Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Ich habe wohl leider auch etwas Schuld an dem, wasBirgitta Matsson zugestoßen ist, sagte er, ich habe ihr die Nummer zu seinem geheimen Mobiltelefon gegeben. Ich hatte Verhandlungen, um mich in das Eisenwerk da oben einzukaufen, das kann ich jetzt erzählen, denn Sie werden es sowieso herausfinden, und ich habe ihr die Telefonnummer gegeben und gesagt, sie könnte mit Morel Kontakt aufnehmen, wenn sie jemanden haben wollte, der für mich bürgt.
Er machte eine Grimasse.
– Ja, aus diesem Geschäft scheint ja nichts mehr zu werden, jetzt, wo man da oben meine alte, längst vergessene Geschichte kennt, sagte er mehr für sich.
Martine hörte kaum hin. Sie dachte an die tote Katze, den Drohbrief, die Mißhandlung von Nathalie Bonnaire und Fredo Mazzeris Attacke auf sie selbst. Es war eine Ironie des Schicksals, daß all das vermutlich überhaupt nichts mit den Morden zu tun hatte. Die Mordermittlungen hatten sie dazu gebracht, sich Stéphane Bergers Geschäfte anzusehen, und obwohl es bei der Suche nach dem Mörder die falsche Fährte war, waren unangenehme Dinge ans Licht gekrochen, als sie die Steine angehoben hatte.
Es brannte in ihren Augen, und sie rieb sie ungeduldig mit der Rückseite der Hand. Aber das half nicht, die Augen brannten weiter, und sie spürte, daß sie zu tränen begannen. Sie sah, daß auch Berger blinzelte. Er stand auf und fing an, in der Luft zu schnuppern.
– Hören Sie, sagte er, ich hoffe, ich irre mich, aber finden Sie nicht, daß es hier langsam nach Rauch riecht?
Arnaud Morels kleine Übernachtungsmöglichkeit in Villette war ein großes Haus am Rand des wohlhabenden Villenvorortes Luton. Die Frau, die öffnete, als Christian klingelte,war um die fünfunddreißig und stellte sich als Morels Haushälterin vor. Als Christian erklärte, er komme von der Polizei, schien sie davon auszugehen, daß sein Anliegen etwas mit den Razzien gegen Stéphane Berger zu tun hatte, und er sah keinen Grund, diesen Irrtum zu korrigieren.
– Wir wissen nicht, wo Berger abgeblieben ist, sagte er, aber Monsieur Morel weiß vielleicht etwas. Er hat ja Geschäftskontakte mit Berger. Ich habe gehört, daß er auf die Jagd gegangen ist, wissen Sie, wann er zurückkommt?
– Nein, sagte die Haushälterin zögernd, er ist heute morgen früh aufgebrochen, bevor ich aufgestanden bin, aber er hat einen Zettel hinterlassen, auf dem stand, daß Monsieur Morel damit rechnete, zum Abendessen zurück zu sein.
– Hat er etwas davon geschrieben, wohin er wollte?
– Nein, sagte die Haushälterin, aber ich habe gesehen, daß er Stiefel und Ölmantel angezogen hat, deshalb nehme ich an, daß er in den Wald wollte. Er hat seine Gewehre in einem Schrank im Arbeitszimmer, und der ist offen und leer, deshalb glaube ich, daß er auf die Jagd gehen wollte.
Christian zögerte. Hier zu sitzen und auf Morel zu warten erschien ihm nicht sonderlich produktiv. Er hätte sich gern bei seinem neuen Hauptverdächtigen umgesehen, aber er hatte kein Recht, seine Schubladen und Schränke zu durchwühlen, nicht einmal, wenn die arglose Haushälterin ihn hereinbat. Er entschied sich, zum Justizpalast zurückzukehren.
Auf der Straße vor dem Haus stand ein Müllwagen. Der Gemeinderat von Villette hatte kürzlich beschlossen, Müllsortierung einzuführen, und zusätzlich zu den gewöhnlichen schwarzen Müllsäcken gab es jetzt auch einen blauen Sack für Verpackungsmüll und einen gelben Sack für Zeitungen und Papier.
Heute waren es die blauen und die gelben Säcke, die auf den Müllwagen geladen werden sollten. Aber etwas schien nicht zu stimmen. Drei kräftig gebaute Müllmänner wandten sich mit mißbilligenden Mienen an Christian, als er durch Morels Gartentür hinaustrat.
– Haben Sie diese Säcke hierhergestellt? fragte einer von ihnen und sah ihn scharf an.
– Nein, nein, sagte Christian abwehrend, ich bin hier nur zu Besuch. Gibt es ein Problem?
– Das kann man sagen, sagte der Jüngste und Längste von den dreien, sehen Sie mal hier, was da jemand zwischen die Verpackungen gesteckt hat! Und so vollgepackt war der Sack, daß die Ecke ein Loch reingestochen hat. Gut, daß wir es gesehen haben. Sehen Sie mal!
Der gelbe Sack war gerissen, und eine gemischte Sammlung Dosen und Kartons war auf das Trottoir gefallen. Der empörte Müllmann hob mit seinen behandschuhten Händen etwas auf und hielt es Christian vor die Nase.
Es war ein Laptop.
– So einen zwischen die Verpackungen zu legen, murrte der Älteste von den
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