Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
Vom Netzwerk:
dreien und schüttelte den Kopf, die Leute haben keinen Gemeinsinn heutzutage.
    – Darf ich mal sehen, sagte Christian, ich bin Polizist, das ist vielleicht was für mich.
    – Ja, da könnte sich der Bulle vielleicht ausnahmsweise ein bißchen nützlich machen, sagte der Jüngste mit einem höhnischen Grinsen und reichte ihm den Laptop.
    Der Laptop sah neu und hochwertig aus, ein Compaq Contura, wirklich nichts, um es in den Müll zu werfen. Christian nahm ihn vorsichtig entgegen, darauf bedacht, ihn so wenig wie möglich zu berühren, und drehte und wendete ihn. Oben drauf war ein Aufkleber gewesen, einAufkleber, den jemand abzukratzen versucht hatte, ohne daß es ihm ganz gelungen wäre. Ein Text war mit Kugelschreiber auf den Aufkleber geschrieben worden, und die letzten Buchstaben waren immer noch lesbar – »…mand«.
    Es war Fabien Lenormands Laptop, der in Arnaud Morels Müllsack steckte.
    In der Tiefe seines Herzens war Christian schon davon überzeugt, daß Morel ihr Mann war, aber das hier waren handfeste Beweise. Das hier waren Beweise, die für einen Haftbefehl und einen Hausdurchsuchungsbeschluß reichten. Und Martine müßte inzwischen von der Razzia bei Berger zurück sein. Er fuhr in höchster Eile zurück zum Justizpalast und lief in den dritten Stock hinauf, ohne sich Zeit zu lassen, auf den Lift zu warten, um Martine die Beweise gegen Morel zu überbringen.
    Aber sie war nicht da. Im Korridor begegnete er Julie Wastia, die mit schnellen Schritten auf ihn zukam und in Auflösungszustand zu sein schien.
    – Ich weiß nicht, was ich machen soll, sagte sie, Martine ist nicht zurückgekommen. Es ist bald zwei Stunden her, daß wir von Berger abgefahren sind, und ich weiß, daß sie hierher zurückkommen wollte. Ich spüre, daß etwas passiert ist. Ich spüre, daß sie in Gefahr ist!
    Martine zog den Schal über Nase und Mund und versuchte, ruhig Atem zu holen, um die Panik, die anfing, ihren Körper zu erfüllen, zu bremsen. Berger hatte sich nicht geirrt. Jetzt roch sie auch es auch und sah den tödlichen Rauch, der jetzt langsam von dem Stockwerk unter ihnen heraufstieg, zuerst durch die Ritzen um die Luke, dann zwischen den Brettern auf dem Boden. Sie fing an zu husten, während sie gleichzeitig spürte, wie die Panik abebbte und die Gedankenauf Sparflamme sanken. Sie war wirklich sehr müde, und es war ein schönes Gefühl, als alles langsamer wurde. Sie begann, vor sich hin zu summen.
    – Wir brauchen Luft! rief Berger. Er nahm die Leiter, auf der sie heraufgeklettert waren, und zerschlug das Glas in dem halbkreisförmigen Fenster. Kühle, frische Herbstluft strömte herein. Er packte Martine unter den Armen und zog sie zum Fenster.
    – Singen Sie nicht wie ein Idiot, sagte er, Sie müssen atmen!
    Er hielt beide Hände um ihren Kopf, bis er sah, daß sie anfing, in der frischen Luft zu atmen.
    – Wir müssen hier raus, sagte er, aber ich fürchte, unter uns brennt es. Bleiben Sie am Fenster, ich sehe nach.
    Er ging in die Knie und hob die Luke im Fußboden ein paar Zentimeter an. Giftige Finger aus Rauch streckten sich sofort in den kleinen Raum wie die Hand eines bösartigen Riesen, und Martine begann wieder zu husten. Berger ließ die Luke hinunter und stellte sich neben Martine ans Fenster. Sie merkte, daß er darauf achtete, den Kopf innerhalb des Fensterrahmens zu halten.
    – Es brennt unter uns, sagte er, wir müssen hier raus! Noch ist nur Rauch im Wandschrank, der Boden ist nicht warm, es gibt noch keine Flammen. Wir haben etwas Zeit. Können Sie durch das Fenster steigen? Ich fürchte, ich bin zu breit. Wenn Sie rauskommen, ist eine auskragende Kante auf dem Dach, so daß Sie nicht runterfallen, und wenn Sie nach rechts kriechen, können Sie nach ein paar Metern auf den Balkon runter. In der Halle ist ein Feuerlöscher, und das Telefon funktioniert vielleicht.
    Durch das Fenster sah Martine weit, weit unten den Boden. Sie verabscheute Höhen. Aber die Alternative war schlimmer.
    – Ich kann es versuchen, sagte sie. Berger hob sie zum Fenster hoch, so daß sie durch die halbkreisrunde Öffnung hinauskam, mit den Füßen zuerst und das Gesicht zum Dachblech. Er schob nach, bis sie mit dem ganzen Körper draußen war, und hielt ihre rechte Hand, während sie sich orientierte. Das Dach war aus grünspangrünem Kupferblech und fiel leicht schräg ab zu einem auskragenden Falz mit einem kleinen Geländer. Wenn sie die Beine ausstreckte, würde sie bis dahin kommen. Sie mußte nur

Weitere Kostenlose Bücher