Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
Forster’s alles Lob, der nicht davor zurückschreckte, sich einen Rivalen zu erwerben und ihn fast aus eigenen Mitteln belohnte, nur um in den zu besuchenden Ländern desto ausführlichere naturhistorische Studien machen zu können.
Am 22. November wurden die Anker gelichtet und brachen die beiden Schiffe nach Süden auf, im Begriffe, das Cap Circoncision aufzusuchen, das Kapitän Bouvet am 1. Januar 1739 entdeckt hatte. Bald nahm die Temperatur merklich ab und Cook ließ an seine Matrosen warme Kleidungsstücke austheilen, die er von der Admiralität geliefert erhalten hatte.
Vom 29. November bis 6. December wüthete ein entsetzlicher Sturm. Die Fahrzeuge wurden aus ihrer Route so weit nach Osten verschlagen, daß man auf die Aufsuchung des Cap Circoncision verzichten mußte. Eine weitere Folge dieses schlechten Wetters und des plötzlichen Ueberganges aus der Hitze zur strengen Kälte war der Verlust fast aller am Cap eingeschifften lebenden Thiere. Endlich belästigte die Feuchtigkeit die Matrosen dermaßen, daß die Branntwein-Rationen erhöht werden mußten, um sie arbeitsfähig zu erhalten. Am 10. December begegnete man unter 50°40’ südlicher Breite dem ersten Eise. Regen und Schnee folgten sich ohne Unterlaß. Dabei verbreitete sich ein so dichter Nebel, daß die Schiffe eine jener schwimmenden Klippen erst wahrnahmen, als sie sich kaum noch eine Meile davon entfernt befanden. Eine dieser Inseln, sagt der Bericht, maß zweihundert Fuß in der Höhe, vierhundert in der Breite und zweitausend Fuß in der Länge.
»Angenommen, dieses Eisstück habe eine ganz regelmäßige Form besessen und seine Tiefe unter dem Wasser habe 1800 Faß betragen, seine Gesammthöhe also ungefähr 2000 Fuß, so würde seine Masse mit Zugrundelegung der eben genannten Verhältnisse nicht weniger als 1600 Millionen Kabiksuß Eis enthalten haben.«
Je mehr man nach Süden vordrang, desto zahlreicher wurden die Eisblöcke. Das Meer war dabei so aufgeregt, daß die Wogen an diesen Eisbergen hinaufstürmten und an deren entgegengesetzter Seite wieder in seinem, unfühlbarem Staube herabsanken; ein Schauspiel, das die Seele wirklich mit Bewunderung erfüllte! Dieser Empfindung mischte sich auch die des Schreckens bei, wenn man sich vorstellte, daß das Fahrzeug von einer dieser ungeheueren Massen getroffen werden könnte, die es augenblicklich zermalmen mußten. Die Gewohnheit der Gefahr erzeugt jedoch sehr bald eine gewisse Gleichgiltigkeit, so daß Jeder weiter nichts sah als die außerordentliche Schönheit dieses gewaltigen Kampfes der Elemente.
Am 14. December hinderte eine grenzenlose Eiswand, die bis über den Horizont hinaus reichte, die Schiffe, noch weiter nach Süden zu segeln, und man mußte also längs derselben hinfahren. Sie bildete keine gleichmäßige Ebene, denn man bemerkte darauf wiederum Einzelberge, ähnlich denen, die man während der vorhergehenden Tage angetroffen hatte. Einige Personen glaubten Land unter dem Eise zu sehen; auch Cook ließ sich einen Augenblick täuschen; als der Nebel aber verschwand, überzeugte man sich bald von dem leicht erklärlichen Irrthum.
Am folgenden Tage beobachtete man, daß die Schiffe in einer lebhaften Strömung trieben. Der alte Forster und der Astronom Wales bestiegen ein Boot, um deren Schnelligkeit zu messen. Noch während dieser Beschäftigung nahm der Nebel wieder so sehr zu, daß sie das Fahrzeug gänzlich aus dem Gesicht verloren. In einer erbärmlichen Schaluppe, ohne Instrumente und Proviant, mitten in einem grenzenlosen Meere, fern jeder Küste und umringt von Treibeis war ihre Lage gewiß eine schreckliche. Lange Zeit irrten sie umher, ohne sich vernehmlich machen zu können. Dann hörten sie wenigstens auf zu rudern, um sich nicht allzu weit zu entfernen. Schon verloren sie jede Hoffnung, als der Ton einer Glocke ihr Ohr von fernher traf. Natürlich ruderten sie nun aus Leibeskräften nach dieser Richtung hin; die »Aventure« antwortete bald auf ihre Zurufe und nahm sie nach einigen Stunden schrecklicher Angst wieder auf.
Allgemein herrschte damals die Ansicht, daß das Treibeis sich in Buchten oder Flußmündungen bilde. Auch die Reisenden meinten deshalb in der Nähe eines Landes zu sein, das sich ohne Zweifel hinter der Packeiswand befinden würde.
Schon über dreißig Meilen hatten sie in westlicher Richtung zurückgelegt, ohne in dem Eise eine nach Süden führende Oeffnung zu finden. Kapitän Cook beschloß also nun, ebensoweit nach Osten hin zu
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