheit des Verweilens Cook’s in diesen Gewässern Einiges mittheilten.
»Man macht etwa sechs Linien unter dem Saume der Unterlippe einen mit dem Munde parallel verlaufenden Einschnitt und bringt in denselben zuerst einen eisernen oder hölzernen Knopf an, während mit zunehmendem Alter ein größerer fremder Körper dafür gewählt wird. So gelangt man endlich dahin, ein besonders dazu gearbeitetes Stück Holz einzusetzen, das etwa Form und Größe der Schale eines Suppenlöffels hat. Dieser seltsame Schmuck dient dazu, durch das Gewicht seines vorspringenden Theiles die Unterlippe auf das Kinn herabzuziehen und den für schön gehaltenen, weit offenstehenden Mund zu erzeugen, der nach und nach die Gestalt eines Backofens annimmt und eine Reihe gelber schmutziger Zähne bloßlegt. Da diese Löffelschale nach Belieben eingesetzt und herausgenommen werden kann, so bildet im letzteren Falle die freiliegende Querspalte der Unterlippe einen zweiten Mund, der seiner Größe nach dem natürlichen keineswegs nachsteht und bei manchen Frauen drei Zoll in der Länge mißt.«
Die »Solide« verließ die Bai von Tchinkitane am 21. August und wandte sich nach Südosten, um die im Jahre 1786 von Lapérouse gesehenen Königin Charlotte-Inseln aufzusuchen. Diese erstrecken sich über eine Länge von fast siebzig Meilen. Am 23. erreichte Etienne Marchand die Bai der Mäntel (Dixon’s Cloak-Bai), deren Untersuchung Kapitän Chanal sich mit größter Sorgfalt angelegen sein ließ.
Am nächsten Tage fuhren die Schaluppen in den Cox-Kanal ein und erhandelten von den Indianern noch weitere Pelzwaaren. Die Seefahrer erstaunten da nicht wenig über den Anblick zweier, offenbar schon vor sehr langer Zeit gemalter, großer Bilder und riesiger Sculpturen, die wenn sie auch mit den Meisterwerken der Griechen nicht die entfernteste Verwandtschaft zeigten, doch einen bei diesen verwahrlosten Völkerschaften kaum erwarteten Kunstgeschmack erkennen ließen.
Das Land, welches die Bai und die Straße von Cox umgiebt, ist niedrig und mit Weiden bedeckt. Die aus Pflanzenresten und Steingerölle bestehende oberste Erdschicht scheint nur von geringer Tiefe zu sein, und die Erzeugnisse gleichen ganz denen von Tchinkitane.
Die Zahl der Einwohner mag vierhundert Köpfe betragen. Ihre Gestalt weicht nicht besonders von der der Europäer ab, auch sind sie weniger häßlich als die Tchinkitanesen.
Da man in Cloak-Bai nicht so viel Pelzwerk erhalten konnte, wie Marchand wünschte, sandte er unter dem Commando des Kapitän Chanal ein Boot zur Untersuchung der südlicher gelegenen Inseln aus, und beabsichtigte damit gleichzeitig, die Lage jener noch nicht besuchten Inseln feststellen zu lassen. Nur Dixon’s Schiff war früher über diese Gewässer gekommen, von seiner Besatzung aber Niemand an’s Land gegangen. Es darf also gar nicht wundernehmen, wenn durch diese eingehendere Prüfung viele ältere Angaben dementirt oder doch berichtigt wurden.
Nachdem man die Einfahrt von Nootka in Augenschein genommen, segelte man nach der von Berkley; eben als die »Solide« in dieselbe aber eindringen wollte, kam ein Dreimaster zum Vorschein, der seiner eingehaltenen Richtung nach das südliche Ufer derselben anlaufen zu wollen schien, was Kapitän Marchand eben auch vorhatte. Diese Wahrnehmung veranlaßte den französischen Seefahrer, sofort nach den Küsten von China abzugehen, um seine Ladung an den Mann zu bringen, bevor das andere Schiff dorthin gelangen und ihm Concurrenz machen konnte. Der beste Weg dahin führte über die Sandwichs-Inseln, und am 5. October sahen die Franzosen die Gipfel des Mauna-Loa und des Mauna-Koa gänzlich frei von Schnee, was mit den Angaben des Kapitän King in directem Widerspruche steht.
Nachdem er bis zur Insel O-Whyhee gelangt, befolgte Marschand die kluge Maßregel, alle seine Einkäufe nur unter Segel abzumachen. Er verschaffte sich von genannter Insel Schweine, Geflügel, Cocosnüsse, Bananen und andere
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